Transatlantischer Drahtseilakt
Merz in Washington
Transatlantischer Drahtseilakt
Von Angela Wefers
Es wird eine schwierige Mission für Bundeskanzler Friedrich Merz. An diesem Donnerstag macht er seinen Antrittsbesuch bei US-Präsident Donald Trump in Washington. Spätestens seit dem Eklat, den Trump vor laufenden Kameras im Oval Office beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj provozierte, ist klar: Vor unangenehmen Überraschungen ist bei Trump niemand gefeit. Erfolgversprechender für einen guten Austausch ist diesmal aber der Ablauf: Erst kommt das Gespräch unter Männern, dann die TV-Show – und nicht umgekehrt.
Merz darf Trump durchaus selbstbewusst gegenübertreten. Als größter Staat in Europa und als veritable Wirtschaftskraft in der Welt ist Deutschland ein adäquater Sparringpartner für die USA. Die politische Führungsrolle auf europäischer Seite anzunehmen ist für Merz angebracht. Trumps Interesse am Dealmaking mit Berlin dürfte durchaus vorhanden sein. Über mehr als ein Abkommen mit Großbritannien ist er bisher nicht hinausgekommen.
Ukraine dürfte wichtigeres Thema als Zölle werden
Gemeinsame Themen gibt es reichlich. Die erratische Zollpolitik nutzt keiner Seite, auch wenn die Lösung zwischen Washington und Brüssel gefunden werden muss. Da wird der überzeugte Europäer Merz nicht hineingrätschen. Europa baut auch auf Unterstützung der USA für ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland, das Putin unter Druck setzen und Frieden in der Ukraine einen Schritt näher bringen könnte. Die deutschen Bemühungen, die Verteidigungsausgaben in der Nato hochzufahren, dürften von Trump positiv gewürdigt werden. Dies dürfte auch im Bestreben hilfreich sein, den militärischen Schutz der USA für Europa möglichst lang aufrechtzuerhalten.
Wie sehr es Merz gelingt, das transatlantische Verhältnis zu festigen, hängt von seiner Fähigkeit ab, Trump bei Laune zu halten. Erste Telefonate waren immerhin vielversprechend. Konkrete Ergebnisse sind von einem Antrittsbesuch kaum zu erwarten. Wenn es gelingt, die Gesprächskanäle zwischen Washington und Berlin weiter zu öffnen, ist dies immerhin ein guter transatlantischer Anfang.