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Autoindustrie
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sichert Preismacht
Von Joachim Herr
Die Deglobalisierung wirbelt die Branche durcheinander. Manche trifft das aber weniger.
Die US-amerikanische Industrie zu stärken hatte sich auch Joe Biden als Ziel gesetzt. Der Inflation Reduction Act (IRA), den der damalige Präsident 2022 unterzeichnete, war eines der zentralen Instrumente. Allerdings hat noch kein Staatsoberhaupt der USA so radikal und offenbar so unüberlegt wie Donald Trump versucht, die heimische Wirtschaft voranzubringen. Und es gibt das Risiko, dass das Ganze in die falsche Richtung rast.
Die auf 27,5% erhöhten Zölle für Autoimporte aus der EU wirbeln die europäische Branche durcheinander. Und das, obwohl noch längst nicht feststeht, wie diese Kraftprobe zwischen den beiden großen Wirtschaftsblöcken ausgeht. Doch unabhängig vom Ergebnis verstärkt sich der Trend, dass die Autokonzerne immer mehr direkt in den einzelnen Märkten entwickeln und produzieren: Lokalisierung und Regionalisierung sind die Schlagworte.
Antworten auf chinesische Vorlieben
Diese Entwicklung haben Bidens IRA, der seit langem schwelende Handelskonflikt zwischen China und den USA sowie frühere Forderungen von Staaten nach lokaler Wertschöpfung stetig vorangetrieben. Auch die Corona-Pandemie, als die internationalen Lieferketten brüchig wurden, bereitete den Weg zur zunehmend regionalen Ausrichtung. Für die Autoindustrie kommt hinzu, dass in ihrem größten Markt China die Kunden besondere Vorlieben haben. Dort erinnert das Auto mittlerweile eher an eine Karaokebar oder Spielhölle als ein Transportmittel. Die richtigen Antworten auf die chinesische Konkurrenz finden die europäischen Hersteller deshalb nur an Ort und Stelle.
Die Globalisierung ist gestoppt. Damit stoßen die komparativen Vorteile der internationalen Arbeitsteilung an ihre Grenzen. Das beschränkt die Profitabilität der Unternehmen – ob mit oder ohne höhere Zölle – und damit auch ihre Investitions- und Innovationskraft. Zudem sieht es für die Nachfrage nach Autos in den nächsten Jahren mau aus. Konzernchefs wie Ola Källenius von Mercedes-Benz halten sich mit Vorhersagen über ihre Preispolitik zurück. Doch es liegt auf der Hand: Mit höheren Preisen ließe sich die Rentabilität steigern.
Die Zeche zahlt ein anderer
Für Volumenhersteller wie Volkswagen und Stellantis ist dies weitaus schwieriger zu lösen, weil die Nachfrage dann eher sinkt – erst recht in einem scharfen Wettbewerb. Die Preiselastizität von Luxusautos ist dagegen wesentlich geringer. Das kommt Premiumanbietern wie Mercedes-Benz und BMW zugute. Sie stärken ihre Preismacht auf längere Sicht. Doch so oder so: Die Zeche zahlt der Autokäufer – auch für das große Zollabenteuer von Trump.