„Wir arbeiten in keiner Weise synthetisch“
Im Interview: Travis Spence
„Wir arbeiten in keiner Weise synthetisch“
Der ETF-Chef von J.P. Morgan Asset Management über aktive Fixed-Income-ETFs und die Möglichkeit, Privatkredite einzubinden
Travis Spence hält es für möglich, in Zukunft Privatkredite in kleinen Portionen in ETFs einzubauen. Allerdings stellen Illiquidität und Preisfindungen aus Sicht des Chefs des ETF-Geschäfts von J.P. Morgan Asset Management Herausforderungen dar. Die Infrastruktur müsse sich erst weiterentwickeln.
Herr Spence, wie haben die Kunden auf die Einführung der aktiven Fixed-Income-ETFs reagiert?
Das Interesse der Kunden wuchs, als sie erkannten, dass einige festverzinsliche Märkte rein passiv nur schwer zugänglich sind, ETFs aber durch mehr Liquidität und einfacheren Zugang Abhilfe schaffen. Das gilt nicht nur für Privatanleger, sondern auch für große institutionelle Investoren. In den USA haben wir in aktiven Fixed-Income-ETFs mehr als 50 Mrd. Dollar unter Management. Weltweit sind es über 55 Mrd. Dollar.
ETFs haben die Marktentwicklung vorangetrieben, indem sie den Handel mit Anleihen-Baskets erleichtert und die Liquidität erhöht haben.
Wie haben ETFs den Markt für festverzinsliche Wertpapiere verändert?
ETFs haben die Marktentwicklung vorangetrieben, indem sie den Handel mit Anleihen-Baskets erleichtert und die Liquidität erhöht haben. Im April fand die Hälfte des Handels am US-High-Yield-Markt in ETFs statt. Dabei halten ETFs nur ein Zehntel des Markts.
Anpassungen je nach Marktumfeld
Was ist der Unterschied zwischen passiven und aktiven Fixed-Income-ETFs?
Passive ETFs bilden einen Index ab, der im Anleihenbereich dem größten Schuldner das größte Gewicht gibt. Aktive ETFs dagegen können je nach Marktumfeld selektiv ihre Top-Down-Positionierung der Sektoren, der Duration und des Portfoliorisikos anpassen. Zudem treffen sie eine Bottom-up-Auswahl und nutzen gezielt Anleihen von Emittenten, die die Portfolio-Manager für attraktiv halten. Sie suchen die Unternehmen aus, bei denen wir auf Basis unseres Researchs überzeugt sind, dass sie den Anlegern das investierte Kapital zurückzahlen und sie für das eingegangene Risiko auch adäquat entlohnt werden. Gerade im High-Yield-Markt ist das von Vorteil.
Kaufen Sie die Anleihen oder bilden Sie die Preisentwicklung durch Swaps nach?
Wir kaufen die physischen Papiere. Wir arbeiten in keiner Weise synthetisch.
Gibt es Liquiditätsuntergrenzen bei der Verwaltung aktiver High-Yield-ETFs?
Es gibt keine strikte Mindestgröße pro Anleihe, aber das Team achtet darauf, eher liquide Anleihen auszuwählen.
Interne Bewertungsmodelle sind die Ausnahme
Wie erfolgt die Preisfeststellung für weniger gehandelte High-Yield-Anleihen?
Die meisten Anleihen haben Marktpreise. Bei illiquiden Titeln oder für das Distressed-Segment werden interne Bewertungsmodelle genutzt – das ist jedoch die Ausnahme.
Wie oft werden aktive ETF-Portfolios angepasst?
Es gibt keinen festen Rhythmus; die Anpassung erfolgt je nach Marktlage und Investmentopportunitäten, ähnlich wie bei klassischen Fonds oder institutionellen Mandaten. Wir liefern den Marketmakern und Authorized Participants täglich ein so genanntes Portfolio Construction File, damit sie die enthaltenen Bonds bepreisen können – so wie sie es auch für einen passiven ETF tun würden. Aber sie tun es auf Grundlage der aktiven Gewichtung im Portfolio.
Große Investoren nutzen ETFs
Welche Vorteile bieten ETFs in volatilen Märkten?
ETFs bieten ein differenziertes Liquiditätsprofil, und in volatilen Phasen verlagert sich viel Handelsvolumen auf den Sekundärmarkt, was die Transaktionskosten und den Portfolio-Umschlag senkt. Mittlerweile nutzen große Investoren ETFs für ihre Kernanlagen.
Welche neuen aktiven Fixed-Income-Produkte wurden in Europa eingeführt?
Wir haben inzwischen 16 aktive ETFs aufgelegt, darunter globale und Euro-Aggregate-Strategien, Government Bonds, High Yield, Investment Grade und Emerging Markets – alle aktiv gemanagt. Insgesamt gibt es vielleicht 65 solche Produkte am Markt. Viele sind in der Kategorie Ultra Short angesiedelt, das waren bei uns auch die ersten aktiven Anleihen-ETFs.
Je liquider die Assets, desto geringer die Illiquiditätsprämie
Ist es möglich, Private Credit in ETFs einzubinden?
Das wäre herausfordernd wegen Illiquidität und Preisfindung, aber kleine Anteile könnten künftig in breiteren Portfolios möglich sein, wenn sich die Infrastruktur weiterentwickelt. Die verschiedenen Segmente der privaten Kreditmärkte sind mittlerweile 5,5 Bill. Dollar schwer. Er ist viel größer als vor fünf Jahren und wächst weiter.
An diesem Markt versuchen alle, die Illiquiditätsprämie einzuheimsen. Je liquider man diese Assets macht, desto geringer fällt diese Prämie aus.
Wo liegen die Probleme?
An diesem Markt versuchen alle, die Illiquiditätsprämie einzuheimsen. Je liquider man diese Assets macht, desto geringer fällt diese Prämie aus. Die Marketmaker und die autorisierten Marktteilnehmer müssten Positionen eingehen und Dinge bewerten, die vielleicht erst in einem Monat wieder gehandelt werden.
Liquidität muss gesteuert werden
Welche Risiken ergeben sich durch verstärkte Zuflüsse in Private Credit und illiquide Märkte?
Starke Nachfrage bei begrenztem Angebot kann die Renditen drücken und den Illiquiditätsaufschlag verringern – die Branche muss Liquidität und Transparenz sorgfältig steuern. Sie ist für ihre Innovationskraft bekannt. Der Zugang zu diesen Märkten benötigt das richtige Format für die jeweilige Anlegergruppen und es gilt wie immer, alle Risiken sauber zu kommunizieren. Wenn es funktioniert, könnte das für Anleger gute Ergebnisse bringen.
Das Interview führte Andreas Hippin