Allbright-Bericht

Familienunternehmen haben bei Diversität noch Nachholbedarf

Bei rund der Hälfte aller deutschen Familienunternehmen steht in den kommenden drei Jahren ein Generationswechsel an. Die Allbright-Stiftung appelliert an die Firmen, in dem Zusammenhang ihre Führungsstrukturen zu modernisieren.

Familienunternehmen haben bei Diversität noch Nachholbedarf

Spitzen von Familienfirmen noch wenig divers

kro Frankfurt

Zehn Männer und keine einzige Frau – so sieht die Geschäftsleitung des Krefelder Heimtierbedarf-Anbieters Fressnapf aus, der im vergangenen Jahr rund 4 Mrd. Euro umgesetzt hat und der zusammen mit seinen Franchisepartnern zuletzt etwa 18.000 Mitarbeitende beschäftigte. Die Gruppe liegt in einem von der deutsch-schwedischen Allbright-Stiftung aufgestellten Ranking auf Platz 1 der umsatzstärksten deutschen Familienunternehmen mit großen, rein männlich besetzten Geschäftsführungsteams. Auf Platz 2 liegt die Schwarz Gruppe, Betreiberin der Handelsketten Lidl und Kaufland, mit neun Männern. Acht Männer und keine Frau finden sich zudem in der Geschäftsführung des Metallverarbeitungstechnik-Anbieters Diehl, der damit auf Platz 3 des Negativ-Rankings landet.

Im Durchschnitt sieht die Situation für Frauen in Deutschlands Familienunternehmenslandschaft zwar nicht ganz so trübe aus. Immerhin ist der Anteil weiblicher Mitglieder in den Geschäftsführungen der 100 größten Firmen in den vergangenen zwei Jahren um gut 4 Prozentpunkte auf 12,6% gestiegen, wie aus dem Bericht der gemeinnützigen Stiftung hervorgeht. Im Vergleich zu den 160 Unternehmen aus dem Dax, MDax und SDax, wo der Frauenanteil in den Führungsetagen zuletzt bei durchschnittlich 19,6% lag, besteht hier allerdings noch Aufholbedarf.

Die Autoren führen den höheren Diversitätsgrad in börsennotierten Unternehmen auf die strengen Transparenzpflichten und den größeren Einfluss familienfremder Akteure zurück. Die „traditionsverhafteten“ privaten Familienunternehmen würden sich bislang hingegen schwertun, mehr Frauen in die Führung zu holen – „sei es im aktiven Management oder in den Kontrollgremien“, erklären die Allbright-Geschäftsführer Wiebke Ankersen und Christian Berg.

Neue Kräfte meist familienfremd

Dass sich nicht genügend weibliche Nachkommen für die operative Führung der Firmen finden, kann dabei kaum als Begründung herhalten. Denn fast alle der 129 im Betrachtungszeitraum neu rekrutierten Geschäftsführungsmitglieder waren angestellte Führungskräfte, während nur fünf Personen aus den Eigentümerfamilien kamen. „Familienunternehmen schöpfen ihr Führungspersonal im Wesentlichen aus demselben Pool wie die Börsenunternehmen“, heißt es im Bericht.

Es tut sich was bei Neubesetzungen

Zugleich hätten die Familienunternehmen im Betrachtungszeitraum fast ebenso viele Gelegenheiten gehabt, Frauen in die Geschäftsführung zu holen, wie Börsenunternehmen. Der Anteil jener Geschäftsführungsmitglieder, die die untersuchten Familienunternehmen verlassen haben, lag demnach bei 26% – bei den börsennotierten Firmen waren es 30%. Die Annahme, dass die Führungsstrukturen bei Familienunternehmen besonders dauerhaft angelegt sind, lasse sich damit zwar nicht bestätigen. Die Firmen hätten ihre Gelegenheiten für Neubesetzungen aber immerhin etwas besser genutzt und den Frauenanteil bei den Rekrutierungen von zuvor 12% auf nun 23% erhöht. Fast jedes vierte neue Führungsmitglied in den Familienunternehmen war also eine Frau.

Mit Blick in die Zukunft werden sich dem Bericht zufolge noch mehr Chancen auftun, die Führungsgremien diverser zu besetzen. Schließlich stehe fast die Hälfte aller Familienunternehmen in Deutschland derzeit vor einem Generationswechsel. „Sie alle wollen (...) die Fähigsten in der Geschäftsführung haben – und das sind natürlich auch Frauen“, sagen Ankersen und Berg. Für die oben genannten Firmen mit großen, rein männlich besetzten Führungsteams dürfte es den Autoren zufolge allerdings „sehr schwer werden, talentierte Managerinnen für ihr Top-Management zu begeistern“.


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