Direktinvestitionen

Chinas Corona-Politik vergrätzt Investoren

Chinas harte Linie bei der Bekämpfung von Corona und Erfahrungen aus dem mehr als zweimonatigen Lockdown in Schanghai lassen europäische Unternehmen ih­re China-Präsenz und Investitionsbereitschaft vor Ort in noch nie dagewesener Intensität überdenken.

Chinas Corona-Politik vergrätzt Investoren

nh Schanghai

Chinas harte Linie bei der Bekämpfung von Corona und Erfahrungen aus dem mehr als zweimonatigen Lockdown in Schanghai lassen europäische Unternehmen ih­re China-Präsenz und Investitionsbereitschaft vor Ort in noch nie dagewesener Intensität überdenken. Das zeigt die jüngste Geschäftsklimaumfrage der European Chamber of Commerce in China (EUCC). Laut der am Montag verbreiteten „Flash Survey“ der Handelskammer geben 23% der befragten europäischen Unternehmen an, dass sie darüber nachdenken, laufende oder geplante Investitionsvorhaben aus China herauszuverlagern oder aufzugeben. Damit hat sich der Anteil derjenigen mit konkreten Abwanderungsgedanken gegenüber der vorangegangenen Business Confidence Survey vom Februar mehr als verdoppelt.

Prognosen gesenkt

Hintergrund ist die als „Covid-Zero“ bezeichnete Anti-Corona-Strategie von Parteiführung und Regierung, die das Wirtschaftsleben der Pandemiebekämpfung unterordnet. Dabei belasten insbesondere die zweimonatige Lahmlegung der Wirtschaftsmetropole Schanghai und die heftigen begleitenden Konjunkturverwerfungen das Klima. In der neuen Umfrage geben 78% der Kammermitglieder an, dass die Covid-Zero-Strategie das Ge­schäftsumfeld in China weniger attraktiv machen. Knapp 60% der Teilnehmer betonen, dass sie wegen der Auswirkungen der Co­rona-Restriktionen auf ihre Ge­schäftsentwicklung ihre Umsatzprognosen für das laufende Jahr zurückgestuft haben.

Laut der Vizepräsidentin der EU Kammer, Bettina Schoen-Behanzin, führt insbesondere das Fehlen einer Exit-Strategie aus der chinesischen Nulltoleranzpolitik und damit eine dauerhafte Belastung der Geschäftsperspektiven zu Frustrationen. Dies lasse den Entscheidern in den europäischen Unternehmenszentralen gar keine andere Wahl, als sich vermehrt nach Standortalternativen umzusehen. „Die Welt wartet nicht länger auf China“, resümiert Schoen-Behanzin die Stimmungslage.

Unter den Firmen, die eine Verlagerung von Investitionen sondieren, orientieren sich 16% bevorzugt in Richtung Südostasien; weitere 30% denken an andere Standorte im Asien-Pazifik-Raum. Knapp ein Drittel der Umfrageteilnehmer gibt an, dass sie im Zuge einer möglichen Verringerung ihres China-Engagements die frei werdenden Ressourcen schwerpunktmäßig zurück nach Europa oder in Richtung Nordamerika verlagern wollen. An der Ende April während der Lockdown-Periode in Schanghai durchgeführten Erhebung haben 372 europäische Firmen partizipiert, während es im Februar noch 620 waren.

Die Belastung aus den Corona-Restriktionen und dem Schanghai-Lockdown scheinen ausländische Adressen überproportional stark getroffen zu haben, wie aus der jüngsten Statistik zur Entwicklung der Industriegewinne in China hervorgeht. In der Periode von Januar bis April schrumpften die Gewinne ausländischer Industrieunternehmen aus ihren Geschäften vor Ort um gut 16% gegenüber der Vorjahresperiode. Demgegenüber verbuchten heimische Privatsektor-Firmen nur minimale Gewinnrückschritte von weniger als 1%. Bei Chinas Staatsunternehmen wiederum kletterten die Industriegewinne in den ersten vier Monaten sogar noch um 14%.

Wertberichtigt Seite 6

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