Kommentar Handelskonflikt China-USA

Befreiung vom Liberation Day

China und USA fahren Strafzölle einstweilig zurück. Das ist ein Befreiungsschlag. Die weiteren Aussichten im Handelsstreit stimmen jedoch skeptisch.

Befreiung vom Liberation Day

China

Befreiung vom Liberation Day

Von Norbert Hellmann

China und die USA fahren Strafzölle vorerst zurück. Die Aussichten im Handelskonflikt
stimmen eher skeptisch.

Die ersten förmlichen Handelsgespräche zwischen China und USA in Donald Trumps zweiter Amtszeit haben sich gelohnt. Aus dem absurden Schlagabtausch mit gegenseitigen Strafzöllen von mehr als 100% nach Trumps sogenanntem Liberation Day Anfang April verbleiben nun vernünftiger anmutende US-Zusatzzölle von 30% und chinesische Aufschläge von 10%. In Verbindung mit zuvor bestehenden Zollraten in zahlreichen Produktkategorien landet man aber immer noch bei äußerst schädlichen Handelshemmnissen.

Vorteil China?

Die Frage nach Gewinnern im Streit der beiden führenden Wirtschaftsnationen sollte man sich tunlichst ersparen. Beide stehen auf der Verliererseite, allerdings in einem komfortableren Maße, als man es zuletzt befürchten musste. China wähnt sich in einem atmosphärischen Vorteil, der im eigenen Land gut ankommt. Man hat sich nicht eingeschüchtert gezeigt, mit exakten Gegenmaßnahmen geantwortet. Die unerschrockene Haltung dürfte dazu beigetragen haben, dass sich das ärgste Strafzollgewitter schneller als erwartet wieder verzogen hat. Es herrscht allerdings weiter eine ungemütliche Wetterlage.

Gerangel um Konzessionen

Die nun erzielte Vereinbarung gilt für 90 Tage und soll Raum für einen intensiven bilateralen Dialog zum Ausräumen von handelspolitischen Differenzen geben. Schrittmacher werden die USA sein, um Konzessionen abzuringen, die sich mit Washingtons Verständnis vom „fairen“ Warenaustausch mit deutlich reduziertem Handelsdefizit gegenüber China vereinbaren lassen. Drei Monate sind ein schmales Zeitfenster für epochale Zugeständnisse, denen sich China beim bilateralen Konflikt in Trumps erster Amtszeit zu entziehen wusste. Aller Voraussicht wird das Thema Wechselkurs mit im Zentrum stehen, die Vorstellung, dass sich China ein Währungsabkommen aufdrängen lässt, ist jedoch völlig unrealistisch. Neue Vereinbarungen zu erhöhten Rohstoff- und Agrareinfuhren seitens Chinas wären denkbar, sie haben aber damals kaum Wirkung erzielt.

Déjà-vu-Erlebnis

Der Blick zurück gibt weiteren Anlass zur Skepsis. Im April 2017 startete ein US-China Comprehensive Economic Dialogue zur Beseitigung von Handelsdifferenzen. Dem setzte Trump wegen enttäuschender Ergebnisse ein vorzeitiges Ende und setzte mit Strafzöllen nach. In der diesmaligen Choreografie stehen Strafzölle gleich am Anfang. Nun folgt ein Dialog, der Washington vermutlich ebenfalls enttäuschen wird. Ein weiteres Zollgewitter im Sommer kann wahrlich nicht ausgeschlossen werden.

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