Konjunktur

Ifo-Umfrage schürt Inflationssorgen

Anhaltend viele Firmen wollen bald ihre Preise erhöhen. Frankreichs Notenbankchef betont angesichts zunehmender Inflationssorgen die Handlungsbereitschaft der EZB.

Ifo-Umfrage schürt Inflationssorgen

rec/ms Frankfurt

Die in Deutschland auf über 5% gestiegene Verbraucherpreisinflation dürfte dem Ifo-Institut zufolge nur langsam zurückgehen und das gesamte Jahr über dem EZB-Ziel von 2% liegen. Die Münchner Forscher begründen dies mit beinahe unverändert hohen Preiserwartungen der Unternehmen. Anzeichen für die von einigen Beobachtern befürchtete Lohn-Preis-Spirale sehen sie hingegen nicht. Unterdessen betonte Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau die Handlungsbereitschaft der Europäischen Zentralbank (EZB).

Die Inflation in Deutschland ist im Laufe des vorigen Jahres immer weiter gestiegen. Im Dezember erreichte die für europäische Vergleichszwecke ermittelte HVPI-Rate mit 5,7% ihren vorläufigen Höhepunkt, wie das Statistische Bundesamt nun bestätigte. Im Durchschnitt des Jahres 2021 waren es demnach 3,2%. Der Inflationsschub in Deutschland fällt kräftiger aus als in den meisten anderen Ländern der Eurozone. Aber auch im gemeinsamen Währungsgebiet ist der für die EZB einschlägige Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) auf den höchsten Stand seit Einführung des Euro gesprungen: Für Dezember hatte das Statistikamt Eurostat 5,0% ermittelt.

Deshalb werden Forderungen an die EZB lauter, ihre Geldpolitik schneller zu straffen. An den Finanzmärkten wird zunehmend eine erste Anhebung des EZB-Einlagenzinses von –0,5% in diesem Jahr und womöglich bereits im September eingepreist – trotz der bislang klaren EZB-Absage an einen Zinsschritt im Jahr 2022. Die EZB stellt das vor eine große Herausforderung, auch in Sachen Kommunikation. EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hatte unlängst erneut gewarnt, dass eine zu frühe Zinserhöhung den Aufschwung abwürgen könne.

Die EZB hat ihre Inflationsprognosen zwar so deutlich wie nie angehoben, vertritt aber nach wie vor die Auffassung, dass die Teuerung perspektivisch unter 2% zurückgehen wird. Die Zweifel an dieser Sichtweise nehmen allerdings zu. Die monatlichen Ifo-Umfragen zu Preiserwartungen der Unternehmen wird diese kaum zerstreuen. Demnach planen viele Unternehmen, in den kommenden drei Monaten ihre Preise zu erhöhen, um höhere Kosten für Energie und Vorprodukte weiterzugeben. Ihr Anteil ist fast genauso groß wie im November, als das Barometer ein Allzeithoch erreichte.

„Das wird bis auf die Verbraucherpreise durchschlagen“, sagt Timo Wollmershäuser, Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen. Die Inflation werde nur langsam zurückgehen, in den kommenden Monaten weiter über 4% liegen „und sich erst gegen Ende 2022 allmählich der 2-Prozent-Marke nähern“. Dagegen deuteten die bisherigen Lohnverhandlungen nicht darauf hin, dass die Lohnkosten die Inflation zusätzlich antreiben. Für das Gesamtjahr 2022 erwartet das Ifo-Institut um die 3,5% Inflation in Deutschland. Für den gesamten Euroraum ist laut EZB 2022 mit 3,2% zu rechnen. Im Anschluss soll die Inflation auf 1,8% zurückgehen.

Frankreichs Zentralbankchef François Villeroy de Galhau sagte am Mittwoch, dass die EZB handeln und ihre Geldpolitik anpassen werde, wenn sich die Inflation als hartnäckiger herausstellen sollte als gedacht. Zugleich betonte er die Einschätzung, dass die Inflation 2022 sinken werde. Ganz ähnlich hatte er sich Ende 2021 im Interview der Börsen-Zeitung geäußert (vgl. BZ vom 23.11.2021). Trotzdem wurden seine Äußerungen jetzt als noch vorsichtiger interpretiert, zumal er hinzufügte, dass der erwartete Inflationsrückgang eine Prognose und keine Gewissheit sei.

Den Aussagen von Euro-Notenbankern, die wie Villeroy de Galhau eher als geldpolitische „Tauben“ gelten, wird aktuell besondere Aufmerksamkeit zuteil, weil ihr Urteil entscheidend ist, wenn es darum geht, dass die EZB womöglich doch rascher als bislang avisiert aus den Anleihekäufen aussteigt und Richtung Zinswende marschiert. Der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot, ein „Falke“, hatte zum Jahreswechsel im Interview der Börsen-Zeitung betont, dass die EZB entschlossener agieren werde, wenn die Inflation weiter höher ausfallen sollte als gedacht (vgl. BZ vom 31.12.2021).

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