BaFin erwägt Befreiungsschlag für kleine Institute
BaFin will Basel für kleine Institute kippen
Aufsicht schlägt vereinfachtes Regime für Genobanken und Sparkassen vor
lee Frankfurt
Nachdem die USA und Großbritannien die Umsetzung der jüngsten Baseler Kapitalvorgaben gestoppt haben, will die deutsche Bankenaufsicht zugunsten der Proportionalität aus dem internationalen Abkommen ausscheren. So haben BaFin und Bundesbank Vorschläge für ein Kleinbankenregime erarbeitet, das auf das Prinzip der Risikogewichtung verzichtet. Ziel sei es, die Regulierungsdichte für kleinere Banken zu reduzieren und im Gegenzug höhere Sicherheitspuffer zu verlangen, sagte ein Sprecher der Aufsichtsbehörde. Der Branchendienst „Finanz-Szene“ hatte mit Verweis auf ein Schreiben der Aufseher an die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) zuerst darüber berichtet. Ob und wann die Änderungen kommen, liegt in der Hand der europäischen Gesetzgeber.
Keine Risikopuffer mehr
Die Aufseher plädieren dafür, die Kapitalanforderungen kleinerer Institute an die Höhe der Leverage Ratio zu knüpfen. Diese wollen sie zumindest mit einem flexiblen Puffer flankieren, um prozyklische Effekte abzufedern. Außerdem schlagen sie eine drastische Vereinfachung der Meldepflichten der Institute sowie der Anforderungen an Stresstests und aufsichtsrechtliche Überprüfung (SREP) vor.
Fast alle Genos und Sparkassen betroffen
Profitieren würden primär Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die wegen der zunehmenden regulatorischen Belastungen vielfach in Fusionen getrieben wurden. Entsprechend positiv fiel die erste Resonanz bei den Kreditgenossen aus. „Es wäre ein Paradigmenwechsel – und eine Chance für mehr Verhältnismäßigkeit, mehr Effizienz und weniger Bürokratie in der Regulierung“, schrieb Daniel Quinten, Vorstandsmitglied des genossenschaftlichen Bankenverbands BVR, auf dem Karriereportal LinkedIn. Auch die säulenübergreifende Deutsche Kreditwirtschaft (DK) lobte den Vorstoß, mit dem erstmals substanzielle Bewegung in die Proportionalitätsdebatte“ komme. Die Umsetzung erfordere Verhandlungen auf europäischer Ebene sowie signifikante Anpassungen der Kapitalanforderungsverordnung (CRR).

Sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen, sollen die Institute selbst entscheiden können, nach welchem Regime sie beaufsichtigt werden. So darf die Bilanzsumme im Dreijahresmittel nicht über 10 Mrd. Euro liegen, was für mehr als 90% der Kreditgenossen und Sparkassen zutrifft. Ausgeschlossen seien Banken, die wegen übermäßiger Kreditrisiken oder aus anderen Gründen unter besonderer regulatorischer Aufsicht stehen.
Außerdem müssen mindestens drei Viertel ihrer Assets und Verbindlichkeiten einen Bezug zum Euroraum aufweisen. Das Volumen des Handelsbuchs dürfte die Schwelle von 50 Mill. Euro und 5% der Aktiva nicht überschreiten. Für Derivatepositionen und Krypto-Exposures sind Obergrenzen und Ausschlüsse vorgesehen. Auch müsse die europäische Abwicklungsbehörde bestätigen, dass eine Insolvenz im Ernstfall möglich sei.
Individuelle Kapitalaufschläge weiterhin möglich
Laut dem Bericht will sich die BaFin das Recht vorbehalten, auch weiterhin auf individueller Basis Kapitalaufschläge zu verhängen. Den unter der Regulierungslast ächzenden kleinen und mittleren Instituten wollen die Aufseher auch bei den Liquiditätsvorschriften entgegenkommen. Zwar solle die auf Einmonatssicht angelegten Vorgaben der Liquidity Coverage Ratio (LCR) möglicherweise mit einem Sicherheitsaufschlag versehen bleiben. Zugleich soll aber die auf Jahressicht angelegte Net Stable Funding Ratio (NSFR) wegfallen und durch andere, weniger komplexe Vorgaben ersetzt werden.
Geringere Meldepflichten
Um den Aufwand für kleine Kreditinstitute zu reduzieren, soll die Meldepflicht laut dem Vorschlag auf das Ausfüllen eines einzigen integrierten Datenblatts reduziert werden. Es solle Angaben zur Leverage Ratio, Liquidität und Großkrediten sowie grundlegende Angaben zur Qualität der Assets enthalten. Bei den aufsichtsrechtlich weniger relevanten Kennzahlen kann sich die Aufsicht eine Umstellung auf halbjährliche Meldungen vorstellen.
Vereinfachte Stresstests
Beim aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozess (SREP) sollen kleine Institute von der Pflicht extensiver Backtestings und technischer Überprüfungen ausgenommen werden. An die Stelle selbst entwickelter interner Modelle wollen sich die Aufseher künftig mit standardisierten Szenarien und vereinfachten Daten-Inputs zufrieden geben.