Restrukturierung

Leoni plant ein StaRUG-Verfahren

Das vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren StaRUG könnte seinen ersten großen Anwendungsfall in Deutschland bekommen: Der Autozulieferer Leoni will darüber sanieren und hätte danach einen neuen Alleingesellschafter.

Leoni plant ein StaRUG-Verfahren

sar Frankfurt

Der Autozulieferer Leoni könnte der erste große StaRUG-Fall werden. Das Unternehmen befindet sich nach eigenen Angaben „in fortgeschrittenen Verhandlungen“ mit Finanzgläubigern sowie Investor Stefan Pierer über ein finanzielles Sanierungskonzept. Dieses soll die Finanzierung auf Basis der aktuellen Unternehmensplanung bis Ende 2026 sichern und im Rahmen des vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens (StaRUG) erfolgen. Dieses können Unternehmen nutzen, die drohend zahlungsunfähig sind. Das StaRUG ermöglicht Mehrheitsentscheidungen, so dass Restrukturierungen nicht am Veto einzelner Gläubiger scheitern. Die Zahl der Anwendungsfälle des erst zwei Jahre jungen In­struments ist mit 27 im Jahr 2022 gering. Als Paradefall für die Anwendung gelten finanzielle Restrukturierungen, die auch Schuldscheine oder Anleihen betreffen.

So auch bei Leoni, die das Konzept als „einzige verbleibende Sanierungslösung“ bezeichnet. Der Autozulieferer soll nach der Sanierung um 708 Mill. Euro entschuldet und mit 150 Mill. Euro frischer Liquidität ausgestattet sein. Zudem würde der österreichische Unternehmer und Großaktionär Stefan Pierer Alleingesellschafter. Konkret sieht der Plan so aus: Das Grundkapital will Leoni auf 0 Euro herabsetzen. Eine Gesellschaft Pierers soll dann über eine Barkapitalerhöhung mit nachfolgendem Sachagio 150 Mill. Euro einbringen, im Gegenzug bekommt Pierer neue Aktien der Leoni AG. Zusätzlich soll Pierers Gesellschaft gegen Leoni bestehende Forderungen über 708 Mill. Euro von den Gläubigern übernehmen. Diese können darauf hoffen, nach der Sanierung einen Teil des Geldes zurückzuerhalten. Ihnen wird ein Instrument zur Wertaufholung eingeräumt, das einer wirtschaftlichen Beteiligung von 45 % entspricht. Auch diese Forderungen soll Pierer im Zuge der Kapitalerhöhung mit Sachagio in Leoni einbringen. Zur Kapitalerhöhung wäre nur Pierers Gesellschaft zugelassen.

Die bisherigen Aktionäre gehen in dem Konzept leer aus. Entsprechend hält Leoni es für „nicht überwiegend wahrscheinlich“, dass die Maßnahmen die erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung erzielen. Auch einzelne Schuldscheingläubiger haben dem Sanierungskonzept noch nicht zugestimmt. Daher die Nutzung des StaRUG: Aufgrund des Verhandlungsstandes mit Konsortialbanken und „einer hinreichenden Zahl an Schuldscheingläubigern“ könnten die hierfür notwendigen Mehrheiten „bereits als gesichert gelten“, sagt Leoni. Noch braucht das Konzept allerdings die Zustimmung der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bayern sowie des Bundes, die in der Vergangenheit für Leoni gebürgt haben. Den Jahres- und Konzernabschluss 2022 will Leoni nach erfolgter Sanierung vorlegen.

Der Aktienkurs brach bis Xetra-Schluss um 87% auf 0,36 Euro ein.

Wertberichtigt Seite 2

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.