Deutsche Konjunktur

Aufträge sind Lichtblick für Industrie

Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind gut, doch startet sie mit einer schweren Hypothek ins neue Jahr. Der unerwartet kräftige Auftragseingang ist für die Industrie aber eine gute Nachricht und lässt auf eine höhere Produktion hoffen.

Aufträge sind Lichtblick für Industrie

Von Alexandra Baude, Frankfurt

Die vierte Welle der Corona-Pandemie und die um sich greifende Omikron-Variante bescheren der deutschen Wirtschaft wohl noch einige harte Wochen, allerdings lassen aktuelle Daten auch positive Impulse erkennen. So hat die Industrie im November unerwartet viele Neuaufträge an Land gezogen und damit den Einbruch vom Oktober – der zudem nicht ganz so kräftig war wie zunächst gemeldet – zu weiten Teilen wieder wettgemacht. Angesichts der rekordhohen Auftragsbestände dürfte die Produktion wieder an­springen, sobald sich die Lieferkettenprobleme lösen. Und auch wenn der Nachfrageboom am Abflachen ist, dürfte das verarbeitende Gewerbe in nächster Zeit die Wirtschaft wieder anschieben.

Allerdings, so schränken Ökonomen ein, wird dieser Schwung nicht ausreichen, um die bereits wieder eingesetzte Schwäche der Dienstleister auszugleichen. Angesichts der wieder rasant zunehmenden Infektionszahlen und der erneuten Beschränkungen, die zudem noch weiter verschärft werden dürften, leidet das Geschäft in kontaktintensiven Bereichen wie Gaststätten- und Hotelgewerbe, Freizeit und Kultur sowie Teilen des stationären Einzelhandels bereits wieder kräftig.

Corona vertreibt Gäste

Laut dem Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, Guido Zöllick, ist der Umsatz der Branche im Dezember um die Hälfte im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 eingebrochen. Im Jahresvergleich lag der Branchenumsatz 2021 um 41% unter dem Niveau von 2019. Neben den Einschränkungen belasteten auch eine fehlende Nachfrage der Gäste und der Mangel an Beschäftigten. Generell wird der Fachkräftemangel in Umfragen immer öfter wieder als großes Problem benannt – teils sogar noch vor den Pandemiefolgen, zu denen teils auch die Lieferkettenprobleme und der anhaltende Preisdruck zählen. Der Arbeitsmarkt ist jedenfalls bislang recht robust durch die Coronakrise gekommen, nicht zuletzt dank des immer wieder verlängerten erleichterten Zugangs zu Kurzarbeitergeld. In den Winterwochen allerdings werden Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit wieder zunehmen – und wiederum zumindest kurzfristig das Konsumklima weiter belasten. Und auch bei den Unternehmen ist die Stimmung gemessen am Ifo-Geschäftsklima derzeit deutlich eingetrübt. Wobei zumindest das verarbeitende Gewerbe mittlerweile wieder optimistischer auf die kommenden Monate blickt – auch wegen des stetigen Anstiegs des Auftragsbestands.

In dieser Hinsicht sind die im November unerwartet kräftig gestiegenen Neubestellungen eine gute Nachricht. Vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge sammelten die Unternehmen im November 3,7% mehr Orders ein als im Monat zuvor. Ökonomen hatten hingegen nur ein Plus von 2,2% auf dem Zettel. Zudem meldeten die Wiesbadener Statistiker für Oktober nur mehr einen Rückgang von 5,8% statt zuvor von 6,9%. Ohne Großaufträge stiegen die Bestellungen um 3,8%. Im Vergleich zum November 2020 legten die Aufträge insgesamt um 1,3% zu.

Die Erholung beruht auf der starken Auslandsnachfrage, die um 8,0% zulegte: Dabei kletterten die Bestellungen aus dem Euroraum gegenüber Oktober um 13,1%, während aus dem restlichen Ausland 5,0% mehr Aufträge kamen. Ökonomen werteten die um 2,5% gefallenen Inlandsorders als Enttäuschung.

Der Blick auf die Details zeigt, dass im November der recht volatile Bereich des sonstigen Fahrzeugbaus Treiber der Entwicklung war. Laut Destatis sorgten umfangreiche Großaufträge für das Plus von 32% im Monatsvergleich bei Flugzeugen, Schiffen, Zügen etc. Aber auch die gewichtigen Bereiche Kfz und Maschinenbau legten mit 7,0% bzw. 2,0% deutlich zu. „Für die konjunkturellen Aussichten liefert dies einen positiven Impuls, wenngleich die wirtschaftliche Aktivität durch be­stehende Lieferengpässe weiter be­lastet wird“, hieß es im Bundeswirtschaftsministerium.

Dass im November die Hersteller von Vorleistungsgütern mit 1,2% ein deutlich geringeres Auftragsplus verzeichneten als die Produzenten von Investitionsgütern (5,3%) und Konsumgütern (3,8%), ist nach den Ergebnissen der Einkaufsmanagerumfrage ein weiterer Beleg dafür, dass die Vormateriallager mittlerweile wieder besser gefüllt sind. Die zwischenzeitlich leer gefegten Lager waren in Verbindung mit den rekordvollen Auftragsbüchern ein Argument der Ökonomen, dass die Produktion wieder anzieht, sobald sich der Lieferkettenstress löst. Für eine höhere Produktion spricht indes auch der Industrieumsatz, der im November auf Monatssicht um 4,1% zugelegt hat nach revidiert 3,4 (zuvor: 3,6)% im Oktober.