Wall Street

Großbank-CEOs sahnen trotz durchwachsener Performance ab

Trotz Gewinneinbußen erhalten Bank-CEOs wie Citigroup-Chefin Jane Fraser und Goldman-Lenker David Solomon für 2023 höhere Vergütungen. Bei den Dealmakern der Geldhäuser sorgt dies angesichts schrumpfender Bonustöpfe für lauter werdendes Murren.

Großbank-CEOs sahnen trotz durchwachsener Performance ab

Amerikas Großbank-CEOs sahnen ab

Von Alex Wehnert, New York

Goldman-CEO David Solomon (links) und Citigroup-Chefin Jane Fraser verdienen mehr, Jamie Dimon streicht bei J.P. Morgan eine Rekordvergütung ein.

Amerikas Großbank-CEOs sahnen in der aktuellen Bonussaison trotz einer durchwachsenen Performance ab. So bemühen sich im Umbruch steckende Geldhäuser wie Citigroup und Goldman Sachs, ihren Vorstandsspitzen durch höhere Gehälter öffentlich das Vertrauen auszusprechen. An der Wall Street sorgen die Verwaltungsräte damit vielerorts für Unverständnis – und bei den eigenen Dealmakern für lauter werdendes Murren.

Denn der erhoffte Geldregen für Investmentbanker ist auch in diesem Winter ausgeblieben: Nachdem die Boni bereits im Vorjahr eingebrochen waren, sind sie laut der Beratungsfirma Johnson Associates nun erneut um bis zu 25% abgesackt. Zwar schwangen sich die Aktienmärkte im Frühjahr zu einer neuen Rally auf, Underwriter und M&A-Berater konnten daraus infolge hoher Zinsen aber nicht genügend Kapital schlagen. Gemäß Dealogic-Daten stürzten die globalen Gebühreneinnahmen der US-Häuser im Investment Banking 2023 auf 67,4 Mrd. Dollar ab, nachdem sie 2021 noch 132,5 Mrd. Dollar betragen hatten.

Entlassungen im großen Stil

Angesichts der schwachen Kapitalmarkt-Performance, eines steigenden Volumens fauler Kredite und der bevorstehenden Verschärfung von Kapitalvorgaben in den USA sind auch die führenden Finanzinstitute um Einsparungen bemüht. In der Folge gehen viele Investmentbanker bei Bonusrunden nicht nur ganz leer aus, sondern müssen sogar um ihre Jobs bangen. Geldhäuser wie Citigroup und Goldman haben entweder schon Tausende Stellen gestrichen oder bereiten sich auf Entlassungen im großen Stil vor. Zugleich trachten sie danach, ihre prominentesten Gesichter bei der Stange zu halten.

Neben einer Reihe an ausgewählten Leistungsträgern unter den Dealmakern zählen dazu auch die mit schwierigen Aufgaben betrauten Vorstandsvorsitzenden. Jane Fraser muss Citigroup durch eine radikale Neuorganisation führen und arrangiert den Abschied aus zahlreichen unprofitablen internationalen Märkten sowie die Auflösung der Doppelstruktur des Geldhauses mit einer großen Sparte für institutionelle und einer für Privatkunden. Bis Ende 2026 will Citigroup im Zuge der Neuaufstellung 20.000 Jobs streichen.

Einschneidende Neuorganisation

Der Verwaltungsrat schreibt in bei der Börsenaufsicht SEC eingereichten Dokumenten von "den folgenreichsten Veränderungen in der Organisation und dem Management-Modell seit der Finanzkrise 2008" – und führt dies sowie den erfolgreichen Verkauf internationaler Geschäftseinheiten als Begründung dafür an, dass Frasers Vergütung für 2023 gegenüber dem Vorjahr um 6% auf 26 Mill. Dollar gestiegen ist. Dies, obwohl der Nettogewinn im Gesamtjahr 2023 um 38% absackte und das Institut im Schlussquartal sogar in die roten Zahlen rutschte.

