Immobilien-Investments

BNP Paribas rechnet mit Erholung nach Urlaubszeit

Die Nachfrage auf dem deutschen Immobilienmarkt wird nach den Sommerferien wieder anziehen, wie Claus Thomas, Deutschlandchef von BNP Paribas Real Estate Investment, sagt. Die Preishöchststände der Jahreswende gehören demnach aber der Vergangenheit an.

BNP Paribas rechnet mit Erholung nach Urlaubszeit

Von Thomas List, Frankfurt

Nach den Sommerferien wird es am deutschen Immobilien-Investmentmarkt wieder mehr Transaktionen geben, wenn auch nicht mehr zu den Preisen von Ende 2021. „Aktuell halten sich die Investoren noch zurück“, sagt Claus Thomas, CEO von BNP Paribas Real Estate Investment Management (BNPP REIM) in Deutschland. Zur Jahresmitte sei die vorherrschende Haltung gewesen: „Wir gehen erstmal in Urlaub. Wenn wir zurückkommen, sehen wir, wie die Welt dann aussieht.“ Im zweiten Quartal sei wenig gelaufen, nun zeichne sich eine Änderung ab. „Im Moment steigt das Stimmungsbarometer wieder.“ Der Markt habe sich schon seit längerem vom Verkäufer- zum Käufermarkt gedreht. „Man trifft sich wieder mehr auf Augenhöhe, wenn man um ein vernünftiges Objekt verhandelt.“ Nachverhandlungen seien möglich, wenn zum Beispiel Instandhaltungskosten vom Kaufpreis abgezogen werden.

Büros weiter gefragt

Thomas, der für BNPP REIM Germany 15 Fonds mit über 8 Mrd. Euro Volumen verantwortet, zeigt sich von Büros als Assetklasse nach wie vor überzeugt. Dabei spielen Objekt- und Standortqualität in Verbindung mit ESG eine zentrale Rolle. „Objekte am richtigen Standort mit guten ESG-Merkmalen lassen sich sehr gut verkaufen und auch finanzieren.“ Auch vor dem Hintergrund von mehr Homeoffice, Stichwort New Work, seien Büros nach wie vor gefragt. „Unseren wenigen Leerstand konnten wir gut vermieten an bonitätsstarke Mieter, die Wert legen auf die Umsetzung flexibler Arbeitskonzepte und ESG-Aspekte.“ Bei solchen Objekten gebe es an Top-Standorten wie München, Frankfurt und Berlin nach wie vor kein Überangebot. „Für diese Mieter ist die Miethöhe letzten Endes nicht entscheidend, sondern: Wie bekomme ich die Mitarbeiter ins Büro?“ Da gehe es um Meetingmöglichkeiten, eine gut ausgestattete Kaffeeküche, Lounges, wo Mitarbeiter sich treffen, austauschen und zusammenarbeiten können.

Zu den Gefahren einer hohen Inflation verwies Thomas auf die weit verbreiteten indexierten Mietverträge. „Die Investoren finden, dass Inflation über kurz oder lang in der Mietentwicklung sichtbar sein sollte.“ Die Mieter seien in der Regel so bonitätsstark, dass sie auch deutlich steigende Mieten bezahlen könnten. Interessant werde es aber dann, wenn ein indexierter Mietvertrag ausläuft. „Die Frage ist ja dann: Bekomme ich am Markt die auch durch die Indexierung angestiegene Miete, weil der Marktpreis ebenfalls gestiegen ist?“ Für die guten Lagen ist der Manager zuversichtlich. „Da glauben wir an den Gleichklang.“ Bei älteren Mietverträgen, die aus heutiger Sicht unter Markt vermietet sind, gibt es bei der Neuvermietung Luft nach oben. Die Indexverträge nahmen den Aufschwung der vergangenen Jahre immerhin teilweise mit.

Zukunftsthema Gesundheit

Große Erwartungen hegt Thomas beim Thema Health Care. „Der Bedarf wird aufgrund des Megatrends Überalterung stark steigen. Deshalb entwickeln sich Gesundheitseinrichtungen von der Nische zum Mainstream.“ Hotels waren wegen der Pandemie zwischenzeitlich nicht mehr gefragt, haben sich aber überraschend schnell erholt. „Die wenigen Hotels in unseren Fonds erzielen seit einigen Monaten bei sehr hoher Auslastung sehr gute Zimmerpreise.“

In der Logistik sind die Preise in den vergangenen drei bis vier Jahren sehr stark gestiegen. „Die Spitze ist erreicht.“ Auch hier gelte: Bei guten Objekten sind die Preise nicht mehr so hoch wie zu Jahresanfang oder vor einem Jahr. „Gegenüber Büros haben Logistikobjekte keinen Abschlag mehr. In guter Lage mit guter Verkehrsanbindung sind sie genauso Core wie gut gelegene Büros.“ Bei Logistik spiele ESG eine immer größere Rolle. „Themen wie Flächenversiegelung und Lärmbelästigung der Anwohner machen es immer schwerer, neue Logistikflächen auszuweisen. Daher kommen auch immer weniger Logistikflächen auf den Markt.“ Daraus folge, dass ein guter Logistikbestand sehr werthaltig sei.

