Konjunktur

Viel Zuversicht für Euro-Wirtschaft

Die Eurozone hinkt in Sachen wirtschaftlicher Erholung insbesondere den USA und China hinterher. Mit den Fortschritten bei den Impfungen wächst nun aber die Hoffnung auf eine baldige und spürbare Erholung.

Viel Zuversicht für Euro-Wirtschaft

ms Frankfurt

Der Konjunkturoptimismus für die Euro-Wirtschaft nimmt immer mehr zu. Anleger im Euroraum bewerten die wirtschaftlichen Aussichten im Währungsraum nun so zuversichtlich wie seit mehr als drei Jahren nicht mehr, wie das Analysehaus Sentix am Montag mitteilte. Zugleich äußerte auch EZB-Chefvolkswirt Philip Lane die Hoffnung, dass die Euro-Wirtschaft an einem „Wendepunkt“ zu raschem Wachstum stehe – wenngleich er warnte, dass die Erholung von der Corona-Pandemie dauern werde. Die Europäische Zentralbank (EZB) hält deswegen an ihrer ultralockeren Geldpolitik fest – und hat in der vergangenen Woche erneut in großem Stil Anleihen aufgekauft.

Debatte über PEPP-Zukunft

Die Euro-Wirtschaft hinkt in Sachen Erholung bislang insbesondere jenen in den USA und China hinterher – nicht zuletzt weil die Impfkampagne zunächst nicht wie erhofft in Gang gekommen war und viele Länder deswegen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus immer wieder verlängert oder verschärft hatten. Inzwischen nimmt das Impftempo aber deutlich zu und die Länder beginnen mit Lockerungen – was für wirtschaftliche Zuversicht sorgt. Das heizt zugleich aber die Diskussion an, wie viel Unterstützung die Wirtschaft noch seitens der Fiskal- und Geldpolitik braucht. Insbesondere in der EZB ist eine Debatte über die Zukunft des Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP entbrannt.

Sentix teilte nun am Montag mit, dass der Konjunkturindex für die Eurozone im Mai um 7,9 Punkte auf 21,0 Zähler gestiegen ist. Dies ist nicht nur der dritte Zuwachs in Folge, sondern auch der höchste Wert seit März 2018. Erwartet worden war nur ein minimaler Anstieg um 0,9 Punkte. „Die Rezession durch die Coronakrise ist damit überwunden“, sagte Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner zu den neuen Daten. Ricardo Amaro, leitender Volkswirt bei Oxford Economics, hob insbesondere die Verbesserung der Lagebeurteilung hervor, die mit 6,3 Punkten nicht nur wieder ein positives Niveau erreichte, sondern den höchsten Stand seit März 2019. „Die Investoren entwickeln zunehmend das Gefühl, dass das Schlimmste der Krise in der Eurozone nun hinter uns liegt“, so Amaro. Die Erwartungskomponente erreichte mit 36,8 Zählern gar ein Allzeithoch.

Laut Sentix zeigt sich inzwischen in allen Weltregionen eine hervorragende Konjunkturbilanz. Der Gesamtindex für die USA beispielsweise stieg im Mai zum 13. Mal in Folge und erreichte ein Allzeithoch. „Die globale Konjunktur beginnt nun deutliche Anzeichen einer Überhitzung zu zeigen. Dies dürfte die Notenbanken auf den Plan rufen, die Dynamik zu bremsen“, warnte Hübner. Tatsächlich nimmt insbesondere in den USA die Debatte über eine drohende Überhitzung der Wirtschaft zu. Die US-Notenbank Fed aber weist bislang solche Sorgen entschieden zurück und sieht den jüngsten Inflationsanstieg als temporär an – genau wie die EZB.

Für die EZB zeigte sich nun Chefvolkswirt Lane optimistisch. „Ich denke, wir sind jetzt im Mai und Juni an einem Wendepunkt“, sagte Lane der französischen Tageszeitung „Le Monde“: „Von nun an wird die Wirtschaft schnell wachsen.“ Lane fügte indes hinzu, dass das „von einem gedämpften Niveau ausgehend“ geschehe. Selbst bei einem nun recht schnellen Wachstum werde die Wirtschaft erst im Frühjahr 2022 wieder ihr Vorkrisenniveau erreichen. Jeder müsse sich vor Augen führen, „dass die wirtschaftliche Erholung kein superschneller Prozess sein wird“, sagte Lane. Eine nachhaltige Unterstützung durch Staaten und Geldpolitik bleibe erforderlich.

Die EZB ihrerseits unterstützt die Euro-Wirtschaft in der Coronakrise insbesondere mit dem 1,85 Bill. Euro schweren Anleihekaufprogramm PEPP. Erst im März hatte der EZB-Rat dabei beschlossen, das Kauftempo im zweiten Quartal vorübergehend zu erhöhen. Die Notenbanker reagierten damit auf den spürbaren Anstieg der Euro-Anleiherenditen seit Jahresbeginn.

In der vergangenen Woche schlug das Eurosystem aus EZB und den 19 nationalen Zentralbanken erneut kräftig zu. Im Zuge von PEPP kaufte das Eurosystem in der Woche bis vergangenen Mittwoch Papiere im Wert von knapp 16,3 Mrd. Euro – nach 19 Mrd. Euro in der Woche zuvor. Insgesamt, also inklusive des Anleihekaufprogramms APP, erwarb das Eurosystem Anleihen im Wert von 24,2 Mrd. Euro – nach zuvor 21,3 Mrd. Euro. Der Großteil der Käufe entfällt auf Staatsanleihen.

Inzwischen tobt aber bereits eine Debatte über die Zukunft von PEPP. Einige Notenbanker wie der Niederländer Klaas Knot liebäugeln damit, die PEPP-Käufe ab dem dritten Quartal wieder zu drosseln und tatsächlich im März 2022 auslaufen zu lassen. Andere warnen dagegen davor, die Hilfen zu früh zurückzufahren. Die Entscheidung, was nach dem zweiten Quartal passiert, steht bei der Zinssitzung am 10. Juni an. Lane sagte dazu nun: „Wir können unsere Ankäufe erhöhen oder verringern, je nachdem, was erforderlich ist, um die Finanzierungsbedingungen günstig zu halten.“