Corporate Banking

BNP Paribas ist auf Wachstum angewiesen

BNP Paribas setzt im deutschen Corporate und Investment Banking auf einen langen Atem in Kundenbeziehungen und auf eine breite Produktpalette. In den Rennlisten ist für die französische Großbank, die Deutschland als Heimatmarkt definiert, noch Luft nach oben.

BNP Paribas ist auf Wachstum angewiesen

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Für BNP Paribas liegt im deutschen Corporate & Investment Banking der Fokus für Erste weiterhin auf Wachstum: „Unser Wachstum und unsere Expansion in den vergangenen Jahren sind Teil unserer Strategie“, sagt Frank Vogel, im November 2019 nach vielen Jahren bei der Citigroup als CEO CIB Germany zu BNP Paribas gewechselt, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung: „Unsere breite Aufstellung und Produktpalette zeichnen uns aus. Ein sehr diversifiziertes Geschäftsmodell ermöglicht es uns, für unsere Kunden mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen da zu sein, gerade und auch in der Krise. Das verschafft uns Pluspunkte im Wettbewerb mit globalen Großbanken“, erklärt er.

Um im Wettbewerb mit globalen Großbanken bestehen zu können, braucht man freilich Masse und eine gewisse Marktposition. Da ist noch Luft nach oben: In der von Refinitiv erstellten Rennliste für Mid-Market-M&A-Trans­aktionen mit Beteiligung deutscher Firmen hat BNP Paribas 2021 mit einem Marktanteil von 1,6% und 20 Transaktionen Rang 9 hinter J.P. Morgan, Deutscher Bank, Goldman Sachs, Morgan Stanley, Rothschild, KPMG, PwC, Bank of America sowie Citigroup belegt. In der Rangliste für Provisionseinnahmen im Investment Banking rutschte das Haus dabei von Rang 7 auf 10 mit einem Marktanteil von 3,2% ab. In den Kategorien für Einnahmen aus dem Kreditgeschäft und Fremdkapitalemissionen rangierte das Haus dabei auf den Plätzen 10 und 7, im League Table für Aktienemissionen sowie für Fusionen und Übernahmen allgemein war die Bank wiederum nicht unter den Top Ten vertreten.

In den zurückliegenden Jahren hat das Institut bereits ein beschleunigtes Wachstum realisiert, wie Vogel sagt, der sich getreu der Konzernmaxime nicht zu Ertragsentwicklung, Ertragskraft oder auch nur zum Personal in dem von ihm verantworteten Geschäftsbereich äußert.

BNP Paribas präsentiert sich dabei als Haus, das die nötige Geduld für eine langfristige Kundenbeziehung mitbringt. Die Argumentation: Viele internationale Investmentbanken wollen möglichst spät vor einem Börsengang auf den Plan treten, um zuvor nicht teures Eigenkapital in eine Geschäftsbeziehung investieren zu müssen; BNP Paribas dagegen kann dank ihrer umfangreichen Produktpalette demnach anders vorgehen. „Wir denken in Fünf-Jahres-Zyklen“, sagt Vogel: „Wir begleiten unsere Kunden langfristig in ihren Transformationsprozessen. Da kann es vorkommen, dass wir einen Kunden auch einmal fünf Jahre lang zunächst mit Krediten oder anderen Produkten unterstützen, bevor es zu einer Kapitalmarkttransaktion kommt.“ Zudem helfe BNP Paribas eine Wahrnehmung als europäische Bank mit Deutschland als einem Kernmarkt. „Und wir merken, dass sich der Blickwinkel der Kunden gerade in dieser Frage verändert hat“, sagt Vogel: „Lokale Expertise und Marktkenntnis in der Fläche, gleichzeitig aber auch unser internationales Netzwerk sind unsere Stärke. Damit finden wir bei unseren Kunden heute noch mehr Anklang als in der Vergangenheit.“

Auslandsbanken in Deutschland, gerade angelsächsische Häuser, sehen sich seit der Finanzkrise latent dem Verdacht ausgesetzt, sie agierten letztlich opportunistisch und zögen sich zurück, sobald es zu Marktverwerfungen komme. Auch bei US-Häusern attestiert man sich freilich angesichts neuer Unsicherheit im Markt einen strategischen Vorteil. So hatte Lutz Karl, Head Global Corporate Bank Germany, Austria und Switzerland bei J.P. Morgan Chase, dieser Tage von einer Flucht in Qualität von Unternehmenskunden berichtet: Diese suchten Gegenparteien, die auch in zehn Jahren noch da sein würden.

