Notenbanker

John Williams 60

An diesem Sonntag feiert John Williams seinen 60. Geburtstag. Williams ist ohne Frage einer der bekanntesten sowie profiliertesten Zentralbanker und damit auch der wichtigsten Wirtschaftslenker weltweit.

John Williams 60

Von Mark Schrörs, Frankfurt

Wenn John Williams über Geldpolitik spricht, zieht er gerne eine Parallele zum Tennis: So wie ein Tennisspieler in der Mitte des Platzes stehen müsse, um auf beiden Seiten gut reagieren zu können, so müssten Zentralbanker stets gut positioniert sein, um sowohl bei einer zu niedrigen wie bei einer zu hohen Inflation zu reagieren, sagt der Chef der regionalen Fed New York dann oft. Seine Frau habe sich einmal über die verbreiteten Fußballanalogien beklagt, deswegen habe er sich das mit dem Tennis überlegt, erzählte Williams mal mit einem Schmunzeln.

Exzellenter Ruf

In solchen Momenten wirkt Williams, der an diesem Sonntag seinen 60. Geburtstag feiert, sehr nahbar und unprätentiös – für jemanden, der ohne Frage zu den bekanntesten sowie profiliertesten Zentralbankern und damit auch zu den wichtigsten Wirtschaftslenkern weltweit gehört. Diese Stellung wiederum liegt zum einen an seiner aktuellen Aufgabe. Seit Mitte 2018 leitet er den Ableger der US-Notenbank Fed in New York, die unter den zwölf regionalen Federal-Reserve-Banken als erste unter Gleichen gilt. Sie ist für die Umsetzung der Geldpolitik sowie die Marktoperationen zuständig und be­aufsichtigt die US-Finanzinstitute. Als Chef der Fed New York ist Williams zudem als einziger regionaler Fed-Präsident ständiges Mitglied und Vizepräsident des Fed-Offenmarktausschusses FOMC, der über die Geldpolitik in den USA entscheidet.

Williams’ Ruf und Renommee gründet sich zum anderen aber auch auf seine wissenschaftliche Arbeit. Insbesondere mit seiner Arbeit über den realen Gleichgewichtszins, den sogenannten „r-star (r*)“, hat er sich einen Namen gemacht. Er habe „eine Leidenschaft für r-star“, hat Williams einmal gesagt. Bei dem Thema hat er auch eng zusammengearbeitet mit dem 2020 verstorbenen deutschen Ökonomen Thomas Laubach, der Professor für Makroökonomik an der Goethe-Universität Frankfurt und Direktor der geldpolitischen Abteilung der Fed war.

Im August 2016 sorgte Williams für Aufsehen, als er, damals noch Präsident der regionalen Fed San Francisco, in einem Papier argumentierte, die aktuellen Strategien der Notenbanken seien nicht mehr zeitgemäß, und auch für höhere Inflationsziele plädierte. Die US-Notenbank änderte später im Jahr 2020 ihre geldpolitische Strategie. Die neue Strategie sieht zumindest eine größere Toleranz für Abweichungen vom Zwei-Prozent-Ziel nach oben vor.

Seine Karriere hatte Williams 1994 als Volkswirt in der Fed-Zentrale in Washington begonnen. Zwischenzeitlich arbeitete er auch als Ökonom für den wirtschaftlichen Beraterstab des Weißen Hauses. 2002 wechselte er zur Fed in San Francisco. In dieser Zeit arbeitete Williams eng zusammen mit Janet Yellen, die damals noch die Fed San Francisco leitete und später Fed-Chefin wurde und aktuell US-Finanzministerin ist. Williams gilt als enger Vertrauter Yellens. Im März 2011 rückte er für Yellen an die Spitze der Fed San Francisco.

Punk- und Rock-Fan

Studiert hat Williams, der in den 1980er Jahren eine Zeit lang als Austauschschüler in Göttingen lebte, in Berkeley, London und Stanford. Heute lebt er mit seiner Frau und den beiden Söhnen in New York City. Williams ist großer Musikfan, mit einer Vorliebe für Punk und Rock. In Reden baut er – wie seine Tennis-Analogie – auch gerne Zitate von Bands und Musikern wie The Clash, Elvis Costello oder Led Zeppelin ein.

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