Besser wird's nicht für die britischen Banken
Besser wird's nicht für die britischen Banken
Besser wird's nicht für die britischen Banken
Investmentbanking und Absicherungsgeschäfte versprechen starke Quartalszahlen – Steuerpläne der Labour-Regierung dämpfen die Aussichten
Von Andreas Hippin, London
Die britischen Großbanken dürften mit ihren Quartalsergebnissen in den kommenden Tagen für die eine oder andere positive Überraschung sorgen. Die befürchtete Rezession hat sich bislang nicht eingestellt. Das Investment Banking läuft auf Hochtouren, wenn man einen Blick auf die US-Wettbewerber wirft. Doch damit wachsen die Begehrlichkeiten. Den Instituten drohen höhere Steuern.
Glaubt man manchen Analysten, werden britische Großbanken in den kommenden Quartalen das stärkste Gewinnwachstum unter den europäischen Instituten zeigen. Dafür sprechen die starken Einnahmen aus Absicherungsgeschäften (Structural Hedge), die nicht so schnell abebben werden.
Hinzu kommen vergleichsweise hohe Zinsen, die nur in geringfügigem Umfang an Einlagenkunden weitergereicht werden. Die Kreditvergabe nimmt Fahrt auf. Die Filialschließungen gehen derweil ungebremst weiter. Da steht dem Erreichen der Renditeziele eigentlich nichts mehr im Wege. In den Aktienkursen spiegelt sich das bereits wieder. Und im Vergleich zu den Banken der Eurozone werden sie, gemessen an den Gewinnerwartungen für die kommenden Jahre, an der Börse im Schnitt auch noch günstiger bewertet.
Höhere Steuern drohen
Doch es braut sich Ungemach zusammen. Am 26. November wird Schatzkanzlerin Rachel Reeves ihren Haushalt vorlegen. Die linke Denkfabrik IPPR fordert eine Abgabe auf Zinsen von mehr als 2% für die Reserven der Geschäftsbanken bei der Bank of England. Nigel Farages Rechtspartei Reform UK fordert, gar keine Zinsen mehr darauf zu zahlen. Bislang waren die risikofreien Einnahmen ein Booster für die Zinsergebnisse der Institute.
Die Analysten von Jefferies weisen darauf hin, dass nach ihrer Schätzung 11,5 Mrd. Pfund anfallen könnten – zwei Prozentpunkte der Reserven. Das würde 30% der Bankgewinne entsprechen. Sie halten es jedoch für äußerst unwahrscheinlich, dass das Schatzamt der Branche solche Summen abverlangen kann. Sie zahle in Großbritannien mit einem Steuersatz von alles in allem 45% ohnehin mehr Steuern als in allen anderen globalen Finanzzentren. Zudem bewege sich der reale Verdienst der Banken an den Reserven nicht auf Höhe der Leitzinsen.
Wachstum verlangsamt sich
Wahrscheinlicher ist aus Sicht der Jefferies-Branchenexperten Jonathan Pierce und Priya Rathod eine Erhöhung der vom konservativen Schatzkanzler George Osborne eingeführten Bankgewinnsteuer, die Rishi Sunak von 8% auf 3% gesenkt hatte. Sie halten es für möglich, dass Reeves sie auf 5% hochdrehen könnte. Das würde rund 700 Mill. Pfund in die Staatskasse spülen. Den Gewinn pro Aktie der Institute würde das um lediglich 2% bis 3% schmälern.
Neben steuerlichen Belastungen dürfte sich in den kommenden Monaten bemerkbar machen, dass sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt. Zwar expandierte das Bruttoinlandsprodukt im August noch um 0,1%. Doch das Statistikamt ONS revidierte seine Schätzung für Juli auf minus 0,1% nach unten. Damit gab es in den vergangenen beiden Monaten kein Wachstum. Die Eintrübung am Arbeitsmarkt dürfte sich früher oder später in Form höherer Kreditausfälle bemerkbar machen.