Frasers Vergütung setzt sich aus einem Basissalär von 1,5 Mill. Dollar, einem Cash-Bonus von 3,7 Mill. Dollar sowie veräußerungsbeschränkten Aktienpaketen im Volumen von 20,8 Mill. Dollar zusammen. Trotz der Erhöhung verdient die Citigroup-Chefin, die seit 2021 als erste und bisher einzige Frau eine große Wall-Street-Bank führt, noch immer weniger als viele ihrer männlichen Kollegen. Goldman-Chef David Solomon etwa erhält für 2023 insgesamt 31 Mill. Dollar und damit 24% mehr als im vorangegangenen Jahr. Das Vergütungskomitee der Investmentbank verweist darauf, dass "die Maßnahmen des oberen Managements entscheidend dafür waren, die Firma mit einer viel stärkeren Plattform für 2024 und darüber hinaus aufzustellen".

Überraschender Gewinnsprung bei Goldman

So fährt Goldman einen verlustreichen Ausflug ins Privatkundengeschäft seit Oktober 2022 zurück. Stattdessen rückt neben dem Investment Banking das Asset- und Wealth Management in den Fokus. Im Schlussviertel 2023 warf die Strategiewende erste Erfolge ab: Nach acht aufeinanderfolgenden Quartalen mit Gewinnrückgängen vermeldete das Geldhaus einen überraschenden Sprung des Überschusses um 51% auf 2,01 Mrd. Dollar. Im Gesamtjahr stand aber noch ein Sturz um 24% auf 8,52 Mrd. Dollar zu Buche.

Während der Verwaltungsrat Solomon durch die höhere Vergütung den Rücken stärken will, werfen Aktionäre dem CEO vor, die 2016 begonnene Consumer-Banking-Expedition ab 2018 vorangetrieben zu haben. Derweil haben Spitzenkräfte wie Ex-Stabschef John Rogers oder Jim Esposito, Co-Leiter der Sparte Global Banking and Markets, ihre operativen Posten bei der Bank aufgegeben. Andere – darunter Julian Salisbury, Investmentchef der Vermögensverwaltung – haben sich Konkurrenten angeschlossen. Und Investoren befürchten einen weiteren Exodus: Zuletzt sollen zwei Top-Dealmaker im Streit um die Besetzung von Führungsgremien ihren Abschied angedroht haben.

Dimon erhält Rekordvergütung

Trotz der anhaltenden Unruhe überholt Solomon nun Bank-of-America-Chef Brian Moynihan, der 2023 einen Gewinnrückgang um 4,4% zu verantworten hatte und als einziger CEO der Spitzengruppe Einbußen bei der Vergütung hinnehmen muss. Der Goldman-Chef verringert sogar den Abstand zu den absoluten Top-Verdienern der Branche. Jamie Dimon, Vorstandsvorsitzender von J.P. Morgan, erhält inklusive Cash-Bonus und einem Löwenanteil aus Performance-gekoppelten, erst nach mehreren Jahren veräußerbaren Aktienzuteilungen für 2023 zwar eine Rekordvergütung von 36 Mill. Dollar. Der Anstieg zum Vorjahr fällt mit 4,3% aber weit geringer aus als bei Solomon.

Auch Dimons Vergütung ist durchaus umstritten, einen 2021 erteilten Bonus aus 1,5 Millionen Aktienoptionen kritisierten viele Aktionäre als exzessiv. Allerdings gilt der CEO auch als einzigartig qualifiziert, um ein solch komplexes Finanzkonglomerat wie J.P. Morgan zu führen. Die Aussicht auf einen Rückzug Dimons im Jahr 2026 – bis dahin muss er mindestens in der Bank verbleiben, um seine Optionen ausüben zu können – stimmt Anteilseigner daher beunruhigt.

Gorman trumpft zum Abschied auf

Mit Morgan Stanley hat ein anderes Haus seinen langjährigen Kapitän schon zum Jahreswechsel verabschiedet. James Gorman, der die Bank nach der Finanzkrise durch eine Fokussierung auf das Wealth Management auf Kurs brachte, verdiente in seinem letzten Jahr an der Vorstandsspitze 37 Mill. Dollar und damit 17% mehr als 2022. Sein Nachfolger Ted Pick, im vergangenen Jahr als Chef der institutionellen Wertpapiersparte noch mit einem Bonus von 20 Mill. Dollar bedacht, ringt nun unter anderem durch Entlassungen um Kostenkontrolle.

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