Investmentlegenden stehen vor Nachfolgeproblemen
Investmentlegenden stehen vor Nachfolgeproblemen
xaw New York
Der baldige Abschied Warren Buffetts von der Spitze seines Konglomerats Berkshire Hathaway stellt den jüngsten Rückzug einer Investmentlegende dar. Und während Investoren gespannt darauf warten, wie sich Greg Abel, der bereits 2021 auserkorene Erbe des „Orakel von Omaha“, bewährt, stehen auch andere Größen der Branche vor Nachfolgeproblemen. Denn viele der Stock Picker und Bondgrößen, die in den wilden 1980er Jahren die Wall Street prägten, sind auch in den folgenden Jahrzehnten im Sattel geblieben und sind noch immer die Aushängeschilder ihrer Häuser. Doch nun, da sie ein hohes Alter erreicht haben und über Rücktritte nachdenken, folgt auf sie eine Generation von Managern, die in den Augen von Investoren ein weitaus weniger scharfes Profil besitzen.
Charisma als Erfolgsfaktor
Buffett-Nachfolger Abel gilt im Gegensatz zu seinem bisherigen Chef beispielsweise als zurückhaltender und weniger charismatisch. Der gebürtige Kanadier, der als Vize-Chairman bisher das Geschäft von Berkshire Hathaway abseits der Versicherungsbeteiligungen leitet, kommt aus dem Energiegeschäft und war Präsident des in Iowa ansässigen Versorgers MidAmerican, als Berkshire Hathaway Ende des alten Jahrtausends in das Unternehmen investierte.

Buffett betonte in seinem Brief an die Aktionäre bereits im vergangenen Jahr, Abel sei „in jeglicher Hinsicht bereit, schon morgen CEO von Berkshire Hathaway zu sein“. Der 62-Jährige verstehe die Verantwortung, die er gegenüber den Aktionären besitze, und werde „erfolgreicher sein, als ich es war“, schrieb die inzwischen 94 Jahre alte Börsenlegende, die sich wohl auch durch den Tod ihrer langjährigen rechten Hand Charlie Munger im vergangenen Jahr dazu verpflichtet sah, die seit Jahren anstehende Übergabe an der Spitze von Berkshire festzuzurren.
Abel dürfte nach Ansicht vieler Analysten eine stärkere aktive Mitsprache bei den Portfoliounternehmen des Konglomerats anstreben als Buffett. Dass er wie sein über Finanzkreise hinaus bekannter Noch-Chef aber zu einer Marke wird, die jährlich tausende Besucher zu den Hauptversammlungen von Berkshire Hathaway nach Omaha lockt, gilt an der Wall Street jedoch als unwahrscheinlich. Die Strahlkraft Buffetts ist allerdings zum bedeutenden Erfolgsfaktor für die Strategie seiner Firma geworden, da sich andere Anleger stark an seinen Thesen und Investitionsentscheidungen orientieren und diese somit einen Multiplikatoreffekt erfahren.
Fink lässt bei Blackrock nicht los
Auch große Fondsgesellschaften sind stark von ihren Führungspersönlichkeiten abhängig. Beim global führenden Vermögensverwalter Blackrock ist eine Nachfolgeregelung für CEO Larry Fink seit Jahren Dauerthema. Der 72-Jährige gründete den Assetmanager 1988 unter dem Dach der Blackstone Group mit und hat sich seither an der Spitze des Hauses gehalten. Er fühle sich nicht älter, sagte der gebürtige Kalifornier im Januar während einer Analystenschalte. Allerdings sei er kein Blockierer und werde zurücktreten, wenn er glaube, dass die nächste Generation „bereit“ sei.

