Länder stehen beim Investitions-Booster auf der Bremse
Länder bremsen Investitions-Booster
Widerstand gegen hohe Steuerausfälle – Bund soll kompensieren – Kabinett beschließt Unternehmensteuerreform
Noch vor der Sommerpause will die Schwarz-Rote Koalition ihre Steuerentlastungen für Unternehmen ins Gesetzesblatt bringen. Union und SPD sind sich im Bund über den Investitions-Booster einig. Die Länder signalisieren nun aber parteiübergreifend Widerstand. Ob der Zeitplan hält, hängt entscheidend von ihnen ab.
Von Angela Wefers, Berlin
Die Bundesregierung macht Tempo beim Investitions-Booster, doch die Länder bremsen parteiübergreifend mit Blick auf die hohen Steuerausfälle. Ob die erhöhten Abschreibungsmöglichkeiten noch in diesem Jahr wirken können, hängt von der Zustimmung der Länder im Bundesrat ab. Die Regierungschefs von Thüringen und Rheinland-Pfalz, Mario Voigt (CDU), und Alexander Schweitzer (SPD) dringen auf Kompensation für die Steuerausfälle bei Ländern und Gemeinden durch den Bund.
„Wer bestellt, bezahlt“
„Ein Investitions-Booster ist sinnvoll – aber wer bestellt, muss auch bezahlen“, sagte Voigt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Ähnlich äußerte sich Schweitzer im Deutschlandfunk. Die Passage „Wer bestellt, bezahlt“ hat Schwarz-Rot in den Koalitionsvertrag geschrieben.

Das Kabinett hatte am Mittwoch die Unternehmensteuerreform beschlossen. Der Gesetzentwurf für ein steuerliches Investitionssofortprogramm steht bereits an diesem Donnerstag in erster Lesung auf der Tagesordnung des Bundestags. Größte Entlastung für die Wirtschaft bringt die Super-Abschreibung von 30% auf bewegliche Wirtschaftsgüter für drei Jahre. Danach sinkt der Körperschaftsteuersatz von 2028 an jährlich um einen Punkt von 15% auf 10%. Zudem werden Abschreibungen auf Elektrodienstwagen befristet angehoben und die Forschungszulage von 2026 an ausgeweitet.
Klingbeil verspricht Wachstum
„Wir kurbeln mit unserem Wachstumsbooster jetzt die Wirtschaft an", erklärte Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD). „Nach gerade einmal vier Wochen im Amt legen wir damit die ersten wichtigen Reformen vor, um für neue wirtschaftliche Stärke zu sorgen.“ Die Regierung gebe der Wirtschaft die „dringend notwendige Planungssicherheit“ und schaffe „starke Investitionsanreize“. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) kündigte weitere Entlastungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit an: bei Energiekosten, Bürokratieabbau und durch schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Mit der Entlastung sende die Regierung ein „Aufbruchssignal“.
Zeitdruck vor der Sommerpause
Steuergesetze benötigen die Zustimmung des Bundesrats. Bis spätestens 11. Juli müssten sich Bund und Länder einigen. Dann tagt der Bundesrat das letzte Mal vor der Sommerpause. Diverse Ländervertreter waren an den Koalitionsverhandlungen beteiligt, darunter Schweitzer. Nach Lesart der Bundesregierung hatten sie dort Zustimmung zum Investitions-Booster signalisiert. Schweitzer forderte nun genügend Zeit, um den Gesetzentwurf gründlich zu beraten.
Zudem dringen die Bundesländer auf Kompensation bei den Steuerausfällen. „Wir brauchen eine Botschaft für unsere Kommunen, die das ansonsten nicht verkraften werden“, sagte Schweitzer. Bund, Länder und Gemeinden werden in der Spitze in einem Jahr bis zu 12 Mrd. Euro einbüßen. Gemessen an den Anteilen am Steueraufkommens sind die Gemeinden hart getroffen. Obwohl sie nur rund 15% des Steueraufkommens auf sich vereinen, müssten sie 2027 knapp 40% der Mindereinnahmen schultern. Denn die Abschreibungserleichterung macht sich besonders bei der Gewerbesteuer bemerkbar, die allein den Kommunen zusteht.
Gemeinden investieren viel
Dabei investieren die Kommunen besonders viel. Laut Sachverständigenrat für Wirtschaft gab die öffentliche Hand 2023 dafür 2,8% des Bruttoinlandprodukts aus: die Gemeinden schultern dabei knapp 38%, gefolgt vom Bund mit mehr als 33% und den Ländern mit 29%. „Ein Booster für die Unternehmen kann nicht dadurch eingekauft werden, dass auf der anderen Seite die kommunale Auftragslage einbricht und die Unternehmen diese Aufträge nicht mehr bekommen“, mahnte Schweitzer.
Viel abzugeben hat der Bund nicht mehr. Bereits früher hatte er zunehmend Anteile am Steueraufkommen in den Verhandlungen mit den Ländern eingebüßt. Hatte er anfangs noch Anspruch auf mehr als die Hälfte, sind es aktuell nur noch 39%. Den Ländern stehen fast 42% zu. Zudem setzt die Erholung beim Steueraufkommen nach einer Wirtschaftsflaute bei den Ländern schneller ein als beim Bund. Dies liegt an der Steuerarten der Gebietskörperschaften, die zügiger auf Konjunkturschwankungen reagieren.