Heikler Besuch

Pelosi betont Solidarität mit Taiwan

Die US-Politikerin Nancy Pelosi hat bei ihrem Besuch in Taiwan kein Blatt vor den Mund genommen und der von China bedrängten Insel volle Unterstützung der USA zugesagt. Peking reagiert mit weiteren Strafandrohungen und warnt Politiker anderer Länder davor, ähnliche Taiwan-Reisen zu unternehmen.

Pelosi betont Solidarität mit Taiwan

nh/hip Schanghai/London

Der weltweites Aufsehen erregende Be­such der US-Politikerin Nancy Pelosi in Taiwan weckt zum Zorn der chinesischen Regierung Erwartungen, dass er Nachahmer findet und auch höherrangige Politiker aus anderen Ländern zu Besuchen der von China beanspruchten, aber unabhängig regierten Insel anregt. Pelosi, die im Laufe des Mittwochs mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen sowie einer Reihe von Parlamentariern, Indus­trievertretern und auch Menschenrechtskritikern zusammengetroffen war, ließ bei einem Redeauftritt in Taipeh keinen Zweifel am Charakter ihrer Mission als einer demonstrativen Unterstützung der von China zusehends bedrängten Demokratie Taiwans aufkommen.

„Amerika hat ein felsenfestes Versprechen gemacht, Taiwan zur Seite zu stehen, und dieser Besuch soll das bekräftigen“, sagte die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses im Beisein von Tsai. „Die Solidarität der Vereinigten Staaten mit Taiwan ist gegenwärtig wichtiger denn je“, sagte Pelosi weiter. „Wir werden unser Engagement für Taiwan nicht aufgeben und sind stolz auf unsere Freundschaft.“ Seitens der taiwanesischen Regierungschefin hieß es, die Visite Pelosis zeige eine gefestigte internationale Unterstützung für Taiwan, das sich dem Druck einer bereits jahrelang geführten Kampagne Pekings gegenübersehe. Trotz der willkürlich gesteigerten militärischen Bedrohung durch China werde man nicht zurückstehen, so Tsai weiter.

Die chinesische Regierung hatte noch am Dienstagabend nach der Ankunft von Pelosi in Taipeh als erste Maßnahme wegen der „Provokation“ ein mehrtägiges militärisches Übungsmanöver rund um die Insel Taiwan verkündet, das alle bisher üblichen Dimensionen sprengt und von Raketentests begleitet werden soll. Damit dürften bis zum Sonntag erhebliche Behinderungen des Schiffsverkehrs in der als globale Handelsroute extrem wichtigen und die Insel vom chinesischen Festland separierenden Meerenge sowie Störungen des Flugverkehrs anfallen. Westliche und taiwanesische Militärexperten äußern allerdings die Befürchtung, dass die chinesische Armee die Operation dahingehend ausweiten könnte, über längere Zeit hinweg eine Seeblockade zu errichten, um taiwanesische Handelswege einzuengen und damit weiterführenden Druck auf die Regierung in Taipeh auszuüben.

Chinas Außenminister Wang Yi bezeichnete Pelosis Besuch am Mittwoch als eine „komplette Farce“ und warnte, dass diejenigen, die Chinas Interessen in der Taiwan-Frage verletzten, hart bestraft würden. Im täglichen Briefing des Pekinger Außenministeriums wurde zusätzlich der Eindruck erweckt, dass die Regierung abseits der ersten militärischen Reaktion eine Reihe von weiteren, zeitlich gestaffelten Strafmaßnahmen plant, die eine abschreckende Wirkung auf Versuche einer Weiterführung politischer Beziehungen Taiwans mit den USA und anderen Ländern erzielen sollen. Dabei bat eine Ministeriumssprecherin auf Fragen heimischer Journalisten förmlich um Geduld. China werde in jedem Fall zusätzliche Maßnahmen ergreifen.

Besonders sensibel scheint Peking auf eine Äußerung Pelosis zu reagieren, der zufolge sie hofft, dass ihr Besuch Nachahmer finden wird und ausländische Politiker vermehrt zu Besuchen in Taiwan eintreffen werden. Mittlerweile verdichten sich Gerüchte, dass eine Delegation britischer Parlamentsabgeordneter einen Taiwan-Besuch erwägt, auf die am Mittwoch Chinas Botschafter in London heftig reagierte. „Wer mit dem Feuer spielt, wird sich verbrennen“, sagte Zheng Zeguang, auf einer Pressekonferenz. Er warnte Großbritannien, „nicht nach der amerikanischen Pfeife zu tanzen und in die Fußstapfen der Vereinigten Staaten zu treten“ und drohte mit „schwerwiegenden Konsequenzen“, sollten britische Abgeordnete es wagen, ebenfalls nach Taiwan zu reisen.

Der „Guardian“ hatte am Montag berichtet, dass der auswärtige Ausschuss des Unterhauses eine Reise auf die Insel plant. Die Briten sollten die „extreme Sensibilität“ der Taiwan-Frage nicht unterschätzen, drohte Zheng. Ihre Politiker sollten aufhören, sich Geschichten aus­zudenken und Falschheiten über die sogenannte Bedrohung durch China zu verbreiten, verlangte er. Der hochrangige Parteifunktionär, der ur­sprünglich aus Guangdong stammt, fungierte unter anderem als stell­vertretender Außenminister und stellvertretender Bürgermeister von Nanking.

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