Strukturelle Operationen

EZB bereitet sich auf strukturelle Liquiditätsdefizite vor

Die Überschussliquidität im Euroraum sinkt deutlich. Perspektivisch könnte sie einem strukturellen Liquiditätsdefizit für den Bankensektor weichen. Die EZB bereitet sich bereits jetzt auf die Verschiebungen vor, um Probleme zu vermeiden. Die Bundesbank hat nun Wünsche bezüglich der Anpassungen formuliert.

EZB bereitet sich auf strukturelle Liquiditätsdefizite vor

EZB bereitet sich auf Liquiditätsdefizite vor

Notenbank arbeitet an strukturellen Operationen – Hauptrefinanzierungsgeschäfte werden wichtiger

Die Überschussliquidität im Euroraum sinkt deutlich. Perspektivisch könnte sie einem strukturellen Liquiditätsdefizit für den Bankensektor weichen. Die EZB bereitet sich bereits jetzt auf die Verschiebungen vor, um Probleme zu vermeiden. Die Bundesbank hat nun Wünsche bezüglich der anstehenden Anpassungen formuliert.

mpi Frankfurt

Der Bilanzabbau der EZB hat Folgen für die Liquiditätsversorgung der Banken und die Geldpolitik. Das Eurosystem schätzt, dass sich die Überschussliquidität der Banken im Euroraum bis Ende 2027 in etwa auf 1,5 Bill. Euro halbieren wird. „Hauptrefinanzierungsgeschäfte sollen künftig eine zentrale Rolle bei der Deckung des Liquiditätsbedarfs des Bankensektors spielen“, schreibt die Bundesbank in einem am Montag veröffentlichten Aufsatz aus ihrem Monatsbericht Juni.

Zuletzt war dies wegen der extrem hohen Überschussliquidität in der Eurozone nicht der Fall. Diese ist durch die milliardenschweren Anleihekaufprogramme der EZB ab 2015 entstanden. Seit Juli 2023 sinkt die Überschussliquidität wieder. Dies liegt vor allem an der Reduktion des Portfolios aus dem Anleihekaufprogramm APP und seit Mitte 2024 zusätzlich aus dem Pandemie-Notfallankaufprogramm PEPP.

Perspektivisch könnte sogar wieder die Situation eines strukturellen Liquiditätsdefizits entstehen. Damit es im Bankensektor nicht zu Problemen kommt, hatte die EZB bereits im vergangenen Jahr die Einführung sogenannter struktureller Operationen angekündigt. Sie hatte jedoch darauf verzichtet, einen Termin dafür oder Details zur Zusammensetzung zu nennen. „Es ist naheliegend, bei der künftigen schrittweisen Einführung struktureller Operationen zunächst mit Refinanzierungsoperationen zu beginnen“, schreibt die Bundesbank nun in ihrem Aufsatz.

Klare Regeln nötig

Die EZB müsse und werden bei den strukturellen Operationen berücksichtigen, dass, auch wenn sich das Bankensystem in einigen Jahren in Richtung eines strukturellen Liquiditätsdefizites bewegt, die Bilanz des Eurosystems weiterhin einen erheblichen Altbestand an Anleihen enthalten wird. „Grundsätzlich erscheint eine höhere Bereitstellung über strukturelle Refinanzierungsoperationen vorteilhaft, da diese mehr geldpolitische Geschäftspartner erreicht als Wertpapierankäufe für Zwecke eines strukturellen Portfolios“, führen die Bundesbank-Autoren weiter aus.

Da die EZB noch keine Details zum strukturellen Portfolio verkündet hat, ist offen, ob dieses Anleihen des öffentlichen Sektors enthalten wird. Sollte dies der Fall sein, fordert die Bundesbank klare Parameter, die verhindern, dass es über dieses Portfolio zu einer monetären Staatsfinanzierung kommt. Aus Sicht der Bundesbank wäre es zudem wünschenswert, zuerst Informationen zur Nachfrage des Bankensystems nach Refinanzierungsgeschäften zu sammeln. Erst dann solle über den Zeitpunkt der Einführung struktureller Operationen entschieden werden.

Zinssensitivität der Banken

In dem Aufsatz betrachten die Autoren zudem die Rolle der Zentralbankreserven bei der geldpolitischen Transmission über den Bankensektor. Die Analyse legt nahe, dass das Kreditangebot von Banken mit höheren Reserven im Schnitt auf die Zinserhöhungen der EZB ab 2022 weniger stark reagiert hat, als bei Instituten mit geringen Reserven. Dies dürfte an den höheren Nettozinserträgen der Banken mit hohen Reserven liegen.

Die Bundesbank warnt jedoch davor, daraus zu schließen, dass sich die geldpolitische Transmission grundsätzlich in einem Umfeld mit üppigen Reserven von der in einem Umfeld mit niedrigen Reserven unterscheidet. Dies sei gut möglich, jedoch brauche es weitere Untersuchungen, um dies zu quantifizieren. Sollte durch die höheren Zinserträge die geldpolitische Transmission geringer sein, betrifft dies stark die deutsche Bankenlandschaft. Diese hält gemessen an ihrer Bilanzsumme einen überproportional großen Anteil der Überschussliquidität im Euroraum.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.