Arbeitslosigkeit sinkt leicht

Herbstflaute statt Herbstbelebung am Jobmarkt

Die Herbstbelebung am Arbeitsmarkt lässt noch auf sich warten, auch wenn die amtliche September-Statistik durchaus positive Elemente enthält. Das DIW-Konjunkturbarometer zeichnet ebenfalls ein eher positives Bild.

Herbstflaute statt Herbstbelebung am Jobmarkt

Herbstflaute statt Herbstbelebung am Jobmarkt

Arbeitslosigkeit fällt leicht unter 3-Millionen-Marke – Noch keine Trendwende – DIW-Barometer holt deutlich auf

ba Frankfurt

Die Herbstbelebung am deutschen Jobmarkt läuft im September nur schleppend an. Auch wenn die Zahl der Arbeitslosen wieder unter die 3-Millionen-Marke gesunken ist, ist dies ein schlechtes Zeichen für die Konjunktur: Die Verbraucher dürften die überraschend gestiegenen Einkommenserwartungen wieder reduzieren und den Konsum auch angesichts der im September abermals auf 2,4% gestiegenen Inflation eher noch weiter einschränken. Das von GfK und NIM gemessene Konsumklima wird also gedämpft bleiben. Dabei hat der Einzelhandel bereits im Juli und August vor allem wegen der sinkenden Bestellungen im Internet an Umsatz verloren. Das Konsumklima dürfte im dritten Quartal also kaum für Schub sorgen – die Bundesbank geht dennoch davon aus, dass die Wirtschaft „leicht zugelegt“ haben dürfte. Und auch das DIW-Konjunkturbarometer sendet ein schwach positives Signal.

„Erste Anzeichen für Talsohle“

„Wir sehen die ersten Anzeichen für ein Erreichen der Talsohle am Arbeitsmarkt“, erklärte Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA), mit Blick auf den Rückgang der Arbeitslosenzahl um 70.000 auf 2,955 Millionen. „Eine Trendwende sehe ich noch nicht.“ Üblicherweise sinkt die Arbeitslosigkeit im Herbst, wenn nach dem Sommerurlaub die Betriebe wieder mehr neues Personal einstellen und das neue Ausbildungsjahr beginnt. Um diese jahreszeitlichen Schwankungen bereinigt legte die Arbeitslosenzahl um 14.000 zu. Ihre verhaltene Zuversicht zieht Nahles aus dem Rückgang der Kurzarbeit und der nur noch leicht erhöhte Unterbeschäftigung.

Bis zum 24. September wurde für 36.000 Personen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt, nach 33.000 im August. Aktuelle Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme zeigen für Juli nach einer vorläufigen Hochrechnung, dass für 199.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt wurde – das sind 4.000 weniger als im Vormonat, aber 5.000 mehr als im vergangenen Juli.

Nur Verwaltung baut Stellen auf

Die Arbeitslosenquote fiel im September um 0,1 Punkte auf 6,3%, im Jahresvergleich erhöhte sich die Zahl der Arbeitslosen um 148.000 Menschen. Saisonbedingt, so mahnte Nahles, könne sie im Winter wieder über die Marke von 3 Millionen zulegen. Die Chancen, eine neue Stelle zu finden, seien derzeit so gering wie nicht einmal während der Coronapandemie. Die Unternehmen suchten weniger Personal als zuletzt: Im September waren bei der BA knapp 630.000 offene Arbeitsstellen gemeldet, das sind 66.000 weniger als vor einem Jahr. Allein in der öffentlichen Verwaltung gab es mehr offene Stellen als im Vorjahr – nämlich 13.000.

Ein etwas positiveres Bild der aktuellen Situation zeichnet eine Auswertung der Jobseite Indeed. Demnach legte die Zahl der ausgeschriebenen Stellenanzeigen im September saisonbereinigt um 1,5% zu. Allerdings, so betont Indeed-Ökonomin Virginia Sondergeld, liege der Stellenmarkt seit Jahresbeginn noch immer 13,9% im Minus und sei „zuletzt auch während der traditionellen Sommerpause stärker eingebrochen als normal üblich“. Mit einer nachhaltigen Stabilisierung sei erst 2026 zu rechnen.

