Analysteneinschätzungen bleiben bestehen

Umsatzeinbuße in China bremst Hugo Boss

Die Hugo-Boss-Aktie ist am Donnerstag zeitweise um fast 10% eingebrochen. Grund waren kräftige Umsatzrückgänge in China. Selbst ein höheres operatives Ergebnis hellte die Stimmung der Anleger nicht auf.

Umsatzeinbuße in China bremst Hugo Boss

Umsatzeinbuße in China bremst Hugo Boss

Aktie verliert in der Spitze fast 10 Prozent – Ergebnis höher als erwartet – Analysten bestätigen ihre Kaufempfehlungen

md Frankfurt

Das operative Ergebnis des Modekonzerns Hugo Boss ist im ersten Quartal höher ausgefallen, als Analysten prognostiziert hatten. Anleger reagierten jedoch negativ auf Aussagen von Finanzvorstand Yves Müller, wonach der Umsatz in Greater China (Mainland China, Hongkong, Macau, Taiwan) von Januar bis Ende März im Vergleich zur Vorjahreszeit im hohen einstelligen Prozentbereich gesunken sei. Der CFO wies zwar im Pressegespräch darauf hin, dass die „Vergleichsbasis sehr hoch“ sei, weil es im ersten Viertel des Vorjahres erhebliche Nachholeffekte wegen der lang andauernden Corona-Lockdowns in China gegeben habe. Doch in der ersten Handelshälfte gab es kein Halten: Der Aktienkurs rutschte bis auf 45,76 Euro (–9,6%) ab.

Yves Müller, CFO (Chief Financial Officer) und COO (Chief Operating Officer) von Hugo Boss; Foto: Hugo Boss

Der Anteil von Greater China am Konzernumsatz betrug im Vorjahr knapp 7%, wie Hugo Boss der Börsen-Zeitung auf Nachfrage mitteilte; damit war die Region der drittgrößte Markt für den schwäbischen Textilproduzenten. Die vordersten Ränge belegten die USA (14,5%) und Deutschland (etwa 13%). In China und Großbritannien „lässt die wirtschaftliche Erholung länger auf sich warten als gedacht“, sagte Müller.

In Amerika legte der Umsatz im abgelaufenen Quartal dagegen währungsbereinigt um 11% zu, wobei sämtliche Märkte zum Wachstum beigetragen hätten. Das umfasse auch ein zweistelliges Plus in den USA. Der Konzern spricht von einem Wachstumspotenzial in der Region Amerika bis 2025 im hohen einstelligen Prozentbereich.

Auch das Digitalgeschäft sorgte mit einem währungsbereinigten Plus von 10% für Rückenwind. Dies sei auf Verbesserungen des eigenen Online-Angebotes sowie einen Anstieg der mit Partnern erzielten digitalen Umsätze zurückzuführen. Nach Aussage Müllers liegt der digitale Anteil am Gesamtumsatz bei 20%.

Noch ein weiter Weg bis zur Ebit-Marge von 12 Prozent

Konzernweit kletterte der berichtete Umsatz im ersten Quartal im Vergleich zur Vorjahreszeit um 5% auf gut 1 Mrd. Euro. Der operative Gewinn (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit) zog um 6% auf 69 Mill. Euro an; dadurch kletterte die Marge leicht auf 6,8 (i.V. 6,7)%. CFO Müller rief in Erinnerung, dass sich Hugo Boss eine Ebit-Marge von mindestens 12% für 2025 zum Ziel gesetzt habe.

Hugo Boss
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro1. Quartal 20241. Quartal 2023
Umsatz 1.014968
Bruttomarge (%)61,461,4
Operatives Ergebnis (Ebit)6965
Operative Marge (%)6,86,7
Nettoergebnis3835
Vorräte zum Umsatz (%)24,427,7
Free Cashflow13-120
Nettofinanzposition-1.067-908
Quelle: Zwischenbericht für das erste Quartal 2024 von Hugo Boss

Hugo Boss beurteilt die Umsatzentwicklung traditionell bereinigt um wechselkursbedingte Veränderungen. „6% währungsbereinigtes Umsatzwachstum, 6% Ergebniswachstum – das ist aus unserer Sicht ein solider Jahresauftakt“, so Müller. Über beide Marken – Boss und Hugo – sowie sämtliche Regionen und Vertriebskanäle hinweg seien die Erlöse gestiegen.

Müller bekräftigte die Jahresziele: Nach Bestmarken im vergangenen Jahr peilt Hugo Boss 2024 einen Umsatzanstieg um 3% bis 6% auf 4,3 Mrd. bis 4,45 (4,2) Mrd. Euro an. Dabei gehe das Unternehmen davon aus, dass die Wechselkurse einen leicht negativen Einfluss auf die Erlösentwicklung haben werden. Das Ebit soll um 5% bis 15% auf 430 Mill. bis 475 (410) Mill. Euro zulegen; die Marge soll demnach auf 10,0% bis 10,7 (9,8)% steigen.

