Notiert inLondon

Fintech Revolut gibt Paris den Vorzug

Londons Position bei Fintech bröckelt. Revolut hat sich für Paris als Sitz seiner Westeuropa-Zentrale entschieden.

Fintech Revolut gibt Paris den Vorzug

Notiert in London

Au revoir les fintechs

Von Andreas Hippin

Revolut macht Paris zum Sitz seiner Westeuropa-Zentrale. Das Londoner Fintech-Startup, das jahrelang auf eine britische Banklizenz warten musste, ist für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron eine willkommene Trophäe. Er will die eher museale französische Hauptstadt zur Techmetropole des Kontinents machen.

In London, wo man bislang davon ausging, dass einem in Sachen Fintech keiner das Wasser reichen kann, herrscht dagegen Verunsicherung. Die globale Firmenzentrale von Revolut bleibt zwar im Bankenviertel Canary Wharf. Doch Westeuropa ist ein prestigeträchtiger Teil des Geschäfts der Firma, die an der Themse gegründet wurde und dort aufgewachsen ist.

Man muss viele Frösche küssen

Dass Revolut auf dem „Choose France“-Gipfel in Versailles ankündigte, binnen drei Jahren mehr als eine Milliarde Euro in Frankreich zu investieren, ist ein Weckruf für das erfolgsverwöhnte London. Für die französische Finanzbranche ist es eine der größten ausländischen Investitionen des Jahrzehnts.

Man muss viele Frösche küssen, lautet offenbar das Motto des Revolut-Chefs Nik Storonsky. Aus seiner Kritik an der „exzessiven Bürokratie“ in Großbritannien hat er nie einen Hehl gemacht. Der Regierung warf er vor, zwar mit großen Worten um sich zu werfen, am Ende aber wenig zu tun.

„Britcoin“ versandet

Damit hat er nicht ganz unrecht. Man erinnere sich nur an den von Premierminister Keir Starmers Vorgänger Rishi Sunak angestoßenen Hype um „Britcoin“, der sang- und klanglos versandete.

Seit dem Wahlsieg von Labour sind die Steuern und Abgaben noch gestiegen, unter denen Unternehmensgründer wie Storonsky ächzen. Für die Fintech-Verantwortlichen im Schatzamt gab es ein Warnsignal. Storonsky und sein Mitgründer Vlad Yatsenko machten schon vor einiger Zeit klar, dass sie sich nach anderen Orten für einen möglichen Börsengang umsehen.

Kandidat für Nasdaq-IPO

Dass sie nun dem Lockruf der Frösche folgten, wie die Franzosen aufgrund ihrer kulinarischen Vorlieben auf der Insel ein bisschen abfällig genannt werden, kann man ihnen nicht übelnehmen. Für das Initial Public Offering kommt aber auch Paris nicht infrage. Mit Blick auf die erzielbaren Bewertungen kann es eigentlich nur an der Nasdaq stattfinden.

Wie London im Standortwettbewerb mit Paris derzeit dasteht, wird sich in der zweiten Juniwoche zeigen. Während in der französischen Metropole die Konferenz Viva Technology mit dem Nvidia-Gründer Jensen Huang stattfindet, wirbt auch die London Tech Week um Aufmerksamkeit. Dort gehört ausgerechnet Arthur Mensch zu den Rednern, der Gründer von Mistral AI, des französischen Rivalen von OpenAI.

Partei der Beamten

Man darf gespannt sein, wer sich aus London dafür in den Eurostar setzen wird. Es stimmt ein wenig pessimistisch, dass Labour die Partei der Beamten ist, die Firmen wie Revolut zur Suche nach Alternativen motivieren. Aus der Downing Street werden keine Anreize dafür kommen, schneller oder gar mehr zu arbeiten.

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