Impulse fehlen

„Dem Arbeitsmarkt fehlen weiterhin die notwendigen Impulse für eine kräftigere Belebung“, sagte Nahles. Eine nachhaltige Besserung hänge stark davon ab, wie schnell die Konjunkturpakete der Bundesregierung wirkten. In erster Linie dürfte das verarbeitende Gewerbe profitieren, so dass „der rapide Jobabbau“ zumindest abgebremst werden, erwartet Michael Herzum von Union Investment. Hier seien binnen Jahresfrist rund 140.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. „Die Verschiebung von der Industrie in den Dienstleistungsbereich ist allerdings kein deutsches Phänomen, sondern weltweit zu beobachten.“ Der Trend, so Herzum, werde kaum zu stoppen sein.

DIW-Barometer nähert sich neutraler Marke

Das Berliner DIW hingegen erwartet, dass die Dienstleister „zu großen Teilen“ von den geplanten finanzpolitischen Impulse der Bundesregierung profitieren dürften. Hier zeichne sich ein Ende der Talsohle ab. Die Industrie aber habe „weiterhin Mühe, sich aus der anhaltenden Schwächephase zu hieven“, auch wenn sich die Lage zuletzt etwas aufgehellt habe. Das DIW-Konjunkturbarometer für die hiesige Wirtschaft insgesamt sprang im September um 4,3 auf 96,3 Punkte. Die neutralen 100-Punkte-Marke zeigt ein durchschnittliches Wachstum von etwa einem Drittel Prozent an. „Damit setzt sich der Aufwärtstrend fort, der bereits zum Jahresende 2024 begann, durch den Zollstreit zwischen der EU und den USA aber immer wieder unterbrochen wurde“, erklärte das DIW. 

Konsumlaune bleibt schlecht

Wegen der noch gedämpften Lage am Arbeitsmarkt blieben die Einzelhandelsumsätze schwach und das Konsumklima weiterhin eingetrübt, lautet auch die Analyse des DIW. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) haben die Einzelhändler im August preisbereinigt 0,2% weniger umgesetzt. Ökonomen hatten hingegen ein Wachstum von 0,6% prognostiziert, nachdem die Umsätze im Juli um revidiert 0,5% nachgegeben hatten. Zunächst war allerdings ein Rückgang von 1,5% gemessen worden.

„Der Umsatz verbleibt trotz des leichten Rücksetzers auf robustem Niveau“, beruhigt Alexander Krüger, Chefökonom der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Hinsichtlich neuer Aufwärtsdynamik hätten Verbraucher offenbar eine Bremse eingezogen. Das liege wohl auch an der schlechten Konsumlaune, zu der Jobsorgen derzeit hinzukämen. „Die aktuelle Diskussion um Steuererhöhungen könnte für neue Unsicherheit sorgen“, mahnt Krüger. Viele private Haushalte würden aus Vorsicht sparen, ergänzt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Dass die deutsche Wirtschaft seit dem Jahr 2023 schrumpft, gehe auch an den Verbrauchern nicht spurlos vorbei. „Da die schwierige konjunkturelle Lage in diesem Jahr in die Verlängerung geht und die Meldungen von Entlassungen die Runde machen, werden kaum nennenswerte Impulse vom privaten Konsum ausgehen“, so seine Erwartung.

Kaum Onlinekäufe

Der Umsatzrückgang im August beruht vor allem auf dem schwachen Internet- und Versandhandel. Hier melden die Statistiker ein Minus von real 2% gegenüber Juli. Der Einzelhandel außerhalb des Lebensmittelbereichs fiel um 0,6% schwächer aus. Allein im Lebensmitteleinzelhandel ergab sich ein Plus von 0,6%.


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