Doch einige Ex-Mitarbeiter bezeichnen das intern angefachte Rennen um die CEO-Nachfolge als seit Jahren betriebene Farce, die dazu diene, vielversprechende Kandidaten gegeneinander auszuspielen. „Larry wird niemals gehen“, sagte ein ehemaliger Managing Director der Londoner „Financial News“. Tatsächlich haben an der Wall Street heiß gehandelte Kandidaten wie Mark Wiedman, als Chef für globale Kundenbeziehungen einer der bestbezahlten Manager von Blackrock, zuletzt hingeschmissen. Der 54-Jährige hat sich PNC Financial angeschlossen, die ihm immerhin den Präsidentenposten bieten konnte.
Hedgefonds-Legende Englander will Anteile abgeben
In der Hedgefonds-Szene fällt die Konzentration auf eine Führungspersönlichkeit mitunter noch stärker aus. Bei der 76 Mrd. Dollar schweren Millenium Management hat Gründer Israel „Izzy“ Englander die volle Kontrolle inne. Doch zuletzt wurde bekannt, dass der 77-Jährige erstmals Möglichkeiten für andere Spitzenmanager seiner Firma schaffen will, Anteile an dem New Yorker Haus zu übernehmen. In welcher Form er die Eigentümerstruktur öffnen will, ist noch unklar – doch gilt ein solcher Schritt als klares Signal dafür, dass der in Brooklyn geborene Sohn polnischer Einwanderer einen Fortbestand von Millenium über den eigenen Tod hinaus sichern will.
Selbst Investmentfirmen, die ihre Nachfolge schon geregelt haben, stehen allerdings im Schatten der Vergangenheit. Der Hedgefonds Bridgewater Associates verabschiedete Gründer Ray Dalio im Oktober 2022 aus dem operativen Geschäft – das Spitzenpersonal der Gesellschaft fürchtet seither eine Rückkehr des heute als „Mentor“ des Investmentchef-Trios Greg Jensen, Bob Prince und Karen Karniol-Tambour agierenden 75-Jährigen, der die Firma vor 50 Jahren gründete.
Dalio sorgt für Unruhe
Nur ein Jahr nach seinem Abtritt wurde Dalios Absicht, wieder eine zentrale Rolle bei Bridgewater einzunehmen, offenbar: Er hatte sich im Zuge zäher Rücktrittsverhandlungen nicht nur Aktienpakete im potenziellen Gegenwert von mehreren Milliarden Dollar, sondern auch eine spezielle Klausel gesichert. Durch diese besitzt er die Option, wieder die Kontrolle bei Bridgewater zu übernehmen, sollte die finanzielle Performance zu stark abfallen.

Der Macro Fund des Hauses begann zu dem Zeitpunkt, als die Gerüchte um eine Rückkehr Dalios hochkochten, abzurutschen, im Jahr 2024 gingen die Assets dann um 18% auf 92,1 Mrd. Dollar zurück. Auch wenn sich die Performance zugleich erholte und zuletzt so gut ausfiel wie seit 2018 nicht, hinkte Bridgewater großen Wettbewerbern hinterher. Dalio soll deshalb zwar nicht nach der operativen Kontrolle über die von ihm gegründete Firma, sondern nach dem Start eines neuen Fonds unter seiner Leitung und dem Bridgewater-Banner gestrebt haben.
Buffett geht nicht ganz
Der Führung des Hauses um CEO Nir Bar Dea gelang es wohl, einen Vollzeit-Wiedereinstieg der für ihr Temperament bekannten Hedgefonds-Legende abzuwenden – angeblich, indem Spitzenmanager ihren eigenen Rücktritt androhten. Doch wenngleich der Hedgefonds sich nun bemüht, nach außen das Bild einer „italienischen Familie“ abzugeben, deren Mitglieder sich ab und zu heftig streiten, einander aber lieben, sorgt Dalios stetige Präsenz doch für anhaltende Unruhe.
Denn der Milliardär tritt noch immer als Sprachrohr auf und ist gefragter Interviewpartner, der sich zum Beispiel zu den schädlichen Effekten von Washingtons Strafzöllen auf Wirtschaft und Märkte äußert. Auch Buffett will nicht vollständig aus dem Berkshire-Kosmos verschwinden, doch Abel soll ab dem kommenden Jahr „die finalen Entscheidungen treffen“ – Investoren warten nun gespannt darauf, wie diese aussehen.