Konjunktur

Beschäftigung in Spanien auf Hoch seit Finanzkrise

Spaniens Arbeitsmarkt hat sich 2021 vom Coronaschock erholt. Die Gewerkschaften verlangen nun deutliche Lohnerhöhungen wegen der hohen Inflation. Regierung und Notenbank fürchten eine Preisspirale.

Beschäftigung in Spanien auf Hoch seit Finanzkrise

ths Madrid

Spaniens Konjunkturmotor ist in den letzten Monaten etwas ins Stocken geraten, doch der Dynamik am Arbeitsmarkt hat das nichts anhaben können. Die Beschäftigung wuchs im vierten Quartal im Jahresvergleich um 4,3%, wie die viertjährliche Erhebung EPA des Nationalen Statistikamtes ergab. Im Gesamtjahr 2021 entstanden in Spanien 840000 Jobs; es waren 20,2 Millionen Menschen erwerbstätig. Die Arbeitslosenquote sank Ende Dezember auf 13,3%. Damit wurde nicht nur das Niveau von vor der Pandemie wieder hergestellt, sondern auch der beste Wert seit dem Platzen der Immobilienblase 2008 erreicht.

Nicht nur die allmähliche Wiederbelebung des vom Coronavirus stark gebeutelten Tourismussektors trug zu den guten Arbeitsmarktzahlen bei. Die Landwirtschaft und die Industrie verzeichneten relativ gesehen noch größere Zuwächse als die Dienstleister. „Die Erholung am Arbeitsmarkt ist wesentlich schneller als in vorherigen Krisen dank einer anderen Wirtschaftspolitik“, unterstrich der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Gonzalo García Andrés. Im Gegensatz zur Finanzkrise vor einem Jahrzehnt setzte Spanien diesmal Kurzarbeitergeld ein und stützte viele Firmen mit Hilfen.

Die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt bereitet jedoch auch Sorgen hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die hohe Preissteigerung. Im Dezember lag die Inflation bei 6,5%. Der Arbeitgeberdachverband CEOE warnte in einer Stellungnahme zu den Daten der EPA, dass „der Prozess der Normalisierung der spanischen Wirtschaft noch nicht beendet ist“. Und dieser Umstand müsse bei den bevorstehenden Tarifverhandlungen berücksichtigt werden.

Die Gewerkschaften bestehen dagegen auf Lohnzuwächsen, damit die Arbeitnehmer aufgrund der hohen Preise, vor allem der Energiekosten, nicht weiter real verlieren. „Das betrifft die Kaufkraft der Arbeiter, und man kann nicht einfach wegschauen“, erklärte Pepe Álvarez, der Generalsekretär der UGT, einer der beiden führenden Gewerkschaften des Landes. Für den 7. Februar hat die Arbeitsministerin Yolanda Díaz vom Linksbündnis Unidas Podemos Arbeitnehmer und Arbeitgeber zum Gespräch zitiert, um über eine weitere Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns zu reden.

Doch andere Regierungsmitglieder, angefangen bei Ministerpräsident Pedro Sánchez, mahnen vorsichtig vor dem Effekt der Lohnsteigerung auf die Preisentwicklung. „Aus Sicht der mittelfristigen wirtschaftlichen Stabilität sollte man eine starke Erhöhung der Gehälter vermeiden, um keine strukturelle Inflation zu produzieren“, sagte Wirtschaftsministerin Nadia Cal­viño. Ähnlich äußerte sich letzte Woche Notenbankchef Pablo Hernández de Cos, der vor einer Inflationsspirale warnte.

Arbeitsmarktreform strittig

Währenddessen kämpft Arbeitsministerin Díaz mit unerwartet hartem Widerstand gegen die Arbeitsmarktreform, die zu Weihnachten mit den Tarifpartnern vereinbart worden war und von der EU-Kommission begrüßt wurde. Die Koalitionsregierung aus Sozialisten und Linken hat keine Mehrheit im Parlament. Die üblichen Partner, linke und nationalistische Parteien aus dem Baskenland und Katalonien, wollen aus unterschiedlichen Motiven gegen die Reform in ihrer jetzigen Form stimmen. Der Arbeitgeberverband droht, seine Unterstützung zu entziehen, sollte auch nur „ein Komma“ geändert werden.