Kapitalmarktunion

Berlin und Paris wollen Verbriefungen beleben

In der Finanzkrise 2008 hat der Ruf von Verbriefungen gelitten. Die Reform der Regulierung 2017 in Europa hat wenig gebracht. Nun stellen sich Berlin und Paris hinter einen neuen Anlauf.

Berlin und Paris wollen Verbriefungen beleben

wf Berlin

Zur Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes in Europa unternehmen Deutschland und Frankreich einen gemeinsamen Vorstoß. „Verbriefungen sind ein essenzielles und derzeit brachliegendes Instrument zur Finanzierung der Realwirtschaft und zum Risikomanagement von Banken“, heißt in einem Schreiben an die EU-Kommission, das der Börsen-Zeitung vorliegt. Um das Potenzial für die Wirtschaft in Europa auszuschöpfen, könnten abgestimmte und gezielte Anpassungen schon schnell umgesetzt werden, heißt es weiter. Auf längere Sicht erlaube dies, den Weg für eine umfassende Überprüfung der Verbriefungsregulierung zu ebnen, schreiben die Finanzressorts beider Länder. Der Vorstoß kommt pünktlich zum Jahrestag des Élysée-Vertrags am 22. Januar, nachdem es auf anderen Gebieten in den zurückliegenden Monaten zwischen Berlin und Paris gründlich geknirscht hatte.

Für eine Reform der Verbriefungsregeln hatte sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bereits im Interview der Börsen-Zeitung zum Jahreswechsel ausgesprochen. „Wir könnten das Finanzierungsvolumen in Europa stärken, indem wir unsere äußerst restriktive Haltung zur Verbriefung überprüfen“, hatte Lindner gesagt (vgl. BZ vom 31.12.2022). Für ihn wäre dies ein Schritt zu einer „echten Kapitalmarktunion“. Die jüngsten Berichte der EU-Kommission und der Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAs – European Supervisory Au­thorities) zum Verbriefungsregelwerk und auch die Fortentwicklung der Eigenkapitalregeln für Banken und Versicherer (CRR und SolvencyII) öffnen nach dem Verständnis von Berlin und Paris ein „window of opportunity“, um den europäischen Verbriefungsmarkt zu verbessern.

Bereits 2015 hatte die EU-Kommission für einen gut funktionierenden Verbriefungsmarkt ein Finanzierungspotenzial von mehr als 100 Mrd. Euro zusätzlicher Bankkredite für private Investoren in Aussicht gestellt. Heute seien Verbriefungen als Instrument umso wichtiger, um die Transformation im Klimawandel zu finanzieren und mehr Mittel für die Realwirtschaft bereitzustellen.

Der Ruf von Verbriefungen hatte in der Finanzkrise von 2008 stark gelitten. Deutschland und Frankreich unterstreichen, dass europäische Verbriefungen nie Teil des Problems gewesen seien, aber der Markt davon stark eingetrübt wurde. Die große Hoffnung einer Wiederbelebung mit der Reform des Regelwerks 2017 habe sich nicht erfüllt.