EU-Handelspolitik

EU-China-Gipfel offenbart erhebliche Divergenzen

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat China gemahnt, dass die EU den Binnenmarkt nur dann so offen wie bisher halten könne, wenn sich China bei einigen Streitpunkten auf die EU zubewege.

EU-China-Gipfel offenbart erhebliche Divergenzen

EU-China-Gipfel offenbart Kluft

Von der Leyen dringt auf Neuausrichtung der Beziehungen

Die EU und China haben sich beim 25. Gipfeltreffen zu augenscheinlichen Divergenzen besprochen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen mahnte, dass die EU den Binnenmarkt für chinesische Exporte nur so offen wie bisher halten könne, wenn sich China bei einigen Streitpunkten auf die EU zubewege.

fed Brüssel/nh Schanghai

Die EU pocht auf mehr Bewegung Chinas beim Zugang europäischer Unternehmen zum chinesischen Markt und bei der Verlässlichkeit von Lieferketten, insbesondere in Bezug auf seltene Erden und kritische Rohstoffe. Die EU müsse „mehr Fortschritte sehen“ bei den Punkten, die aus europäischer Sicht wichtig seien, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach der Zusammenkunft mit Chinas Präsident Xi Jinping und Premierminster Li Qiang.

Wendepunkt erreicht

Von der Leyen beanstandete ebenso wie der an den Gesprächen beteiligte EU-Ratspräsident António Costa, dass das Defizit der EU im Warenverkehr beider Volkswirtschaften zuletzt auf mehr als 300 Mrd. Euro gewachsen sei. „Wir haben die Zusammenarbeit vertieft, aber eben auch die Ungleichgewichte“, kristisierte die Deutsche. „Der Handel ist einseitig gewachsen, das ist nicht nachhaltig“, ergänzte der Portugiese. Deshalb seien beide Partner nun an einem „Wendepunkt“ angelangt und müssten eine „Neuausrichtung“ vornehmen, ein „Rebalancing“, unterstrich von der Leyen.

„Ende der Naivität“

Diese Ankündigung trifft bei Vertretern der Wirtschaft durchaus auf Resonanz. „Meinungsunterschiede und strategische Abhängigkeiten dürfen nicht länger ignoriert werden. Europa braucht das Ende der Naivität – nach innen wie nach außen“, fordert der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, anlässlich des Gipfels. Außenwirtschaftlich etwa müsse sich die EU dringend breiter aufstellen, insbesondere im Indopazifik.

Nicht-tarifäre Hemmnisse

Von der Leyen veranschaulicht den Handlungsbedarf am Beispiel des Marktzugangs von EU-Firmen. Dieser werde in einigen Fälle nicht nur durch Zölle, sondern vor allem durch nicht-tarifäre Hemmnisse, wie etwa der „Buy-China-Strategie“ erschwert. Die EU poche auf mehr Reziprozität, die Beziehung müsse für beide Seiten gewinnbringend sein.

Export Supply Mechanism

Bei dem Treffen verabredeten beide Seiten einen „Export Supply Mechanism“ als Versorgungssystem für Ausfuhren. Es soll Engpässen bei der Bereitstellung kritischer Rohstoffe vorbeugen und so für eine höhere Verlässlichkeit der Lieferungen von seltenen Erden und anderen Bodenschätzen sorgen. Von der Leyen wertete diesen Mechanismus als Beleg dafür, dass beide Seiten trotz bestehender Divergenzen über den Dialog immer wieder praktische Lösungen für Probleme fänden. Auch deshalb sei es so wichtig, diesen Dialog aufrecht zu erhalten.

Konsens zum Klimawandel

Fortschritte erzielen China und die EU bei Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel. Eine gemeinsame Erklärung mit diesem Fokus zählt zu den wenigen tatsächlich konkreten Ergebnissen der Zusammenkunft. Der 25. EU-China-Gipfel legte ansonsten eher die Divergenzen zwischen den zwei wirtschaftlichen und politischen Machtblöcken offen. Bezeichnenderweise nahm kein politischer Vertreter Chinas an der Abschlusskonferenz der EU-Repräsentanten teil.

Dissens zum Ukraine-Krieg

Bei zahlreichen Themen herrscht eine tiefe Kluft; allen voran Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Von der Leyen und Costa fordern China dazu auf, seinen Einfluss als Mitglied des UN-Sicherheitsrats gegenüber Russland geltend zu machen. Vor allem dürfe Moskau nicht länger mit Gerät unterstützt werden, das militärisch einsetzbar sei.