Barclays macht den Auftakt
„Wir gehen davon aus, dass die Regierung eine lebendigere Finanzdienstleistungsbranche als Teil der Lösung für das schwache Wachstum und die große Finanzierungslücke sieht, mit der das Land konfrontiert ist“, schreibt UBS-Bankenanalyst Jason Napier. „Deshalb rechnen wir nicht mit einer umfassenden Veränderung der Bankenbesteuerung.“
Am Mittwoch (22.10.) liefert Barclays den Auftakt zur Berichtssaison. Dann wird sich zeigen, ob die Transatlantikbank im Investment Banking ebenso gut abgeschnitten hat wie die größeren Rivalen an der Wall Street.
Schwacher Dollar belastet
Keefe, Bruyette & Woods (KBW) zufolge wuchsen die Erträge der großen US-Banken im abgelaufenen Quartal um 33%. Am Markt hatte man dagegen lediglich mit einem Zuwachs von 15% gerechnet. Dabei überraschten alle Geschäftsbereiche positiv: Debt Capital Markets mit einem Plus von 28% statt der erwarteten 3%, Equity Capital Markets mit einem Wachstum von 45% statt 36% und die Beratung bei Übernahmen und Fusionen (M&A) mit 31% statt 19%.
Barclays ist nach Ansicht der Analysten unter den europäischen Geldhäusern am besten positioniert, um am Boom des US-Markts teilzuhaben. Allerdings dürfte der schwächere Dollar das Ergebnis der aus dem US-Geschäft schmälern. „Auf lange Sicht haben wir den Verdacht, dass die Frage aufkommen könnte, ob die Stärke der US-Investmentbanken auf Kosten der globalen Peer Group geht“, heißt es in der KBW-Studie.
Autofinanzierungsskandal wirkt nach
Wenn Lloyds Banking Group am Donnerstag (23.10.) Zahlen vorlegt, dürfte darin eine Rückstellung von 800 Mill. Pfund für den branchenweiten Skandal um verdeckte Kommissionen für Autofinanzierungen enthalten sein. Zu der schottischen Gruppe gehört mit dem herstellerunabhängigen Autofinanzierer Black Horse einer der größten Anbieter. Lloyds hatte bereits 1,15 Mrd. Pfund für Entschädigungen zurückgelegt. Nachdem die Finanzaufsicht FCA ihre Vorstellungen von einem Entschädigungsprogramm vorlegte, machte das Institut Nachbesserungsbedarf aus.
„Die zusätzlichen Kosten sind zwar nicht ideal“, sagte der Analyst Matt Britzman von Hargreaves Lansdown. „Aber Gesamtkosten von 2 Mrd. Pfund sind besser als manche noch vor ein paar Monaten befürchtet haben. Es signalisiert zudem, dass sich die Bank darauf zubewegt, einen Schlussstrich unter die Sache zu setzen.“
Kreditqualität im Fokus
Zu den Punkten, die Anleger im Auge behalten werden, gehört die Kreditqualität. Britzman rechnet mit Wertberichtigungen von 314 Mill. Pfund auf Problemkredite. „Die Schuldner haben sich bislang als robust erwiesen“, sagte er. „Es wäre also keine Überraschung, wenn das Ergebnis erneut besser als erwartet ausfallen würde.“
Natwest folgt am Freitag (24.10.). Die ehemalige Royal Bank of Scotland und Lloyds Banking Group wären am stärksten von Steuererhöhungen betroffen, weil sie den größten Teil ihres Geschäfts auf dem Heimatmarkt machen. Die im Mai erworbene Sainsbury‘s Bank wird erstmals für ein ganzes Quartal in den Zahlen enthalten sein.
Downgrade für HSBC
Dem Abschluss bilden HSBC am folgenden Dienstag (28.10.) und Standard Chartered am Donnerstag (30.10.). Beide machen den Großteil ihres Geschäfts in Schwellenländern. HSBC kündigte diesen Monat an, die Tochter Hang Seng Bank für 13,6 Mrd. Dollar von der Börse der ehemaligen Kronkolonie zu nehmen. Das kam bei Anlegern nicht gut an. Schließlich sollen dafür Aktienrückkäufe vorübergehend ausgesetzt werden. Jefferies stufte die Aktie daraufhin von „Kaufen“ auf Halten“ herunter.