Wende im Einzelhandel

Im Einzelhandel sieht Thomas den Tiefpunkt durchschritten. „Was nicht mehr funktioniert, ist spätestens seit Corona weg. Die aktuellen Konzepte sind interessant und funktionieren.“ Die guten Marken wollten in zentralen Innenstadtlagen mit Showrooms präsent sein. „Einkaufen soll zum Erlebnis werden. Da steht die Quadratmetermiete dann nicht so im Fokus.“

Auch das Wohnsegment wird für den Immobilieninvestor immer interessanter. Zum Jahresbeginn 2022 betrug das verwaltete Wohnvermögen bereits 2,2 Mrd. Euro, hauptsächlich in Form von Mandaten und breit diversifizierten Fonds. „Wir bauen unsere Portfolio-Allokation hier seit Jahren strategisch aus, unsere Anleger schätzen die Resilienz der Assetklasse Wohnen.“ Ungeachtet des jüngsten Zinsanstiegs sieht der Manager Chancen. „ Der Nachfrageüberhang gerade in Ballungsräumen sorgt für stabile Preis- und Mietper­spektiven.“ Die Fondsgesellschaft könne die Objekte entlang sozialer und ökologischer Ziele entwickeln. Thomas setzt auf klassische Mietwohnungen, aber auch auf Nischen wie studentisches oder gefördertes Wohnen sowie Wohnen im Alter.

Grüne Mietverträge

Beim Thema ESG setzt Thomas auf grüne Mietverträge, sogenannte Green Leases. Früher hätten Mieter diese eher ungern abgeschlossen, weil sie zusätzlichen Aufwand fürchteten. „Heute denken sich die Mieter: Mein Vermieter kümmert sich um so was. Ich bin dabei, weil ich als Unternehmen selbst den Anspruch habe, klimaneutral zu werden.“ Zentral sei aber eine gute Datengrundlage. „Wir stellen konsequent auf Smartmeter um, damit wir die Verbräuche für das gesamte Haus feststellen und Entwicklungen erkennen können.“ Dann zeige sich, ob die Maßnahmen in der Haustechnik auch bei den Mietern ankommen. Wo es nicht klappt, könne die Gesellschaft Unterstützung anbieten. Den Mietern seien Umweltaspekte zusehends wichtig. „Die richtig guten Mieter, zum Beispiel aus dem Dax 30, wollen oft nur in Flächen gehen, die bestimmte Qualitätsmerkmale aufweisen, weil nur das den eigenen Grundsätzen entspricht. Andere Flächen nehmen die gar nicht, auch nicht gegen Preisnachlass.“ Bei solchen Gebäuden erwartet Thomas mangels ausreichenden Angebots auch weiterhin Mietsteigerungen.

Kriterien rund um Nachhaltigkeit lassen sich auch in Logistikgebäuden umsetzen. Das fängt bei LEDs und Wärmerückgewinnung an und geht über die Verkehrsführung und Ladestationen für E-Fahrzeuge weiter. Immer wichtiger werde auch der soziale Aspekt. „Früher war das Büro in einer Logistikhalle häufig eher eine Abstellkammer. Heute können sie sich mit schicken Büroflächen in der Innenstadt messen. Denn auch Lagerarbeiter sind inzwischen Mangelware und wollen umworben werden.“ In manchen Logistikobjekten befinden sich auch die Marketing­abteilung und Schulungsräume. „Manchem Mieter sind ein niedriger Energieverbrauch und Wellbeing für Mitarbeiter und Kunden sehr wichtig“, sagt Thomas.

Zinsanstieg verkraftbar

Der kräftige Zinsanstieg von unter 1% auf um die 3% ist für Investoren mit hohem Fremdfinanzierungsanteil ein Thema. Letztlich kommt es aber darauf an, ob ein Objekt Wertsteigerungspotenzial hat, zum Beispiel durch Revitalisierung nach Auszug des alten Mieters. „Wir sind aber überwiegend ein Core-Investor. Der Fremdkapitalanteil in unseren Fonds dürfte insgesamt unter 30% liegen. Im Bestand spielen die höheren Zinsen aufgrund langfristiger Zinsbindung unserer Kredite keine Rolle. Kleinere Finanzierungen kann man auch mit Eigenkapital ablösen.“

Im Vergleich zu anderen Assetklassen wie Festverzinslichen sieht Thomas Immobilien trotz Zinsanstieg weiterhin gut positioniert. Der Renditeabstand zur Bundesanleihe ist zwar deutlich geringer geworden, aber immer noch vorhanden. „Die Immobilie als Assetklasse kann immer noch gut mithalten, weil bei ihr neben der guten laufenden Verzinsung ein Inflationsausgleich über lange Zeit zu erwarten ist.“

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