Handelspolitik

Yellen geißelt Chinas Industriepolitik

In Washington geht die Sorge vor dem gezielten Aufbau von Überkapazitäten in chinesischen Industriesektoren um. Finanzministerin Janet Yellen warnt in Peking vor Versuchen, US-Märkte mit künstlich verbilligten Exportprodukten zu überschwemmen.

Yellen geißelt Chinas Industriepolitik

Yellen geißelt Chinas Industriepolitik

Sorge um Überkapazitätsproblem bei Elektroautos und Umwelttechnik

Im handels- und industriepolitischen Schlagabtausch zwischen den USA und China setzt US-Finanzministerin Janet Yellen eine Warnung an die Adresse der Pekinger Regierung. Washington wird nicht akzeptieren, dass die Perspektiven wichtiger heimischer Industriesektoren durch eine neuerliche Schwemme von chinesischen Exportgütern in Bereichen wie Elektromobilität und Umwelttechnik unterlaufen werden. Dies sagte die US-Politikerin am Montag auf einer Pressekonferenz in Peking.

Peking sorgt für Überkapazität

Yellen fokussiert ihre Kritik vor allem auf massive staatliche Unterstützungs- und Subventionsmechanismen in China, mit denen Peking globale Dominanz in neueren Industriesegmenten wie der Elektromobilität, Solarenergie und anderen Umwelttechnologiebereichen anstrebt. Chinas Produktionskapazitäten seien in den vergangenen Jahren gezielt in einem Maße hochgefahren worden, das Chinas Binnennachfrage nach solchen Gütern bei weitem übersteige.

Mit dem Überkapazitätsproblem verbindet sich die Gefahr, dass globale Märkte mit künstlich verbilligten chinesischen Produkten überflutet würden, betonte Yellen am Montag. In der Vergangenheit habe es zahlreiche Beispiele dafür gegeben, wie China mit solchen Praktiken Industriezweige und Arbeitsplätze in den USA und anderen Ländern gefährde, erklärte sie mit besonderem Verweis auf den Stahlsektor. Sie habe in Peking klargemacht, dass die US-Administration unter Präsident Joe Biden solche Vorgehensweisen nicht zulassen werde.

Yellen hat nun bereits zum zweiten Mal binnen neun Monaten eine mehrtägige China-Visite unternommen, um im Dialog mit führenden chinesischen Regierungsvertretern bilaterale Konfliktpunkte anzusprechen. Die in China hoch angesehene vormalige US-Zentralbankpräsidentin hatte bei einem Besuch im Juli vergangenen Jahres mit zurückhaltender Rhetorik und dem Fokus auf wirtschaftliches Kooperationspotenzial für etwas atmosphärische Entlastung gesorgt. Allerdings gelten die von geo- und technologiepolitischen Streitigkeiten geprägten Beziehungen zwischen den beiden weltgrößten Wirtschaftsnationen unter der Biden-Administration als extrem angespannt.

Verzicht auf Drohungen

Trotz deutlicher Kritik an Chinas Industriepolitik unterließ es Yellen auch diesmal, konkrete Drohungen gegenüber Peking auszusprechen. Vertreter der US-Treasury betonten am Montag, die Finanzministerin habe in ihren Unterredungen mit Spitzenvertretern, darunter Premierminister Li Qiang, keine Andeutungen zu handelspolitischen Waffen und Vergeltungsmaßnahmen etwa in Form von Strafzöllen und Importbeschränkungen gemacht.

Weitere Gesprächspartner Yellens waren Zentralbankgouverneur Pan Gongsheng, Finanzminister Lan Foan sowie der vormalige Vizepremier Liu He. Dieser hatte beim erbitterten Handelsstreit zwischen China und den USA in Zeiten der Trump-Administration die chinesische Delegation angeführt.

nh Schanghai
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.