Homeoffice als „Red Flag“ von morgen
Homeoffice
Homeoffice
als „Red Flag“
Von Sebastian Schmid
Der Ausbruch der Corona-Pandemie, der große Teile der Beschäftigten schlagartig ins Homeoffice katapultiert hat, liegt bereits eine halbe Dekade zurück. Was damals noch wie ein unumkehrbarer Wandel der Arbeitswelt wirkte – Stichwort: „Das Büro war gestern“ – bekommt zunehmend Risse. Die Annahme war, dass das Homeoffice dauerhaft fester Bestandteil des Büroalltags bleibt, zumindest für ein paar Tage pro Woche ... diese Conclusio ist längst nicht mehr unumstritten. Im Gegenteil: Der Rückruf erschallt immer lauter.
Firmenkultur statt Jogginghose
Große amerikanische Konzerne haben in Sachen Flexibilität den Rückwärtsgang eingelegt. Jüngstes Beispiel: Blackrock. Der weltgrößte Vermögensverwalter hatte seine Leute schon 2023 wieder an vier Tagen die Woche zurück ins Büro zitiert. Jetzt legt CEO Larry Fink nach – zumindest das Senior Management soll sich wieder täglich am Schreibtisch blicken lassen. Seine Sorge: Jede noch so gute Firmenkultur könnte nach ein paar Jahren in der Jogginghose verloddern. Auch bei J.P. Morgan wurde das Führungspersonal bereits vor einer Weile zurück ins Büro beordert. Die Auffassung „Kultur braucht Präsenz“ hat zumindest im US-Finanzsektor wieder Konjunktur.
Aber ist das der Anfang vom Ende der Remote-Utopie? Ziehen bald alle Unternehmen nach, ganz egal, wie stark der Arbeitsmarkt gerade in Arbeitnehmerhand liegt? Wohl kaum. Denn: Präsenzpflicht kostet – und zwar längst nicht nur Büromiete oder Nerven. Nur wer sich ein gewisses Maß an Exklusivität leisten kann – mit üppigen Gehältern, glänzenden Karriereaussichten und einer Schlange an hervorragend qualifizierten Bewerbern vor der Tür – kann so selbstbewusst auf Homeoffice verzichten. Wer bei Blackrock nicht spurt, wird eben ersetzt. So einfach ist das (zumindest dort).
Corporate Champions League
Andere Großkonzerne wie der Onlinehändler Amazon, Europas größter Softwarekonzern SAP, die Telekom oder die Deutsche Bank stellen ebenfalls die Uhren zurück. Doch sie spielen eben auch in derselben Liga: groß, mächtig, schwer zu ignorieren. Wer nicht in der Corporate Champions League spielt, wird sich da schwerer tun.
Bleibt die Frage: Wird der Coolness-Faktor eines Arbeitgebers künftig an der Anzahl der verpflichtenden Office-Tage gemessen? Möglich. Mein Tipp: Wer bei einem Arbeitgeber anheuert, der verspricht, man könne die Hälfte des Jahres auf den Malediven arbeiten, sollte vorsichtshalber schon mal Geld für den Heimflug zurücklegen. Was gestern noch der Traum vieler Arbeitnehmer war, ist womöglich die „Red Flag“ von morgen.