Geldpolitik

Kontroverse Debatte über EZB-Zinskurs

Wie stark hebt die EZB ihre Leitzinsen noch an? Diese Frage treibt Marktteilnehmer wie Ökonomen um. Von den EZB-Granden kommen unterschiedliche Signale. Die Spannung vor der März-Sitzung steigt.

Kontroverse Debatte über EZB-Zinskurs

ms Frankfurt

Die Debatte über den künftigen EZB-Zinskurs nimmt weiter Fahrt auf und wird zunehmend kontroverser. Bundesbankpräsident Joachim Nagel untermauerte am Donnerstag seine Forderung nach weiteren, womöglich deutlichen Zinserhöhungen – auch über die März-Sitzung hinaus. Dagegen schlug EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta eher vorsichtigere Töne an und plädierte für kleinere Zinsschritte. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane verwies auf die Gefahr, dass eine unzureichende Straffung die zu hohe Inflation verfestige, warnte aber auch vor einer Überreaktion.

Der EZB-Rat hatte Anfang Februar seine Leitzinsen erneut um 50 Basispunkte erhöht – was die kumulierten Zinsanhebungen seit Juli auf beispiellose 300 Basispunkte bringt. Für März avisierte der Rat zudem sehr klar eine weitere Zinserhöhung um 50 Basispunkte. Für die Zeit danach hielten sich die Notenbanker aber sehr bedeckt. Das hatte zunächst Spekulationen geschürt, dass bereits im März Schluss sein könnte mit Zinserhöhungen – spätestens aber im Mai bei einem Einlagensatz von dann womöglich 3,25%. Inzwischen preisen die Märkte wieder mehr ein.

Bundesbankchef Nagel plädierte nun erneut für weitere Zinsschritte im Kampf gegen die hohe Inflation. Im März müsse sicherlich ein deutlicher, robuster Zinsschritt folgen, sagte Nagel auf einer Veranstaltung des DIW Berlin. „Und ich sehe aus heutiger Sicht nicht, dass die Inflationsraten, insbesondere bei der Kerninflationsrate, sich so stark zurückbilden sollten, dass diese Wegstrecke dann beendet sein würde nach März.“ Da werde noch einiges zu tun sein. Vergangene Woche hatte Nagel auch im Interview der Börsen-Zeitung davor gewarnt, zu früh nachzulassen (vgl. BZ vom 8. Februar). Der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot liebäugelt auch für Mai bereits mit 50 Basispunkten.

Aus Sicht von EZB-Direktoriumsmitglied Panetta dagegen sollte die EZB angesichts der sinkenden Inflation allmählich einen Gang zurückschalten. Die Zinsen bewegten sich inzwischen in dem sogenannten restriktiven Bereich, bei dem eine Volkswirtschaft gebremst wird, sagte er in London. Es komme jetzt auf das Ausmaß und die Dauer der Straffung an. „Indem wir unsere Leitzinserhöhungen glätten – das heißt sich in kleinen Schritten zu bewegen –, können wir sicherstellen, dass wir beide Elemente im Lichte der eingehenden Informationen und unserer Reaktionsfunktion genauer kalibrieren.“

EZB-Chefvolkswirt Lane sprach in London mit Blick auf die weitere EZB-Politik von „zweiseitigen Risiken“: „Eine unzureichende Straffung würde dazu führen, dass die Inflation dauerhaft über unserem Zielwert liegt, während eine übermäßige Straffung zu einem Überschießen und einer Rückkehr zu einer dauerhaft unter dem Zielwert liegenden Inflation führen könnte.“ Laut Modellen werde die Inflation infolge der Straffung 2023 um schätzungsweise 1,2 und 2024 um 1,8 Prozentpunkte niedriger ausfallen, sagte er. Das reale BIP-Wachstum würde im Durchschnitt über drei Jahre um geschätzt 1,5 Prozentpunkte gedrückt. „Dies sind beträchtliche Auswirkungen.“

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