Langmut mit Kunden

Langmut im Umgang mit Kunden passt jedenfalls zur nachhaltigen Personalpolitik, wie sie Vogel vorschwebt – der Manager räumt ein, dass dieser Aspekt im Bankgeschäft mit Großkunden in der Vergangenheit branchenweit eher kleingeschrieben worden ist. In Vorstellungsgesprächen sei zu bemerken, dass Aspekte wie Werte oder der Unternehmenszweck für Kandidatinnen und Kandidaten zunehmend relevant würden, sagt er. Ohnehin ist Nachhaltigkeit ein Feld, in dem BNP Paribas sich zutraut zu punkten. Mit dem für 2025 präsentierten Strategieplan, der den Weg zur Reduktion der durch das Kreditportfolio finanzierten Emissionen auf netto null aufzeigt, ist die Bank seiner Einschätzung zufolge in der Branche ganz vorn dabei. Was die Erhebung der erforderlichen Kundendaten bei Schuldnern angeht, dürfte es das Haus, das sich vor allem um Großkunden und Mittelständler kümmert, in jedem Fall leichter haben als etwa Institute aus den beiden Finanzverbünden, die großteils mit Handwerkern und anderen Kleinbetrieben zu tun haben. Dax-Konzerne seien schon recht gut strukturiert, sagt Vogel. Geht es um sogenannte Scope-2- oder Scope-3-Emissionen, die über direkte Emissionen hinaus den indirekten Ausstoß etwa aus eingekaufter Energie sowie alle sonstigen Emissionen zum Beispiel infolge der Herstellung und des Transports eingekaufter Güter oder der Entsorgung von Abfällen umfassen, wird allerdings auch dort die Datenlage mitunter rasch recht dünn. Aufgabe von BNP Paribas sei es, ihre Kunden auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu begleiten, erklärt er. Dabei sei die Bank kompromissbereit, was die Umsetzung von ESG-Zielen angehe, nicht jedoch mit Blick auf die Ziele selbst. Bislang hat die Bank noch keinen Kunden vor die Türe gesetzt, weil der den entsprechenden Anforderungen nicht nachkommt, wie er berichtet. Vogel erklärt dies nicht zuletzt mit einer Selektion durch die Bank, die schon seit Jahren auf den ESG-Charakter ihrer Kreditkunden achte.

Klimaaktivisten wettern regelmäßig gegen die Kreditvergabe von Großbanken und brandmarken Ausreichungen an große Emittenten von Kohlendioxid. In ihrem jüngsten Finanzstabilitätsbericht hatte die Europäische Zentralbank erst in der vergangenen Woche festgestellt, die Exposures der Großbanken Eurolands gegenüber Übergangs- und physischen Klimarisiken sowie ihre Risikokennzahlen zeigten „kein klares Anzeichen“ einer signifikanten Risikoreduktion.

Mit Blick auf die Folgen des Krieges in der Ukraine stellt Vogel zum Geschäft fest: „Wir sehen natürlich, dass die Kapitalmarktaktivitäten deutlich nachgelassen haben, vor allem im Aktiengeschäft, aber auch bei den Bonds.“

Es sei nachvollziehbar, dass die Akteure auf der Bremse stünden, um abzuwarten, wie sich der Markt entwickeln wird. Was Fusionen und Übernahmen angehe, führe die Bank derzeit sehr spannende Debatten mit Kunden. Noch sei allerdings nicht zu erwarten, dass diese Gespräche bereits in eine M&A-Agenda mündeten. Die derzeit zu beobachtenden Aktivitäten gingen vor allem schon auf länger vorbereitete Transaktionen zurück, die bereits ein Stadium erreicht hätten, in denen die Akteure sie durchziehen müssten, oder auf Sondersituationen. Im dritten Quartal sei dieses Bild vielleicht zu revidieren. Er könne  sich eine Normalisierung des Marktes im zweiten Halbjahr vorstellen. Einem ersten größeren Börsengang käme vor diesem Hintergrund gewiss Signalwirkung zu, sagt er.

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