Gelungener Drahtseilakt der Fed
Gelungener Drahtseilakt der Fed
Geldpolitik
Gelungener Drahtseilakt der Fed
Die Fed hat mit ihrem Zinsentscheid die richtige Balance in einer äußert schwierigen Situation gefunden. 2026 wird die Lage aber noch komplizierter.
Von Martin Pirkl
Die Fed befindet sich derzeit in einem Zielkonflikt, der sich nicht optimal auflösen lässt. Das Mandat der Vollbeschäftigung ruft angesichts einer immer ausgeprägteren Schwäche am Arbeitsmarkt nach einer Lockerung der Geldpolitik. Die deutlich erhöhte Inflation wiederum spricht gegen Zinssenkungen. Es gebe keinen risikolosen Ausweg aus dieser Lage, betont Fed-Chef Jerome Powell.
Die Aussage ist zweifelsohne richtig. Der Fed ist es aber auf bemerkenswerter Weise gelungen, eine Balance zwischen Lockerung und Restriktivität zu finden. Neben der erneuten Zinssenkung und dem Signal, dass es mutmaßlich 2026 zu mindestens einer weiteren kommt, hat die US-Notenbank umfangreiche Wertpapierkäufe verkündet. Diese sollen die Lage am US-Geldmarkt entspannen und einen Liquiditätsschub bereitstellen. Powell wollte auf der Pressekonferenz zwar unbedingt den Eindruck vermeiden, es handele sich dabei im Quantitative Easing, letztlich wird diese Maßnahme aber die kurzfristigen Finanzierungskosten in den USA drücken und damit leicht lockernd wirken.
Nur noch wenig Spielraum für Zinssenkungen der Fed
Auf der anderen Seiten hat die Fed klargemacht, dass zumindest ihre jetzige Führungsmannschaft nur noch wenig Raum für weitere Zinssenkungen im kommenden Jahr sieht. Den Dot Plots ist zu entnehmen, dass bereits jetzt 6 der 19 befragten Board-Mitglieder und regionalen Präsidenten der Fed das Zinsniveau für zu niedrig halten. Im Median signalisieren die Notenbanker für 2026 nur eine einzige Zinssenkung um 25 Basispunkte. Powell hat zudem die Messlatte für eine weitere Lockerung höher gelegt. Man sei gut aufgestellt, um nun abzuwarten, wie sich die US-Wirtschaft entwickelt. Eine Zinssenkung auf der nächsten Sitzung ist damit unwahrscheinlich.
Für die Finanzmärkte ist die Zurückhaltung der Fed eine gute Nachricht. Eigentlich freuen sich Investoren über niedrigere Leitzinsen. Sollte der Grund für eine geldpolitische Lockerung jedoch nicht in den ökonomischen Daten liegen, sondern aus politischem Druck und Einfluss des Weißen Hauses resultieren, wären das für die Märkte äußerst schlechte Nachrichten. Die Folge wäre eine außer Kontrolle geratene Inflation, die Investitionen und vor allem dem Konsum schadet. Die negativen Folgen dessen wären weit höher als die positiven durch niedrigere Zinsen.
Optimistische Prognosen
Aktuell lässt die Fed zum Glück nicht erkennen, dass sie den Rufen des US-Präsidenten nach deutlichen Zinssenkungen nachkommen wird. Das könnte sich freilich aber ab Juni ändern, wenn Fed-Chef Jerome Powell seinen Posten geräumt hat. Egal, ob tatsächlich Trumps Wirtschaftsberater Kevin Hassett an die Spitze US-Notenbank rückt oder doch jemand anderes, eines ist klar: Der nächste Fed-Chef wird jemand sein, der für eine ultralockere Geldpolitik steht. Die Gefahr einer zu expansiven Geldpolitik steigt damit ab Sommer erheblich. Doch alleine kann der Fed-Chef die Leitzinsen nicht festlegen. Die Zinsprognosen der Fed-Führungskräfte geben Anlass zur Hoffnung, dass sie sich gegen eine ökonomisch nicht gerechtfertigte Lockerung der Geldpolitik zur Wehr setzen. Wie erfolgversprechend dies ist, wird auch davon abhängen, ob Lisa Cook im Amt bleiben wird oder der Supreme Court im Januar die Entlassung durch Trump für rechtmäßig erklärt.
Unsicherheit geht zudem von den neuen Prognosen der Fed aus. Die sind nämlich ausgesprochen optimistisch. Für das kommende Jahr rechnen sie nun mit 2,3% Wachstum statt nur 1,8%. Neben Nachzieheffekten aufgrund des Shutdown ist KI ein Treiber dieses Optimismus. Gleichzeitig erwarten die Notenbanker zudem, dass die Inflation nicht auf 2,6% nachlässt, sondern sogar auf 2,4%. Die inflationsverstärkenden Effekte der Zölle sollten ihrer Ansicht nach auslaufen. Sollte sich dies oder die KI-Hoffnungen nicht bewahrheiten, könnte der Zinsausblick ein anderer werden.
Und das ist die schlechte Nachricht für die Finanzmärkte. Die Unsicherheit bezüglich der US-Geldpolitik ist historisch hoch. Planbarkeit, die Investoren gerne wollen, ist damit kaum gegeben.
