Notiert inNew York

Kampf ums Schulmaskottchen auf Long Island

US-Präsident Donald Trump nutzt einen Konflikt um Schulmaskottchen, um seine anti-„ woke“-Agenda voranzutreiben. Seine Kampagne entfaltet längst auch schwere Folgen in der Realwirtschaft.

Kampf ums Schulmaskottchen auf Long Island

Notiert in New York

Trumps Kampf um Schulmaskottchen

Von Alex Wehnert

In einem Örtchen auf Long Island spitzt sich derzeit ein Konflikt zu, der sogar den US-Präsidenten auf den Plan ruft. „Lang leben die Massapequa Chiefs!“, poltert Donald Trump auf seiner Plattform Truth Social zum Wochenstart – und bezieht sich dabei auf die Sportteams der öffentlichen Schulen des 24 Meilen von New York City entfernt gelegenen Dorfes. Der Republikaner stimmt damit nicht etwa Fans auf ein Football-Duell mit der High-School-Mannschaft des Nachbarbezirks ein, sondern nutzt eine lokale Kontroverse für seinen Kampf gegen „woke“ Ideologien.

Denn das Bildungsministerium des Staates New York hat vor über zwei Jahren verfügt, dass Schulbezirke Maskottchen abschaffen müssen, die von der Kultur amerikanischer Ureinwohner inspiriert sind. Die Anordnung war Teil einer breiteren nationalen Bemühung, Logos und Spitznamen wie „Redskins“ oder „Chiefs“ abzuschaffen, die aus Sicht indigener Völker respektlos erscheinen könnten.

Sturm der Empörung

In Nassau County kam es daraufhin zu einem Sturm der Empörung: Der Schulbeirat des 6.500 Pennäler zählenden Bezirks Massapequa wies den Befehl aus Albany zurück, Schüler fertigten nahe ihrer Bildungsstätte ein Wandgemälde eines Häuptlings an und ein republikanischer Staatssenator versprach rechtliche Sonderregelungen. In einer bei einem Bundesgericht eingereichten Klage argumentierten Vertreter des Distrikts, die „Übergriffe“ der bundesstaatlichen Regierung verletzten ihre durch den ersten US-Verfassungszusatz zugesicherte Ausdrucksfreiheit. Der zuständige Richter zeigte sich davon allerdings wenig überzeugt und war zuletzt wohl im Begriff, die Klage abzuweisen – kurz darauf tritt nun Trump auf den Plan.

Der US-Präsident, den sein Zollkrieg gegen Handelspartner und seine Fehde mit Fed-Chef Jerome Powell offenbar langweilen, schickt seine Bildungsministerin, die ehemalige Wrestling-Promoterin Linda McMahon, auf den Kriegspfad. Sie solle „für die Menschen von Massapequa in dieser enorm wichtigen Angelegenheit kämpfen“ – in welcher Form genau sie aber den Tomahawk schwingen soll, ließ Trump offen. Das US-Bildungsministerium verschließt seine Ohren vor Anfragen unwürdiger Bleichgesichter.

Diversitätsprogramme eingedampft

Wenngleich das Weiße Haus verspricht, die Kontrolle über das Bildungswesen wieder stärker an die Bundesstaaten zurückführen zu wollen, mischt es sich bei Fragen der Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) doch wiederholt in schulische Angelegenheiten ein – und nicht nur dort. Amerikas Banken und Unternehmen, die ihre Bemühungen um mehr Vielfalt in den vergangenen Jahren angekurbelt hatten, sind zuletzt unter dem Druck rechter Kräfte eingeknickt. Sie streichen Diversitätsprogramme, in die sie in den vergangenen Jahren Milliardenmittel investiert haben, zusammen. Vor der US-Hauptversammlungssaison versuchen die Firmen, DEI-Kontroversen so weit wie möglich totzuschweigen – doch die Friedenspfeife dürfte in dem Konflikt so bald nicht rauchen.

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