Konjunktur

Chinas Anti-Corona-Politik schürt Rezessions-Sorgen

Die deutsche Industrie befürchtet neue Nachschubprobleme aus China. Der Industrieverband BDI schlägt in seinem Wachstumsausblick Alarm – und ist damit nicht allein.

Chinas Anti-Corona-Politik schürt Rezessions-Sorgen

rec Frankfurt

Das rigorose Vorgehen von Chinas Regierung zur Eindämmung des Coronavirus schürt in der deutschen Industrie Sorgen vor einer neuerlichen Rezession. Eine schnellere Ausbreitung des Coronavirus in China aufgrund der ansteckenderen Omikron-Variante könnte „erneut zum Flaschenhals für globale Lieferketten werden und eine Rezession in bestimmten Branchen der deutschen Industrie anheizen“, heißt es im „Globalen Wachstumsausblick“ des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Auch andere Experten befürchten gravierende Nachschubprobleme. Aus keinem Land beziehen deutsche Firmen so viele Waren wie aus dem Reich der Mitte.

Die Warnungen stehen in auffälligem Kontrast zur aktuellen Wahrnehmung vieler Unternehmer. So haben die seit Monaten anhaltenden Versorgungsengpässe rund um den Jahreswechsel etwas nachgelassen. In der Eurozone beheimatete Hersteller weisen darauf hin, dass nicht mehr so viele kritische Vorprodukte knapp sind wie bislang und dass sich Verzögerungen beim Transport verringert hätten. Das sei die wichtigste Botschaft der jüngsten Einkaufsmanagerumfragen von IHS Markit, so ING-Ökonom Bert Colijn (siehe Bericht auf dieser Seite).

Diese leichte Entwarnung könnte allerdings nur von recht kurzer Dauer sein. Der BDI befürchtet, dass Chinas Behörden vermehrt Produktionsanlagen und Infrastruktureinrichtungen wie etwa Häfen erneut abriegeln. Er verweist vor diesem Hintergrund auch auf die nächste Woche beginnenden Olympischen Spiele in Peking, zu denen Tausende Ausländer einreisen und das Omikron-Virus einschleppen könnten. „Die Corona-Entwicklung in China stellt ein Risiko für den Erholungsprozess der Indus­trie dar.“

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat China angesichts der weltweiten Ausbreitung der hochansteckenden Omikron-Variante zu einer Abkehr von seiner strikten Null-Covid-Strategie aufgefordert. Die Beschränkungen erwiesen sich als Belastung – sowohl für die chinesische als auch für die globale Wirtschaft, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa kürzlich. Ökonomen haben allerdings wenig Hoffnung, dass Peking seinen seit zwei Jahren verfolgten strikten Anti-Corona-Kurs lockert – zumal die im Land verimpften Vakzine aus heimischer Herstellung als nicht sonderlich wirksam gegen die Omikron-Variante des Coronavirus gelten.

Handel stockt bereits

„Chinas Null-Toleranz-Politik gegenüber Covid könnte die Probleme in der Industrie noch verschärfen“, warnen die Volkswirte von Oxford Economics. Selbst wenn größere und langwierige zusätzliche Unterbrechungen in den Lieferketten durch China vermieden werden, könnte sich die Geschwindigkeit der Normalisierung der Lieferketten als unzureichend erweisen. Denn nach wie vor stauen sich viele Aufträge, weil Unternehmen mit der Produktion nicht nachkommen.

Der Kiel Trade Indicator deutet auf erste Verwerfungen durch die Omikron-Variante im Handel hin, die sich im Frühjahr auch in Europa zeigen dürften. Schon jetzt seien auf der Haupthandelsroute aus Asien durch das Rote Meer 15% weniger Waren als üblich unterwegs, sagt Projektleiter Vincent Stamer. Es zeichne sich ab, „dass der Omikron-Ausbruch in China und die Eindämmungsversuche der chinesischen Regierung durch harte Lockdowns und Werksschließungen im Frühjahr negative Folgen für Europa haben dürften“.