Geldpolitisches Rahmenwerk

Fed will Inflationsbekämpfung aufwerten

Wie auch vor der Corona-Pandemie will die US-Notenbank Preisstabilität und Vollbeschäftigung wieder als gleichwertige Ziele ansehen.

Fed will Inflationsbekämpfung aufwerten

Fed will Inflationsbekämpfung aufwerten

Rückbesinnung auf geldpolitisches Rahmenwerk von vor der Pandemie – Notenbank geht von höherem neutralen Zins aus

Nach der Corona-Pandemie konzentrierte sich die US-Notenbank zunächst auf die Wiederbelebung des Arbeitsmarkts. Nun hat die Fed aber Anpassungen an ihrem geldpolitischen Rahmenwerk vorgenommen. Wie vor der Pandemie sollen Inflationsbekämpfung und Vollbeschäftigung wieder denselben Stellenwert haben.

det Washington

Mit ihrem leicht modifizierten geldpolitischen Rahmenwerk hat sich die US-Notenbank auf ihr duales Mandat in dessen ursprünglichen Fassung zurückbesonnen: Geldwertstabilität und Vollbeschäftigung sind wieder gleichwertige Ziele. Die Anpassung stellt eine Abweichung dar von den Vorgaben während der Corona-Pandemie. Als das Rahmenwerk zuletzt im August 2020 überarbeitet wurde, stand nämlich die Wiederbelebung des Arbeitsmarktes im Mittelpunkt. Die daraus resultierende, ultralockere Geldpolitik bereitete dann den Weg für hohe Preissteigerungsraten, die im Juni 2022 sogar 9% überschritten hatten.

Ende der „Make-up“ Strategie

Zwar wurde die Fed-Konferenz in Jackson Hole von der Debatte um die aller Voraussicht nach anstehende Zinssenkung überschattet. Zentrale Bedeutung kam bei der Konferenz aber auch dem leicht überarbeiteten Rahmenwerk zu, das den immensen Veränderungen im gesamtwirtschaftlichen Umfeld Rechnung trägt. Zwar betonte Notenbankchef Jerome Powell, dass die Fed im Wesentlichen an vergangenen Prinzipien festhält. Komplexe, neue Herausforderungen hätten die Währungshüter nun aber veranlasst, Feineinstellungen an ihrem Rahmenwerk vorzunehmen und ihre „Make-up Strategie“ abzuschaffen. 

Die Anpassungen spiegeln zum einen strukturelle Veränderungen in der Wirtschaft wider. Dazu zählt die Erwartung der Notenbanker, dass künftig der neutrale Zinssatz höher sein wird als in der Vergangenheit. Ursachen dafür sind unter anderem demografische Veränderungen und Produktivitätssteigerungen als Folge technologischer Fortschritte. Zudem könnten steigende Staatsschulden die Zinsen höher treiben. Auch wird in den kommenden Monaten eine Rolle spielen, dass große Ungewissheit darüber herrscht, wie sich US-Präsident Donald Trumps Strafzölle auf die Teuerung auswirken werden.

Kongress legte duales Mandat fest

Seit fast einem halben Jahrhundert ist die Fed darum bemüht, die Ziele ihrer Zins- und Offenmarktpolitik zu konkretisieren. Das „duale Mandat“ von Geldwertstabilität und Vollbeschäftigung goss der Kongress gegen Ende der siebziger Jahre in Gesetzesform. Eine konkrete Festlegung oder Definition der dualen Ziele blieb aber aus. 

Unter dem langjährigen Notenbankchef Alan Greenspan führte die Fed dann ein informelles Inflationsziel von 2% ein, ließ die Märkte aber weiter im Dunkeln tappen. Der stets kryptisch agierende Greenspan weigerte sich nämlich, mit der Zielgröße an die Öffentlichkeit zu gehen. Greenspans Nachfolger Ben Bernanke reagierte dann auf die Forderung nach mehr Transparenz. Als Antwort auf die Weltrezession hatten Politiker, Ökonomen und Investoren Notenbanken rund um den Globus unter Druck gesetzt, ihre Ziele deutlicher zu artikulieren. 

Inflationsziel seit 2012

Mit dem ersten geldpolitischen Rahmenwerk der Fed im Jahr 2012 war das Inflationsziel von 2% dann offiziell. Auch hieß es, dass der PCE-Preisindex als Bemessungsgrundlage dienen würde. Acht Jahre später, als die Corona-Pandemie die Wirtschaft im Würgegriff hielt, modifizierte die Fed das Rahmenwerk. Denn als Ergebnis der Lockdowns waren allein im April 2020 über 20 Mill. Arbeitsplätze gestrichen worden.

Folglich behielten sich die Währungshüter mehr Flexibilität vor. Sie wollten künftig moderate und temporäre Abweichungen vom Inflationsziel dulden, insbesondere Überschreitungen. Mit der Flexibilisierung wurde für die Fed der Weg frei, sich zunächst über eine expansive Zinspolitik sowie Anleihenkäufe auf Stellen- und Wirtschaftswachstum zu konzentrieren.

Ende des flexiblen Inflationsziels

Fünf Jahre später steht die Notenbank vor neuen Problemen. Die Sorgen der Währungshüter gelten nämlich einer doppelten Gefahr: Dass die Zölle die nunmehr moderate Inflation befeuern und gleichzeitig die Abschwächung am Arbeitsmarkt in eine Rezession münden könnte. Deswegen, so Powell, habe die Fed nun ihre „Make-up Strategie“ also „Ausgleichs-Strategie“ eliminiert. Diese beruhte auf dem Konzept des „Flexible Average Inflation Targeting“ (FAIT). Dies bedeutete, dass die Fed nach Phasen niedriger Inflation auch Teuerungsraten oberhalb des Inflationsziels dulden würde. Da die Teuerung 2021 und 2022 aber aus dem Ruder lief, wird die Zinspolitik nun darauf ausgerichtet sein, das Inflationsziel von 2% einzuhalten.

Unterdessen rechnen einige Ökonomen damit, dass mittel- bis langfristig die Fed die Zügel wieder straffer ziehen wird. Grund dafür ist, dass die Inflationsbekämpfung nun in Relation zu 2020 wieder einen höheren Stellenwert hat. „Trotz der hohen Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im September sollten Marktteilnehmer sich darauf einstellen, dass die Fed längerfristig zu höheren Zinsen neigen und an diesen länger festhalten wird“, glaubt Joe Brusuelas, Chefvolkswirt beim Wirtschaftsprüfungsunternehmen RSM US.