Rückgang der Vorräte treibt Free Cashflow an

Das Management arbeite weiter daran, die Effizienz – etwa in der Beschaffung – zu steigern. Zudem soll die Kapitalbindung durch den Abbau des Working Capital gesenkt werden. Im Vergleich zum Vorjahr sanken die Vorräte währungsbereinigt um 2% auf rund 1 Mrd. Euro. Infolgedessen sank das Verhältnis der Vorräte zum Konzernumsatz auf 24,4 (27,7)%. 2025 soll dieser Wert laut Müller auf unter 20% sinken. Der Abbau der Vorräte wirkte sich positiv auf den Free Cashflow aus, der sich im ersten Quartal auf 13 (–120) Mill. Euro belaufen habe.

Hugo Boss hatte zuletzt mitgeteilt, dass sich vor dem Hintergrund der anhaltenden makroökonomischen und geopolitischen Unsicherheiten die Erreichung des Umsatzziels für das Jahr 2025 in Höhe von 5 Mrd. Euro verzögern könnte. Müller zufolge werde sich das Ziel um mehrere Monate verzögern. 

Alle Marken, Regionen und Vertriebskanäle legen zu

Der Umsatz von „Boss Menswear“ lag den Angaben zufolge währungsbereinigt um 5% über dem Vorjahreswert, der Umsatz von „Boss Womenswear“ legte um 7% zu. Die Erlöse mit der Marke „Hugo“ seien währungsbereinigt um 9% gestiegen.

In der Region EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika) stieg der Umsatz laut der Mitteilung währungsbereinigt um 5% – „vor allem aufgrund eines robusten Wachstums in Deutschland sowie zweistelliger Zuwächse in den Emerging Markets“. Der Erlös in der Region Asien/Pazifik habe sich währungsbereinigt um 4% erhöht; Müller berichtete von überdurchschnittlichem Wachstum in Japan und einigen Ländern Südostasiens.

Bei den Vertriebskanälen trugen alle Kundenkontaktpunkte zum Wachstum bei. Die Erlöse im stationären Einzelhandelsgeschäft seien währungsbereinigt um 3% gestiegen. Im stationären Großhandel stieg der währungsbereinigte Umsatz um 8%, was die robuste Nachfrage der Großhändler nach den Frühjahr-/Sommer-2024-Kollektionen widerspiegele, sagte Müller.

Aktie nach Berg-und-Tal-Fahrt klar im Minus

Unmittelbar nach Handelseröffnung auf Xetra sprang der Kurs auf 52,08 Euro (+3,9%), gab dann aber im Verlauf bis auf 45,76 Euro (–9,6%) nach, bevor es zu einer leichten Erholung kam. Die anfangs feste Tendenz dürfte am operativen Ergebnis gelegen haben, das die Konsensschätzung übertraf. Die nachfolgende Schwäche lag nach Ansicht von Marktakteuren an den Aussagen von Müller zum schwächelnden China-Geschäft, die er im Pressegespräch gemacht hatte. Hugo Boss schlossen mit 47,06 Euro (–6,9%). Die Marktkapitalisierung des MDax-Wertes beträgt rund 3,3 Mrd. Euro.

Analystenempfehlungen zur Hugo-Boss-Aktie vom 2. Mai
Research-HausAnlageurteilKursziel
UBSNeutral57
Deutsche BankKaufen78
Goldman SachsNeutral73
Morgan StanleyÜbergewichten70
RBCOutperformer66
Baader HelveaKaufen74
J.P. MorganNeutral68
JefferiesKaufen65
StifelKaufen70
Oddo BHFOutperformer75
M.M. WarburgKaufen88
Quelle: Bloomberg, dpa-afx

Im Gegensatz zur starken Abwärtsentwicklung der Hugo-Boss-Aktie waren die Reaktionen von Analysten durchweg positiv. Selbst Research-Häuser, die das Papier nur „neutral“ sehen, lobten das hohe Ebit, die Marktanteilsgewinne und den Abbau der Lagerbestände.

Analyst Volker Bosse von Baader Helvea nahm die Aktie nach den besser als erwartet ausgefallenen Quartalszahlen sogar in seine Auswahlliste „Top Picks“ auf. Er hob das niedrige Bewertungsniveau sowie die sich stabilisierenden Wirtschaftsindikatoren hervor.

50 Prozent Aufwärtspotenzial

Gemäß der Auswertung von insgesamt 24 Anlageempfehlungen durch Bloomberg liegt das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGVe) der Hugo-Boss-Aktie für 2024 bei 11,1. Im nächsten Jahr werde das KGVe auf 9,1 sinken und 2026 auf 8,0. Auch das erwartete Kurs-Cashflow-Verhältnis werde sich von 5,1 über 4,7 auf 4,2 verbessern. Das von Bloomberg ermittelte Konsensurteil für den MDax-Wert lautet auf „Kaufen“ und das Kursziel auf 71 Euro. Das wäre nach dem gestrigen Kurssturz ein Aufwärtspotenzial von rund 50%.

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