Sommerprognose

EU-Kommission erwartet 2022 Rekordinflation im Euroraum

Die Folgen des Krieges in der Ukraine machen der europäischen Wirtschaft immer stärker zu schaffen. Nur zwei Monate nach ihrer letzten Prognose musste die EU-Kommission ihre Erwartungen nun erneut nach unten revidieren.

EU-Kommission erwartet 2022 Rekordinflation im Euroraum

ahe Brüssel

Die Folgen des Krieges in der Ukraine – insbesondere die ex­plodierenden Energiepreise – machen der europäischen Wirtschaft immer stärker zu schaffen. Die EU-Kom­mis­sion revidierte am Donnerstag ihre erst im Mai veröffentlichten Wachstumsprognosen erneut deutlich nach unten. So rechnet die Brüsseler Be­hörde jetzt damit, dass die durchschnittliche Inflationsrate in der Eurozone 2022 auf einen historischen Höchststand von 7,6% klettert, bevor sie im nächsten Jahr wieder auf 4,0% sinkt. Für die EU insgesamt werden sogar Teuerungsraten von 8,3 beziehungsweise 4,6% in Aussicht gestellt.

Im Februar war in der Winterprognose der Kommission noch von einer Inflation in diesem Jahr von 3,5% die Rede gewesen, bevor die Erwartung im Mai schon auf 6,1% für den Euroraum angehoben wurde. Zwei Monate später geht es nun erneut weiter nach oben. Auch beim Wirtschaftswachstum trüben sich die Aussichten weiter ein – insbesondere für das kommende Jahr. Für 2022 liegen die Erwartungen für die Eurozone nahezu unverändert bei 2,6(im Mai: 2,7)%. Im nächsten Jahr geht die EU-Kommission dann aber nur noch von einer Steigerung des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1,4% aus. Im Mai war noch von 2,3% Wachstum die Rede gewesen.

„Schockwellen“

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni verwies bei der Vorstellung der neuen Erwartungen darauf, dass angesichts des unsicheren weiteren Kriegsverlaufs und der ungewissen Zuverlässigkeit der Gaslieferungen aus Russland die Prognose mit weiteren hohen Unsicherheiten und Abwärtsrisiken behaftet sei. Sollte Russland der EU den Gashahn komplett zudrehen, drohe in der zweiten Jahreshälfte 2022 eine Rezession, warnte Gentiloni. Angesichts der jüngsten Entwicklungen sei dies mehr als nur ein hypothetisches Szenario: „Ein Sturm ist möglich, aber so weit sind wir noch nicht.“

Bei der Inflationsprognose berücksichtigte die Brüsseler Behörde neben dem starken Preisanstieg im zweiten Quartal zudem, dass ein weiterer Anstieg der Gaspreise auch über die Strompreise an die Verbraucher weitergegeben wird. „Die unprovozierte Invasion Russlands in die Ukraine sendet weiter Schockwellen durch die Weltwirtschaft“, kritisierte Gentiloni. Moskaus Vorgehen störten die Energie- und Getreideversorgung, trieben die Preise nach oben und „schwächten das Vertrauen“.

Viele der Abwärtsrisiken, mit denen die Frühjahrsprognose im Mai behaftet war, sind nach Einschätzung der Kommission mittlerweile eingetreten. Wenngleich sich die Sommersaison für den Tourismus vielversprechend anlasse, stehe zudem zu erwarten, dass die Konjunktur sich im restlichen Jahresverlauf verhalten entwickeln werde, hieß es. Hinzu kommt auch noch, dass die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der von China verfolgten strikten Null-Covid-Politik noch durch die anhaltende Wachstumsverlangsamung in den USA verstärkt wird. „Wir können uns glücklich schätzen, dass wir aus einer Position der Stärke heraus handeln und nach der vorangegangenen Krise wieder solides Wachstum erreicht haben“, betonte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis.

Für Deutschland erwartet die EU-Kom­mission 2022 eine Teuerungsrate von 7,9% und für 2023 von 4,8%. Ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum schraubte sie zugleich für dieses Jahr auf 1,4(im Mai: 1,6)% zurück und für nächstes Jahr auf nur noch 1,3(2,4)%.

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