Bruttoinlandsprodukt

Deutsche Wirtschaft rutscht in die Rezession

Das Bruttoinlandsprodukt ist auch im ersten Quartal 2023 gesunken. Der schwächelnde private Konsum, eine angeschlagene Bauwirtschaft und die Kaufkraftverluste lasten auf der Konjunktur. Auch der Ausblick auf die kommenden Monate ist düster.

Deutsche Wirtschaft rutscht in die Rezession

Deutsche Wirtschaft rutscht in Rezession

Bruttoinlandsprodukt sinkt auch zum Jahresstart – Privatkonsum schwächelt weiter – Außenhandel fehlt Dynamik

mpi Frankfurt

Die deutsche Wirtschaft ist auch im ersten Quartal 2023 geschrumpft. Der schwächelnde private Konsum, eine angeschlagene Bauwirtschaft, weniger Aufträge für die Industrie und die Kaufkraftverluste wegen der hohen Inflation lasten schwer auf der Konjunktur. Auch der Ausblick auf die kommenden Monate ist düster.

Es hatte sich bereits im Ifo-Geschäftsklima oder dem Einkaufsmanagerindex angedeutet, nun ist es auch offiziell: Die deutsche Wirtschaft ist in eine Rezession gerutscht. Im ersten Quartal 2023 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,3%, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag (Destatis) mitteilte. Damit revidierten die Statistiker ihre erste Schätzung von Ende April nach unten. Damals waren sie noch von einer Stagnation ausgegangen. Da die Wirtschaft bereits zum Jahresende um 0,5% geschrumpft war, hat die Wirtschaftsleistung nun zwei Quartale in Folge abgenommen. Ökonomen nennen dies eine technische Rezession.

Vor allem der wegen der weiterhin hohen Inflation schwächelnde private Konsum lastet auf der Wirtschaft. Dieser ging im ersten Quartal preis-, saison- und kalenderbereinigt um 1,2% zurück. Der staatliche private Konsum brach sogar um 4,9% ein. „Unter der Last der immensen Inflation ist der deutsche Konsument in die Knie gegangen und hat die gesamte Volkswirtschaft mit sich gerissen“, kommentierte Andreas Scheuerle, Volkswirt bei der DekaBank. „Eine schnelle und deutliche Wende zum Besseren ist aber nicht in Sicht. Während die inflationären Belastungen langsam abklingen, wachsen diejenigen der restriktiven Geldpolitik. Das Gift der Inflation wird mit dem Gegengift hoher Zinsen bekämpft.“

Positive Impulse für die Konjunktur kamen von den deutlich gestiegenen Investitionen im Bausektor. Aufgrund der besseren Witterungsbedingungen legten diese im Vergleich zum Schlussquartal 2022 preis-, saison- und kalenderbereinigt um 3,9% zu. Auch die Investitionen in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge kletterten um 3,2%. Der Bausektor bleibt dennoch ein Sorgenkind der Konjunktur. Im März sanken die Aufträge im Vergleich zum Februar real um 20,1%. Nur die deutlich gestiegenen Baupreise sorgten dafür, dass der nominale Wert der neuen Aufträge nur um 7,9% schrumpfte.

Ökonomen pessimistisch

Wenig zulegen konnte der Außenhandel, der die deutsche Wirtschaft zu Jahresbeginn dennoch stützte. Die Exporte wuchsen im Vergleich zum vierten Quartal des vergangenen Jahres um 0,4%, was nicht zuletzt am robusten Handel mit Kunststoffen und Metallerzeugnissen lag. Die Importe sanken hingegen um 0,9%.

Als Hauptgrund dafür führt Destatis die geringere Einfuhr von Rohöl, Mineralölprodukten und chemischen Erzeugnissen an. „Die weltweiten Zinserhöhungen schlagen langsam auf die Nachfrage durch“, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Der deutschen Exportwirtschaft fehlt die Dynamik.“

Die Bundesbank rechnet in ihrem aktuellen Monatsbericht damit, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal zumindest leicht wieder wachsen kann. Viele Ökonomen blicken pessimistischer in die Zukunft. „Düster sieht es für das zweite Halbjahr aus“, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. „Dann sind die Nachholeffekte in der Industrie aufgezehrt. Einen Ausgleich für den zu erwartenden fortgesetzt schwachen privaten Konsum und die angeschlagene Bauwirtschaft gibt es damit nicht mehr.“ ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski meint: „Ein Rückgang der Kaufkraft, ausgedünnte Auftragsbücher in der Industrie sowie die Auswirkungen der aggressivsten geldpolitischen Straffung seit Jahrzehnten und die erwartete Verlangsamung der US-Wirtschaft sprechen für eine schwache Wirtschaftstätigkeit.“ Der Indikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), in den zahlreiche Daten aus der Real- und der Finanzwirtschaft einfließen, beziffert das Rezessionsrisiko für die kommenden Monate auf 37,6%.

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