Konjunktur

Euro-Wirtschaft wächst im Sommer kräftig

Im dritten Quartal hat die Euro-Wirtschaft dank konsumfreudiger Privathaushalte kräftiger als erwartet zugelegt. Entsprechend verzeichneten die Länder mit geringerem Industrieanteil die kräftigsten Zuwächse.

Euro-Wirtschaft wächst im Sommer kräftig

ba Frankfurt

Die Wirtschaft im Euroraum ist im dritten Quartal überraschend kräftig gewachsen. Die über den Sommer gelockerten Corona-Restriktionen dürften den besonders betroffenen Dienstleistern zu guten Geschäften verholfen haben, wie der Blick auf die Mitgliedsländer zeigt – denn die geringsten Wachstumsraten zeigen diejenigen mit einer starken Industrieorientierung wie etwa Deutschland.

Ökonomen warnen jedoch bereits vor der herbstlichen Coronawelle, die die Erholung deutlich an Tempo kosten dürfte. Zudem dürften die anhaltenden Lieferprobleme und Materialknappheiten die Industrie zum Jahresende hin verstärkt bremsen. Und auch bei den privaten Haushalten, deren Konsum für ordentlichen Schub gesorgt hat, droht Gegenwind, denn die Inflationsraten und Energiepreise kennen derzeit nur eine Richtung: aufwärts. Im Oktober ist die Jahresteuerungsrate von 3,4% auf 4,1% gestiegen (siehe Bericht auf dieser Seite). Einem potenziellen Jahresendspurt erteilen Bankvolkswirte daher eine klare Absage.

In den drei Monaten bis September ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der ersten Eurostat-Schnellschätzung zufolge saisonbereinigt um 2,2% zum Vorquartal gestiegen. Ökonomen hatten ein Wachstum von 2,1% erwartet – in diesem Tempo hatte die Euro-Wirtschaft im zweiten Quartal zugelegt. Die Entwicklung der 19 Euro-Länder verlief uneinheitlich: Deutschland und Spanien enttäuschten, während Frankreich, Italien, Belgien und Österreich mit einem besseren Ergebnis als erwartet aufwarteten.

Unter den Mitgliedstaaten, für die bereits Daten vorliegen, verzeichnete Eurostat zufolge Österreich (3,3%) den stärksten Anstieg im Quartalsvergleich, gefolgt von Frankreich (3,0%) und Portugal (2,9%). In Spanien (2,0%) und Deutschland (1,8%) legte das BIP unterdurchschnittlich zu. Die Wachstumsraten zum Vorjahr seien für alle Länder positiv, betonten die Luxemburger Statistiker.

Eurostat gibt traditionell bei der ersten Schnellmeldung noch keine Details bekannt, die Länderdaten deuten allerdings auf den privaten Konsum als Hauptschwunggeber hin. So berichtet etwa das französische Statistikamt Insee, dass das Wachstum vor allem durch die kräftig gestiegenen Konsumausgaben der Privathaushalte (+5,0% im Quartalsvergleich nach +1,3%) getragen wurde. Aber auch die Ausfuhren hätten deutlich zugelegt, während die Importe stabil blieben, so dass der Außenhandel für einen positiven Impuls gesorgt habe, wohingegen sich die Lagerveränderungen negativ ausgewirkt hätten. Laut Insee liegt das BIP nur mehr 0,1% unter dem Vorkrisenniveau vom vierten Quartal 2019. Laut Spaniens Statistikamt INE wurde das Wachstum sowohl von der Binnennachfrage als auch – in etwas geringerem Ausmaß – vom Außenhandel getragen.

Auch das Statistische Bundesamt wartet mit dem ersten Hinweis auf, dass der Privatkonsum die tragende Rolle gespielt hat. Hierzulande waren die coronabedingten Restriktionen von Mitte Mai an schrittweise gelockert worden. Details liefert Destatis am 25. November.

Ökonomen zeigten sich von dem Plus von 1,8% enttäuscht, hatten sie doch im Schnitt mit +2,2% gerechnet, nachdem die größte Euro-Volkswirtschaft im zweiten Quartal noch um revidiert 1,9 (zuvor: 1,6)% zugelegt hatte. Das Ergebnis des Startabschnitts revidierten die Wiesbadener Statistiker um 0,1 Prozentpunkte auf –1,9% ebenfalls nach oben.

Auch wenn die hiesige Wirtschaft zum Jahresende hin eine deutlich langsamere Gangart einschlagen dürfte, werten dies Ökonomen lediglich als Delle im Konjunkturverlauf. Denn angesichts der randvollen Auftragsbücher erwarten sie, dass die Industrieproduktion kräftig zulegt, sobald sich die Lieferprobleme auflösen.