Handelsgespräche

US-Regierung vertröstet EU-Delegation in Subventionsstreit

Ohne greifbare Ergebnisse kehrt eine hochrangige Delegation der EU-Kommission aus den USA zurück. Handelskommissar Dombrovskis macht Druck. In der deutschen Wirtschaft nimmt die Unruhe zu.

US-Regierung vertröstet EU-Delegation in Subventionsstreit

rec/ms Brüssel/Frankfurt

Vertreter der deutschen Wirtschaft reagieren ernüchtert auf das aus ihrer Sicht kaum erfolgreiche europäisch-amerikanische Handelstreffen in den USA. Die Regierung in Washington ist konkrete Zugeständnisse im Streit über Subventionen, die europäische Firmen im US-Geschäft schon bald benachteiligen dürften, schuldig geblieben. Das gibt jedenfalls der für Handel zuständige EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis zu verstehen: „Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Wir müssen noch dieses Jahr Ergebnisse sehen.“

Am Montagabend (Ortszeit) hatte die von den Vizekommissionschefs Dombrovskis und Margrethe Vestager angeführte EU-Delegation ohne greifbare Ergebnisse im Konflikt über Milliardensubventionen die Heimreise angetreten. Im Zentrum der Kontroverse steht das US-Inflationsbekämpfungsgesetz. Der sogenannte Inflation Reduction Act macht hiesigen Unternehmen große Sorgen, denn sie fürchten erhebliche Wettbewerbsnachteile. So erhalten Autokäufer in den USA ab Januar Steuergutschriften, wenn sie Autos aus heimischer Produktion kaufen.

Der unter US-Präsident Joe Biden ins Leben gerufene Handels- und Technologierat mit der EU-Kommission soll solche Probleme klären. Man sei nun optimistischer als vorher, sagte Dombrovskis zwar. Aber nun sei es wichtig, zu Verpflichtungen zu kommen – und zwar bis Jahresende. „Die EU fordert Fairness, nichts weiter“, sagte Dombrovskis. Auch die EU subventioniere Elektroautos, „aber wir diskriminieren nicht. Dasselbe erwarten wir von den USA.“

„Rechtliche Schritte prüfen“

Die Ergebnisse des Treffens bleiben hinter den Erwartungen zurück. Aus Sicht der deutschen Industrie liefen die Gespräche zum Inflation Reduction Act „enttäuschend“, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Der Außenwirtschaftschef des Maschinenbauverbands VDMA, Ulrich Ackermann, monierte neben manchem Lichtblick, der Handels- und Technologierat müsse „mit größerer Dringlichkeit Themen wie den Abbau von Handelshemmnissen voranbringen“. Einstweilen hat sich die US-Regierung lediglich auf folgende Bemerkung in einer gemeinsamen Erklärung eingelassen: „Wir erkennen die Bedenken der EU an und unterstreichen unsere Verpflichtung, sie konstruktiv anzugehen.“

Der Konflikt treibt auch führende Ökonomen um. Der Präsident des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und frühere Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, rät den Europäern dazu, handelsrechtliche Konsequenzen in Erwägung zu ziehen. Zugleich warnt er sie davor, selbst protektionistische Maßnahmen zu ergreifen. „Die EU sollte den US Inflation Reduction Act kritisch analysieren und gegebenenfalls mögliche handelsrechtliche Schritte prüfen“, sagte Schmidt der Börsen-Zeitung. Aus dem EU-Parlament gibt es Forderungen nach einer Klage vor der Welthandelsorganisation WTO. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lehnt das aber bislang ab. „Protektionismus mit Protektionismus zu beantworten wäre hingegen der falsche Weg“, sagte Schmidt weiter. „Denn in einem Subventionswettlauf zwischen den USA und Europa kann es nur Verlierer geben, da für beide Seiten ein intensiver Handel und die damit verbundene Arbeitsteilung enorme Vorteile bieten.“

Auch BDI-Chef Russwurm erneuerte Bedenken, dass es zu einem „für beide Seiten schädlichen Subventionswettlauf“ zwischen der EU und den USA kommt. Hintergrund sind auch jüngste Einlassungen von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. In einer Rede hatte sie am Wochenende für ein neues EU-Subventionsprogramm für die grüne Transformation plädiert, was breite Kritik nach sich zieht.

Ein Sprecher der EU-Kommission stellte am Dienstag klar: „Niemand will einen Subventionswettlauf.“ Das Thema einer aktiveren Industriepolitik in der EU werde auf der Tagesordnung des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs Mitte Dezember stehen, hieß es. RWI-Chef Schmidt rät der EU: „Die EU sollte ihre Anstrengungen vielmehr darauf richten, ihre Attraktivität als Investitionsstandort zu erhöhen, etwa durch die Beschleunigung von Planungsverfahren und den Abbau bürokratischer Hürden.“

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