Beziehungen zu Russland

EU sieht kaum Chancen für Neustart mit Moskau

Während in Genf die Präsidenten Wladimir Putin und Joe Biden zu einem ersten Abtasten zusammenkamen, sieht der EU-Außenbeauftragte in einer Analyse kaum Chancen für einen Neustart in den EU-Russland-Beziehungen.

EU sieht kaum Chancen für Neustart mit Moskau

ahe Brüssel

Der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, sieht aktuell wenig Chancen, dass die Europäische Union und Russland ihre Partnerschaft erneuern und eine wieder engere Zusammenarbeit vereinbaren. Ein weiterer Abwärtstrend in den gegenseitigen Beziehungen sei derzeit das wahrscheinlichste Szenario, auf das man sich vorbereiten müsse, sagte Borrell bei der Vorstellung eines Berichts über die künftigen strategischen Optionen in der Russland-Politik. Der Bericht soll in der kommenden Woche auch auf dem EU-Gipfel von den Staats- und Regierungschefs diskutiert werden.

Nach Einschätzung von Borrell sollte sich die EU bemühen, zumindest eine berechenbarere und stabilere Beziehung zu erreichen. Der Spanier schlägt dafür eine dreigleisige Strategie vor: „In die Schranken weisen, Grenzen setzen und zusammenarbeiten“. Für die EU bedeute dies, eine vollständige Umsetzung der Minsker Vereinbarungen im Ukraine-Konflikt zu verlangen und zugleich ihre eigenen Beziehungen zu den Ländern der Östlichen Partnerschaft und zu anderen Nachbarn zu stärken.

Selektive Zusammenarbeit

Zugleich sollte die EU dem Bericht zufolge ihre Widerstandsfähigkeit stärken, etwa durch den Ausbau der Cybersicherheits-, Verteidigungs- sowie strategischen Kommunikationskapazitäten. Bereiche, in denen aktuell eine selektive Zusammenarbeit mit Russland möglich oder nötig ist, sind der Gesundheitssektor oder auch der Kampf gegen den Klimawandel.

Sofern „die politischen Gegebenheiten es zulassen“, besteht nach Einschätzung von Borrell grundsätzlich schon ein „großes Potenzial für eine Zusammenarbeit“. Aber die Realität sehe anders aus: Die russische Regierung verfolge aktiv Ziele, die in die entgegengesetzte Richtung führten. Russland sage sich häufig von internationalem Recht und zentralen Prinzipien der OSZE und des Europarates los und versuche zudem, Einfluss auf die EU und ihre Mitgliedstaaten und Partnerländer zu nehmen, sich in innere Angelegenheiten einzumischen und zu destabilisieren. Russland setze zudem auch immer mehr auf politische Unterdrückung und missachte Menschenrechte und Grundfreiheiten, um an seiner gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Organisation festzuhalten, hieß es.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, die Beziehungen zu Russland stellten weiterhin „eine zentrale strategische Herausforderung für die Europäische Union“ dar. Die EU müsse geschlossen und konsequent darauf reagieren und die eigenen Grundwerte, Prinzipien und Interessen verteidigen.

In Genf kamen am Mittwoch unterdessen der russische und der US-amerikanische Präsident, Wladimir Putin und Joe Biden, zu ihrem ersten persönlichen Treffen zusammen. Das Treffen dauerte mehrere Stunden und hatte unter anderem Fragen der atomaren Rüstungskontrolle, der Menschenrechte sowie die Regionalkonflikte in Afghanistan, Syrien und Libyen auf der Agenda. Ein gemeinsames Statement gab es im Anschluss nicht. Beide Seiten vereinbarten allerdings eine Rückkehr ihrer Botschafter nach Moskau und Washington, wie Putin nach dem Treffen mitteilte. Die Diplomaten waren im Frühjahr im Zuge wachsender Spannungen in ihre Heimat gereist. Das Treffen sei „äußerst konstruktiv“ gewesen. Die Uno erklärte, man hoffe nun auf einen Abbau von globalen Spannungen.