Banken in Weihnachtsstimmung

London lockert Kapitalanforderungen

Die britische Aufsicht reduziert die Kapitalanforderungen an Banken auf 13% der risikogewichteten Assets. Den Stresstest bestanden alle.

London lockert Kapitalanforderungen

Bank of England lockert Kapitalanforderungen

Britische Kreditinstitute müssen künftig nur noch 13 Prozent der risikogewichteten Aktiva vorhalten – Private-Markets-Stresstest angekündigt

Von Andreas Hippin, London

Die britischen Banken haben den jüngsten Bilanztest der Bank of England mühelos bestanden. Nun lockert der Regulierer die Kapitalanforderungen um einen Prozentpunkt auf 13% der risikogewichteten Aktiva. Sorgen bereitet der Aufsicht die Intransparenz der Private Markets. Ein Stresstest soll mehr Klarheit schaffen.

Großbritannien lockert erstmals seit der Finanzkrise die Kapitalanforderungen an Banken. Wie dem gerade vorgelegten Finanzstabilitätsbericht der Bank of England zu entnehmen ist, gibt sich das bei der Notenbank angesiedelte Finanzstabilitätskomitee (FPC) nun mit 13% der risikogewichteten Assets zufrieden. Zuvor wurden 14% gefordert. Der Branchenlobby UK Finance zufolge lag der Durchschnittswert, den die Institute vorhalten, zuletzt bei 17,2%.

Im jüngsten Bilanztest der Bank of England sei kein Institut gezwungen gewesen, seine Kapitalposition zu stärken. Er habe gezeigt, dass die Banken die Wirtschaft auch dann noch unterstützen könnten, wenn sich die Konditionen weitaus schlechter entwickeln als im Szenario unterstellt. Das Komitee führte den Spielraum, den die Institute am Tiefpunkt im Test noch hatten, darauf zurück, dass sie mehr Kapital vorhielten als vorgeschrieben.

Ressourcen für die Kreditvergabe

„Angesichts der Senkung der Benchmark des FPC sollten Banken größere Gewissheit und Zuversicht haben, wenn sie ihre Kapitalressourcen für die Kreditvergabe an britische Haushalte und Unternehmen nutzen“, heißt es im Finanzstabilitätsbericht. Sie könnten sie aber auch für Dividendenerhöhungen und Aktienrückkäufe nutzen.

„Egal wie sie die neue Freiheit nutzen, das ist eine weiteres klares Signal dafür, dass sich die britische Bankenbranche bei bester Gesundheit befindet“, schrieb der Analyst Matt Britzman von Hargreaves Lansdown. Edward Firth von Keefe, Bruyette & Woods erwartet, dass die schottische Großbank Natwest am ehesten geneigt ist, die Zielspanne für ihre Kernkapitalquote zu senken.

„Optimales Gleichgewicht“

„Es steht uns nicht an, Banken vorzuschreiben, wie sie ihr Geschäft führen sollen“, sagte Notenbankchef Andrew Bailey, der dem FPC vorsitzt. Es sei aber eine „wechselseitige Beziehung“. Wenn Banken die Wirtschaft durch Kreditvergabe unterstützten, stärke das die Wirtschaft, was wiederum der Performance und den Gewinnen der Banken zugute komme.

Vor der Entscheidung des Gremiums zu den Kapitalanforderungen hatte das Schatzamt immer wieder darauf gedrängt, dass Aufsichtsbehörden Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf das Wirtschaftswachstum stärker berücksichtigen. Schatzkanzlerin Rachel Reeves forderte das Komitee in einem Schreiben dazu auf, das optimale Gleichgewicht zwischen Robustheit, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit“ zu finden.

Puffer auf dem Prüfstand

Im vergangene Woche vorgestellten Haushaltsentwurf von Reeves blieben die Banken verschont. Zu der von der Branche befürchteten Erhöhung der vom konservativen Schatzkanzler George Osborne eingeführten Bankgewinnsteuer, die Rishi Sunak von 8% auf 3% gesenkt hatte, kam es nicht. Auch die Zinsen, die Geschäftsbanken für ihre Reserven bei der Bank of England bekommen, tastete Reeves nicht an.

Das Komitee überprüfte im Rahmen einer sechsmonatigen „Review“ auch die sogenannten antizyklischen Puffer. Diese sind Teil des seit der Finanzkrise aufgelaufenen Sammelsuriums von Instrumenten der prudenziellen Regulierung. Ein Teil der Puffer, die Banken vorhalten müssen, funktioniere nicht wie ein Puffer, sagte Sarah Breeden, eine der Stellvertreterinnen von Notenbankchef Andrew Bailey, jüngst auf einer Konferenz. Gleichwohl wurde der antizyklische Puffer bei 2% beibehalten. Das FPC will auch sicherstellen, dass die Leverage Ratio so funktioniert wie gedacht.

Zweifel an Ratingagenturen

Um die Auswirkungen von Stress auf die Private Markets zu erkunden, will die britische Aufsicht einen Stresstest in Form eines „System-wide Exploratoy Scenario“ (SWES) durchführen. Die beiden hochrangigen Firmenpleiten in den USA hätten die Risiken vor Augen geführt, die daraus entstünden, dass man sich auf Ratingagenturen verlasse, heißt es im Finanzstabilitätsbericht. Gemeint sind der Autozulieferer First Brands und der Gebrauchtwagenhändler Tricolor. Beide Unternehmen hätten bis kurz vor dem Default relativ stabile Bonitätsnoten erhalten.

Der Alternative Credit Council (ACC) der Hedgefondslobby AIMA begrüßte den Stresstest als „zeitgerechten und konstruktiven Weg“ zum Aufbau einer klareren Evidenzgrundlage dazu, wie der Sektor und andere Teile der Corporate-Finance-Märkte auf Stress reagieren. „Führende Mitgliedsfirmen haben der Teilnahme freiwillig zugestimmt“, sagte Jiri Krol, der stellvertretende Chef des Verbands, der dem ACC vorsteht.

„Das zeigt die verantwortliche Herangehensweise der Branche an Transparenz, Risikomanagement und den Erhalt von Vertrauen in eine schnell wachsende Finanzierungsquelle der Realwirtschaft“, sagte Krol. Dem ACC gehören 250 Mitglieder an, die mehr als 2 Bill. Dollar an Private-Credit-Assets verwalten.