Geldpolitik

Holzmann tanzt in EZB-Debatte aus der Reihe

Die EZB ist derzeit zufrieden mit dem Inflationstrend im Euroraum. Sorgenvoll blickt der ein oder andere Notenbanker jedoch auf die Entwicklungen im Nahen Osten oder in den USA. Einig sind sich die EZB-Ratsmitglieder aber nicht, welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind.

Holzmann tanzt in EZB-Debatte aus der Reihe

EZB-Rat Holzmann tanzt aus der Reihe

Geldpolitik der Fed beschäftigt weiter die Notenbanker im Euroraum – Auch Naher Osten im Fokus

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist derzeit zufrieden mit dem Inflationstrend im Euroraum. Sorgenvoll blickt der ein oder andere Notenbanker jedoch auf die Entwicklungen im Nahen Osten oder in den USA. Einig sind sich die EZB-Ratsmitglieder aber nicht, welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind.

mpi Frankfurt

Immer mehr deutet darauf hin, dass sich die US-Notenbank mit ihrer Zinswende Zeit lassen wird. Innerhalb der Europäischen Zentralbank (EZB) wird darüber diskutiert, welche Folgen das für die eigene Geldpolitik haben könnte. In der Debatte sticht dabei besonders der österreichische Notenbankpräsident Robert Holzmann hervor.

Zeitweise konnte sich der 75-Jährige nicht vorstellen, dass die EZB vor der Fed die Zinsen senken sollte. Von dieser Position ist er inzwischen zwar abgerückt, doch betonte er auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank abermals, dass er sich nicht damit wohlfühle, wenn die EZB zu stark vorpresche. „Ich fände es schwierig, wenn wir uns zu weit von der Fed entfernen würden“, sagte Holzmann in Washington. „Wenn die Fed die Zinsen in diesem Jahr überhaupt nicht senkt, kann ich mir kaum vorstellen, dass wir sie drei- oder viermal senken.“

EZB blickt Richtung Naher Osten

Gleichzeitig zeigte er sich jedoch optimistisch, dass die Inflation im Euroraum in den kommenden Monaten weit weniger hartnäckig ist als die Teuerung in den USA. Auch wenn die EZB die geopolitischen Spannungen im Nahen Osten und die Auswirkungen auf die Energiepreise genau beobachten müsse. Selbst Holzmann, der als ausgesprochener Falke gilt – also Verfechter einer eher restriktiven Geldpolitik – hält eine Zinssenkung der EZB Anfang Juni für gut möglich.

Während Holzmann nicht zu sehr von der Geldpolitik der Fed abweichen möchte, zeigen sich seine EZB-Ratskollegen da offener. Insbesondere die Tauben – also die Verfechter einer eher lockeren Geldpolitik – werben für mehrere Zinssenkungen der EZB bis zum Jahresende. EZB-Direktor Piero Cipollone liebäugelt mit zwei Zinssenkungen bis Juli, wie er auf einer Veranstaltung des Institute of International Finance in Washington zu Protokoll gab. Einen Strich durch diese Rechnung könnte laut Cipollone jedoch die Entwicklung der Energiepreise durch den Konflikt im Nahen Osten machen. Europa sei sehr abhängig von Energieimporten.

Debatte über Zinstempo

Vergleichsweise entspannt auf die Entwicklung der Energiepreise blickt Klaas Knot, Präsident der niederländischen Notenbank. Er erwarte eher keinen größeren Inflationsschub durch die Lage im Nahen Osten, sagte der Falke am Rande der IWF-Frühjahrstagung. Die EZB müsse die Entwicklungen aber genau im Blick behalten.

Der slowenische Notenbankchef Bostjan Vasle, ebenfalls Falke, erwartet mehrere Zinssenkungen der EZB in diesem Jahr. „Wir sollten viel näher bei 3% sein bis zum Jahresende, wenn alles nach Plan verläuft“, sagte er. Derzeit liegt der für die Finanzmärkte wichtige Einlagensatz bei 4%. Die Taube Mário Centeno, Präsident der Notenbank in Portugal, sprach davon, dass der Einlagensatz auf mindestens 3% sinken werde.

Denn so weit müsse der Zinssatz mindestens fallen, damit die Geldpolitik nicht mehr restriktiv wirke. „Ich kenne niemanden, der sagt, dass der neutrale Zinssatz bei über 3% liegt“, sagte er. Offen ließ er, wie schnell sich die EZB von einer restriktiven Geldpolitik verabschieden solle. „Wir haben Zeit.“ Eine Zinssenkung im Juni sei sehr wahrscheinlich, wie es dann weitergehe, müsse man anhand der Daten entscheiden.

Deutsche Erzeugerpreise sinken

Nichts von der Debatte über das Zinstempo der EZB ab Juli hält Bundesbankpräsident Joachim Nagel. „Die Diskussionen, die über den Juni hinausgehen, halte ich für verfrüht“, sagte Nagel bei einem gemeinsamen Pressetermin mit Bundesfinanzminister Christian Lindner auf der IWF-Frühjahrstagung.

Derweil hat sich der Rückgang bei den deutschen Erzeugerpreisen abermals abgeschwächt. Sie sanken im Jahresvergleich im März nur noch um 2,9%, nach 4,1% im Februar. Dies gab das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag in Wiesbaden bekannt. Dies ist der neunte Rückgang der Erzeugerpreise in Folge, aber der geringste seit Juli 2023. Und weniger, als Ökonomen erwartet hatten, die im Schnitt mit um 3,2% sinkenden Preisen gerechnet haben. Die Erzeugerpreise gelten als frühes Signal für die Entwicklung der Verbraucherpreise.

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