Opposition fordert Steuersenkungen

Wahl in Japan weckt Schuldenängste

Aufgrund der Inflationssorgen vieler Bürger droht Japans Minderheitsregierung bei der Wahl am 20. Juli auch in der zweiten Parlamentskammer ihre Mehrheit zu verlieren. In der Folge könnte sie Steuern senken und mehr Schulden machen.

Wahl in Japan weckt Schuldenängste

Wahl in Japan weckt Schuldenängste

Mögliche Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung treiben Anleiherenditen hoch

mf Tokio

Die Renditen von langlaufenden Staatsanleihen (JGBs) in Japan sind auf vieljährige Hochs gestiegen, weil Investoren befürchten, dass es nach der Oberhauswahl am kommenden Sonntag zu Steuersenkungen kommt. In der Folge könnte Japans rekordhohe Staatsverschuldung wieder schneller wachsen. Ein höheres Angebot an Staatspapieren würde dann die Volatilität am Anleihemarkt vergrößern und die Renditen weiter nach oben treiben. 30-jährige JGBs rentierten am Dienstag mit dem Rekord von 3,2% und 20-jährige JGBs mit dem höchsten Stand seit Ende 1999 von 2,65%.

Unpopuläre Regierung

Eine aktuelle Umfrage der Zeitung Asahi deutet auf Stimmenverluste für die Minderheitsregierung von Premier Shigeru Ishiba bei der Oberhauswahl hin. Danach wird seine Koalition aus LDP und Komei-Partei nur 43 der 125 Sitze gewinnen, die zur Wahl stehen. Zwar wird nur die Hälfte des Oberhauses neu gewählt, aber die Koalition würde ihre bisherige Mehrheit in der zweiten Parlamentskammer verlieren. Die Prognose schließt nicht aus, dass die Regierung ihre Mehrheit behält, da 40% der Befragten angaben, sich noch nicht entschieden zu haben.

Alle drei führenden Oppositionsparteien plädieren in unterschiedlicher Form für eine Senkung der Mehrwertsteuersätze von 8% auf Nahrungsmittel und 10% auf alle Dienste und Waren. Damit reagieren sie auf die Hauptsorge der Wähler, die nach der Rückkehr der Inflation ins Land unter realen Kaufkraftverlusten stöhnen. Seit über drei Jahren wachsen die Löhne langsamer als die Preise. Eine Idee ist die Senkung des Steuersatzes für Nahrungsmittel auf bis zu 0%. Die populistische rechtsgerichtete Sansei-Partei, die in Umfragen nach oben geschnellt ist, will die Mehrwertsteuer vollständig abschaffen.

Barzahlung statt Steuersenkung

Premier Ishiba hat der Opposition „unverantwortliches“ Handeln vorgeworfen, weil sie keine Vorschläge zur Gegenfinanzierung ihrer Forderungen gemacht hat. Der Regierungschef verspricht seinerseits eine Einmalzahlung von 20.000 Yen (118 Euro) an jeden Bürger, die sich schneller umsetzen ließe. Die Kosten von 3,5 Bill. Yen (20,6 Mrd. Euro) will er über Budgetreserven aus Steuermehreinnahmen finanzieren. Yoshihiko Noda, Vorsitzender der größten Oppositionspartei CDPJ, warf Ishiba den Kauf von Wählerstimmen vor.

Den Investoren macht noch ein zweites Szenario für den Wahlausgang zu schaffen, wonach der unpopuläre Ishiba im Falle eines schlechten Abschneidens zurücktreten muss. In diesem Falle hätte seine Hauptkonkurrentin in der LDP, Sanae Takaichi, gute Chancen auf die Nachfolge. Sie sprach sich in der Vergangenheit für höhere Staatsausgaben und Investitionsprogramme aus.

Verbesserte Staatsfinanzierung

Die Analysten von Morgan Stanley MUFG bezeichneten die fiskalischen Sorgen als „übertrieben“. Nach ihrer Einschätzung hat sich Japans Haushaltslage aufgrund der Erholung des nominalen Bruttoinlandsproduktes deutlich verbessert. Die gestiegenen Steuereinahmen deckten nun fast den Haushalt ohne Schuldendienst ab. Die Senkungsvorschläge der Opposition für den Umsatzsteuersatz auf Nahrungsmittel würden nicht unverändert umgesetzt werden, meinten die Analysten.

Kommentar zum Thema: Die Angst vor den Wahlen

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