Inflation

IWF nimmt Fiskalpolitik in die Pflicht

Weltweit stemmen sich Notenbanken gegen die zu hohe Inflation. Zugleich nimmt aber die Debatte zu, welche Schuld die Fiskalpolitik an der aktuellen Teuerung hat – und welche Rolle bei der Rückführung.

IWF nimmt Fiskalpolitik in die Pflicht

ms Frankfurt

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die große Rolle der Fiskalpolitik im Kampf gegen die zu hohe Inflation untermauert. Die Fiskalpolitik könne entscheidend dazu beitragen, die Teuerung einzudämmen und zugleich die Schwächsten in der Gesellschaft zu schützen, heißt es in einem am Montag vorab veröffentlichten Kapitel aus dem neuen Fiscal Monitor, den der Fonds kommende Woche anlässlich seiner Frühjahrstagung in Gänze veröffentlichen wird. Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen sollten dabei mit gezielten Transfers kombiniert werden.

Kritik aus dem EZB-Rat

Der Bericht dürfte die Debatte über das Verhältnis von Geld- und Fiskalpolitik besonders im aktuellen Umfeld einer viel zu hohen Inflation weiter befeuern. Die Inflation hat in den Jahren 2021 und 2022 weltweit stark und viel stärker als erwartet angezogen. Nun geht es nicht nur darum, welchen Beitrag die Fiskalpolitik dazu geleistet hat. Vor allem in den USA hat die Regierung in den Krisenjahren zu beispiellosen Ausgabenprogrammen gegriffen. Es geht auch darum, inwieweit die Fiskalpolitik die Geldpolitik nun im Kampf gegen die hohe Inflation unterstützen sollte.

Das ist insbesondere auch im Euroraum derzeit ein großes Thema. Seit Monaten mehren sich die Stimmen aus dem EZB-Rat, dass die Euro-Staaten mit einer zu expansiven Fiskalpolitik das Preisproblem noch verschärften – verbunden mit der Warnung, dass die Geldpolitik dann gegebenenfalls noch stärker gestrafft werden müsste. Im Fokus steht auch Deutschlands 200-Mrd.-Euro-Abwehrschirm ge­gen die Energiekrise.

„Die Fiskalpolitik kann die Geldpolitik bei der Inflationsbekämpfung unterstützen, da sie auch die Gesamtnachfrage beeinflusst“, argumentieren nun die IWF-Experten um Vitor Gaspar, Chef der Fiskalabteilung beim Währungsfonds. Die Daten deuteten darauf hin, dass sich die Auswirkungen der Finanzpolitik auf die Inflation im Laufe der Jahrzehnte verändert hätten. Für die fortgeschrittenen Volkswirtschaften kommt der IWF zu dem Ergebnis, dass seit 1985 eine Senkung der öffentlichen Ausgaben um 1 Prozentpunkt des Bruttoinlandsprodukts (BIP) die Inflation um 0,5 Prozentpunkte gesenkt habe.

„Wenn die Zentralbanken allein handeln – ohne Unterstützung durch die Finanzpolitik – müssen sie die Zinssätze erheblich anheben, um die Inflation zu bekämpfen. Eine straffere Finanzpolitik ermöglicht es, die Zinssätze weniger stark anzuheben, um die Inflation einzudämmen“, schreiben die IWF-Experten.

Zugleich erinnern sie daran, dass vor allem ärmere Familien unter Inflation litten, zumal bei stark steigenden Lebensmittelpreisen. „Um die Armen zu schützen – die mehr von öffentlichen Dienstleistungen profitieren – müssen Steuererhöhungen oder Kürzungen von Ausgaben mit geringerer Priorität mit größeren Transfers kombiniert werden“, so die Forderung der Experten. Eine solche Strategie führe dazu, dass der Konsum der Armen nicht sinke, aber es zugleich zu einem geringeren Rückgang des Gesamtkonsums komme.

Die Experten betonen zudem, dass Inflation vor allem zu einer Umverteilung von den Gläubigern hin zu Familien mit negativem Nettovermögen führe. Zudem würden die Umverteilungseffekte der Inflation auch durch das Alter des Haushaltsvorstands beeinflusst: Junge Familien, die tendenziell zu den Nettokreditnehmern gehörten, verzeichneten Wohlstandsgewinne, während ältere Haushalte einen Vermögensverlust hinnehmen müssten.

Die IWF-Experten befassen sich in ihrer Analyse auch mit den Auswirkungen der Inflation auf die öffentlichen Finanzen. Dabei kommen sie zu dem Ergebnis, dass eine unerwartete Inflation wie in jüngster Zeit den realen Wert der Staatsschulden auf Kosten der Anleihegläubiger verringere. Für Länder mit einer Verschuldung von mehr als 50% des BIP führt demnach jeder Prozentpunkt unerwarteter Inflationsanstieg zu einer Verringerung der Staatsverschuldung um 0,6 Prozentpunkte – wobei der Effekt mehrere Jahre lang anhält. Wenn die Inflation aber hartnäckig sei und besser vorhergesehen werden könne, trage sie nicht mehr zum Rückgang der Schuldenquoten bei. Bei der Defizitquote ließen diese Effekte sogar noch schneller nach. Derzeit tobt auch eine Diskussion darüber, inwieweit die hohe Inflation helfen kann, die nach den Krisenjahren hohe öffentliche Verschuldung zu reduzieren.

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