Wohnimmobilien

Was von Adler übrig bleibt

Adler Group verkauft einen großen Teil des Wohnungsbestands, um die Schulden zu senken. Übrig bleiben die Immobilien in Berlin und einigen weiteren Regionen sowie ein größeres Portfolio aus Bauprojekten.

Was von Adler übrig bleibt

Die Anschuldigungen des britischen Leerverkäufers Fraser Perring setzen dem Wohnimmobilienkonzern Adler Group noch immer zu. Bis heute hat sich die im SDax vertretene Aktie nicht vom Kurssturz erholt. Trotz der Niedrigkurse lassen viele institutionelle Anleger das Wertpapier links liegen, weil ihnen die Risiken zu hoch erscheinen. Denn Perrings Researchfirma Viceroy hält dem Vermieter schwerwiegende Verfehlungen wie Betrug, finanzielle Falschdarstellung und Geschäfte mit verbundenen Parteien zulasten von Anleihegläubigern und Aktionären vor. Das Management hat den Vorwurf der Falschbilanzierung scharf zurückgewiesen, aber ansonsten unzureichend oder gar nicht geantwortet. Das Wegducken verstärkt das Misstrauen. Nichts zeigt das deutlicher als der extrem hohe Discount zum offiziellen inneren Wert der Aktie von rund drei Vierteln.

Noch immer liegt keine umfassende Erwiderung auf Perrings Anschuldigungen vor, obwohl Adler Group anfangs wissen ließ, es werde eine ausführliche Replik vorbereitet. Auf der Analysten- und Investorenkonferenz zum Neunmonatsbericht wurden nicht einmal Fragen zugelassen. Zentrale Kritikpunkte wie die Berechnung des Verschuldungsgrads oder die Rolle des umstrittenen Investors Cevdet Caner hat Adler Group bisher überhaupt nicht kommentiert. Der Konzern hat zwar die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit einem Gutachten beauftragt, aber das kann kein Ersatz für eine dezidierte Stellungnahme des Managements sein. Dass es anders geht, zeigt das IT-Unternehmen­ S&T, das ebenfalls in Perrings Visier geraten ist. Die Österreicher brachten binnen zwei Wochen eine 13 Seiten lange Erwiderung zustande.

Dabei reichen die Ursachen der Vertrauenskrise über den Viceroy-Bericht hinaus. Sie haben viel zu tun mit dem rücksichtslosen Umgang mit Investoreninteressen bei der Entstehung der heutigen Adler Group, also dem vor zwei Jahren eingefädelten Zusammenschluss von Ado Properties und Adler Real Estate­ sowie der Übernahme des Immobilienentwicklers Consus. Bei der Fusion fungierte die finanzstarke Ado, der Vorgänger der Adler Group, als aufnehmende Gesellschaft, doch die Fäden zogen die tonangebenden Aktionäre der hoch verschuldeten Adler Real Estate. In einem geschickten Schachzug sicherte sich Adler zunächst die Kontrolle über Ado, um dann in einem Reverse Takeover die eigene Übernahme auf den Weg zu bringen. Auf der Strecke blieben die freien Ado-Aktionäre, über deren Köpfe hinweg über die Fusion entschieden wurde. Einige beschwerten sich über Interessenkonflikte und einen Werttransfer zu Adler Real Estate und Consus. Eine Eingabe bei der BaFin blieb jedoch erfolglos. Die Aufsichtsbehörde winkte den Deal durch. Was die opponierenden außenstehenden Ado-Aktionäre nicht schafften, be­sorgt nun die Nachfolgegesellschaft selbst. Denn die Fusion wird quasi rückabgewickelt. Der Dreier-Zusammenschluss hat die Verschuldungskennzahlen des einst mit einem Investment Grade ausgestatteten Un­ternehmens derart verschlechtert, dass sich das Management zu umfangreichen Immobilienverkäufen genötigt sieht.

Mit mittlerweile drei großen Transaktionen verliert Adler Group 60% ihrer knapp 70000 Wohnungen. Die Bestände in Norddeutschland übernimmt der Konkurrent LEG, und weitere gut 14000 Einheiten vorwiegend in mittelgroßen Städten Ostdeutschlands gehen mutmaßlich an die Private-Equity-Gesellschaft KKR. Hinzu kommt die Trennung von der niederländischen Brack Capital Properties (BCP), die über rund 12000 Wohnungen verfügt. Adler hat 7% der BCP an LEG veräußert und sich in einer Call-Option verpflichtet, weitere 63% der Aktien in ein öffentliches Erwerbsangebot einzuliefern.

Die drei Transaktionen zeigen: Das Fusionsprojekt ist grandios gescheitert. Zurück bleibt ein dezimiertes Wohnungsunternehmen, dessen Kern aus den Ado-Wohnungen in Berlin besteht, ergänzt um Einheiten in einigen weiteren Regionen und ein größeres Portfolio an Immobilienprojekten, das allerdings an etlichen Stellen Probleme in Form mangelnden Baufortschritts mit sich herumschleppt. Die Reste der Adler Group könnten am Ende beim Branchenriesen Vonovia landen, der sich den Zugriff auf 13,3% des Aktienkapitals gesichert hat. Mit der propagierten Fokussierung auf die Top-7-Städte in Deutschland hat das aktuelle Wohnungsportfolio jedenfalls wenig zu tun. In Berlin hat Adler Group zwar 20000 Wohnungen, aber in den anderen Metropolen Deutschlands gibt es im Wesentlichen nur Bauprojekte, die erst noch fertiggestellt werden müssen.

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