KommentarStützungsfälle im genossenschaftlichen Finanzsektor

Ein Milliardenloch tut sich auf

Die Raiffeisenbank im Hochtaunus ist offiziell der vierte Stützungsfall in der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Alles in allem tut sich damit ein Finanzloch von 1,2 Mrd. Euro auf. Eine Vielzahl an Akteuren muss sich fragen lassen, wie es dazu kommen konnte.

Ein Milliardenloch tut sich auf

Stützungsfälle

Ein Milliardenloch tut sich auf

Von Tobias Fischer

Auf mittlerweile rund 1,2 Mrd. Euro summiert sich der mögliche Finanzbedarf für die vier Stützungsfälle im Genossenschaftssektor – mehr als doppelt so viel wie noch zu Jahresbeginn angenommen werden durfte. Die Raiffeisenbank im Hochtaunus, wo sich laut verlässlicher Quelle ein Finanzloch von 400 Mill. Euro auftun soll, ist nun offiziell die Nummer vier, die in die Sicherungseinrichtung des BVR aufgenommen wurde. Auch wenn sich das bereits abgezeichnet hat, steht die Frage im Raum: War es das jetzt, oder drohen weitere Genossenschaftsbanken zu kippen?

Nur ein Annäherungswert

Nun handelt es sich bei den 1,2 Mrd. Euro um einen Annäherungswert, geht es doch zuvorderst um Abschirmungen durch Garantien, die nicht notwendigerweise in Anspruch genommen werden müssen und somit der Gruppe zur Last fallen. Der tatsächliche Finanzbedarf kann also geringer ausfallen. Andererseits weiß zur Stunde niemand genau, wie hoch der Bedarf bei den Bad Homburgern letztlich sein wird, denn die Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen, wie zu vernehmen ist.

Welche Dimensionen die Finanzlöcher annehmen können, zeigt auch die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden. War hier zunächst von 280 Mill. Euro die Rede, so ist es nun glatt das Doppelte. 560 Mill. Euro an Garantien und Zuschüssen stünden bereit, von denen bislang 380 Mill. geflossen seien, sagte ein Sprecher jetzt.

Großer Reputationsschaden entstanden

Nach Lesart des BVR sind vier von 672 genossenschaftlichen Banken wenig, auch im historischen Vergleich. Vor 20 Jahren habe es sich um eine mittlere zweistellige Zahl gehandelt, führt der Verband an. Doch tröstet das nicht darüber hinweg, dass der entstandene Reputationsschaden für die gesamte Gruppe enorm ist. Die Frage stellt sich, wie es sein kann, dass schillernde Vorstände unbehelligt von internen wie externen Verantwortlichen hochgradig risikoreichen Geschäften nachgehen und ihre Institute an den Rand des Abgrunds treiben. Die Frage müssen sich die Aufsichts- und Verwaltungsräte ebenso gefallen lassen wie BVR, Prüfungsverbände und Aufseher. An Erkenntnis mangelt es im Nachhinein nicht, doch müssen alle Betroffenen ihrer Verantwortung gerecht werden.

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