Geldpolitik

Schweizer Notenbank legt im Inflations­kampf nach

Auch in der Schweiz beunruhigt die Inflation die Notenbank immer stärker. Die Schweizerische Nationalbank beschließt deshalb die dritte Zinserhöhung binnen sechs Monaten.

Schweizer Notenbank legt im Inflations­kampf nach

dz Zürich

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat den Leitzins zum Abschluss des Jahres ein weiteres Mal um einen halben Prozentpunkt auf 1% erhöht. Die Maßnahme war erwartet worden, obschon sich die Inflation im November auch in der Schweiz abgeschwächt hat und mit aktuell 3% auf einem im internationalen Vergleich immer noch relativ niedrigen Niveau bewegt.

Doch die SNB sieht ihren Auftrag, die Preisstabilität zu gewährleisten, erst dann erfüllt, wenn die Teuerung unter die Marke von 2% gefallen ist. Dass der Weg dahin noch ziemlich lang ist, zeigt die Notenbank anhand ihres wichtigsten geldpolitischen Orientierungsinstrumentes, der be­dingten Inflationsprognose.

Nach dieser Prognose wird die Teuerung in der Schweiz im kommenden Jahr bei 2,4% verharren und erst 2024 knapp unter die von der SNB festgelegte Obergrenze zurückgleiten (1,8%). „Ohne die heutige Zinserhöhung wäre die Inflationsprognose in der mittleren Frist noch höher“, erklärt die Nationalbank in der Medienmitteilung das Konzept der bedingten Inflationsprognose. SNB-Chef Thomas Jordan wurde auf der vierteljährlichen Pressekonferenz in Bern noch etwas deutlicher: Die Geldpolitik sei zu expansiv. Deshalb wäre die Inflation in ein bis zwei Jahren ohne die Leitzinserhöhung wieder stärker angestiegen.

Um festzustellen, ob die Geldpolitik expansiv oder restriktiv wirkt, orientieren sich die Notenbanken an einem theoretischen Gleichgewichtszins. Bei diesem Zinsniveau wird die Wirtschaft durch die Geldpolitik weder gebremst noch angetrieben. Wo dieser Zinssatz genau liegt, vermag zwar niemand mit Bestimmtheit zu sagen. Indessen lassen Jordans Aussagen den Schluss zu, dass die Nationalbank diesen Gleichgewichtszins für die Schweiz auch jetzt noch über dem aktuellen Leitzins sieht.

Jordan sagte denn auch, dass der „zugrunde liegende Inflationsdruck“ nochmals angestiegen sei, wenn auch vor allem aufgrund der hohen Inflation im Ausland. Es sei deshalb nicht auszuschließen, dass weitere Zinserhöhungen nötig würden.

Noch im Juni hatte der Leitzins der SNB bei −0,75% gelegen. Die drei seither erfolgten Zinsschritte haben den Gang der Schweizer Wirtschaft aber noch kaum sichtbar verlangsamt. Die Arbeitslosenquote lag im November bei 2%, nur minimal höher als im Monat davor. Den 91000 gemeldeten Arbeitslosen stehen immerhin mehr als 56000 offene Stellen gegenüber. Die Nationalbank veranschlagt das Wirtschaftswachstum im ausgehenden Jahr mit 2%.

In diesem Umfeld habe sich das Verhalten der Firmen merklich verändert, konstatierte Jordan. Die Preise würde möglichst schnell erhöht und Preiserhöhungen von Zulieferfirmen vielerorts anstandslos akzeptiert. Die stark gestiegenen Energiepreise und die durch eine Angebotsverknappung entstandenen Preissteigerungen bei anderen Produkten seien inzwischen auf viele andere Güter übergegangen.

Vor diesen Zweitrundeneffekten hat die Nationalbank offensichtlich gehörig Respekt. Auch deshalb erhöht sie den Leitzins jetzt im gleichen Maß wie die Amerikaner, die Briten und die Europäische Zentralbank, obschon diese mit Inflationsraten in doppelter und fast dreifacher Höhe zu kämpfen haben. Im kommenden Jahr sollte die geldpolitische Bremse aber wirksam werden. Die Nationalbank rechnet für 2023 nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 0,5%.