Geldpolitik

Bank of Japan schockt Märkte

Die japanische Notenbank erwischt die Finanzmärkte kalt – mit einer überraschenden Änderung der Spanne für die 10-jährigen Staatsanleihen. Beobachter werten dies als Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik, die Notenbank dementiert.

Bank of Japan schockt Märkte

mf Tokio

Die Bank of Japan hat bei ihrer letzten Sitzung in diesem Jahr ihre ultralockere Geldpolitik unerwartet geändert und damit heftige Ausschläge an den Finanzmärkten ausgelöst. Die Kurse von japanischen Aktien und Staatsanleihen fielen, die Währung Yen wertete auf. Die Notenbank verdoppelte überraschend die Spanne für die Rendite von 10-jährigen Staatsanleihen. Die obere Grenze liegt nun bei 0,5% statt zuvor 0,25%, die untere Grenze wurde von −0,25% auf −0,5% erweitert. Die Märkte interpretierten die Entscheidung als ersten Schritt hin zu einer Straffung der geldpolitischen Zügel, obwohl die Bank of Japan (BoJ) die Zinsen selbst nicht anfasste.

Während andere Notenbanken das Geld verteuerten, hatte die BoJ stets beteuert, eine Änderung der Geldpolitik sei verfrüht, weil die Inflation in Japan nicht nachhaltig sei. Dennoch sagen Analysten schon länger vorher, dass die BoJ das Toleranzband für die 10-jährige Rendite anpassen oder aufgeben wird, da der Zinsabstand zum Ausland den Yen stark schwächt und die Inflation über die Importe erhöht. Allerdings gingen die meisten Beobachter davon aus, dass dieser Schritt erst nach einer umfassenden Prüfung der Geldpolitik erfolgen würde. Der Schwenk würde dann nach dem Wechsel an der Spitze der Notenbank im Frühjahr stattfinden. Gouverneur Haruhiko Kuroda scheidet im April nach zehn Amtsjahren aus, sein Nachfolger wird voraussichtlich im Februar nominiert.

Höhere Volatilität

Doch bei seiner Pressekonferenz spielte Kuroda die Bedeutung des Schritts herunter. „Dies ist weder eine Straffung noch ein Schritt in Richtung Ausstieg“, erklärte der Gouverneur. Die Zentralbank rea­giert laut seiner Aussage lediglich auf die höhere Volatilität an den Finanz- und Kapitalmärkten. Gemäß ihrem eigenen Statement hat die BoJ die Steuerung der Renditekurve geändert, „um das Funktionieren des Marktes zu verbessern und eine reibungslosere Entwicklung der gesamten Renditekurve zu fördern, während gleichzeitig die akkommodierenden finanziellen Bedingungen aufrechterhalten werden“. Damit spielten die Währungshüter auf Probleme am japanischen Rentenmarkt an. Seit dem Herbst konnte die Bank of Japan die Anleiherenditen teils nur durch unlimitierte Kaufangebote deckeln.

Alle Analysten zeigten sich überrascht vom Timing der Notenbank, bewerteten den Vorgang aber unterschiedlich. Nord/LB-Analyst Tobias Basse schrieb unter der Überschrift „Der Weihnachtsmann bringt höhere Zinsen“, dass die Maßnahme für höhere japanische Kapitalmarktzinsen spreche. Auch Martin Schulz, Chefökonom des IT-Konzerns Fujitsu in Tokio, sprach von einem „Richtungswechsel zu höheren Zinsen“. Dagegen erwartet Marcel Thieliant, Japan-Ökonom bei Capital Economics, „auf absehbare Zeit“ keine Anhebung des Leitzinses von derzeit −0,1%. Die Ausweitung der Anleihekäufe auf ein Sechsjahreshoch unterstreiche, dass die BoJ die Renditekurve weiter kontrollieren wolle. Shigeto Nagai, Japan-Chefökonom von Oxford Economics, kommt zu einem ähnlichen Schluss: „Die Notenbank sieht die effektive Straffung durch die höhere Bandbreite als notwendigen Preis für eine Nachhaltigkeit ihrer Steuerung der Zinskurve.“

Einige Analysten vermuteten einen Zusammenhang mit dem Wechsel im Gouverneursamt. „Kuroda wollte seinem Nachfolger wahrscheinlich ersparen, sich vom ersten Tag an mit dem Problem der Renditekurvensteuerung befassen zu müssen“, sagte Hideo Kumano, Chefökonom des Dai-ichi Life Research Institute. Ähnlich erklärte Fujitsu-Chefökonom Schulz, Kuroda wollte schon vor dem Amtswechsel den ohnehin schwierigen Weg zu Zinserhöhungen vorbereiten und so die Verantwortung für die Ausstiegsfolgen mitübernehmen. Zu dieser Einschätzung passen Gerüchte, dass Regierung und Notenbank das 2013 gemeinsam festgelegte Inflationsziel von 2% demnächst flexibler gestalten wollen.

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