Beschäftigung

Brexit-Effekt verliert Wirkung auf Frankfurt

Die Restrukturierungsprogramme der Großbanken werfen ihre Schatten auf den Frankfurter Arbeitsmarkt. Die Effekte aus Einsparungen und Digitalisierung sind deutlich stärker als Zugewinne durch den Brexit.

Brexit-Effekt verliert Wirkung auf Frankfurt

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Nicht ganz unerwartet zeichnet sich am Finanzplatz Frankfurt eine Trendwende ab: Sorgte die brexitbedingte Verlagerung von Geschäftsbereichen der Auslandsbanken lange entgegen dem deutschlandweiten Trend für einen Stellenaufbau, lassen die Restrukturierungsprogramme der deutschen Häuser nun auch in der Mainmetropole die Zahl der Stellen sinken. Diese bereits im vergangenen Sommer prognostizierte Entwicklung (BZ vom 22.8.2020) bekräftigt die Helaba in ihrer jüngsten Studie zum Finanzplatz Frankfurt.

„Der positive Beschäftigungseffekt durch den Brexit dürfte nicht ausreichen, um die Konsolidierung zu kompensieren, die sich durch die Coronakrise noch verstärkt“, erläuterte Studienautorin Ulrike Bischoff am Montag. Bis Ende 2023 werden demnach mit rund 62200 Mitarbeitern 5 % oder 3300 weniger beschäftigt sein als im Herbst 2020. Bis dahin hatte es in Frankfurt einen leichten Stellenaufbau gegeben. Somit lag die Frankfurter Bankbeschäftigung zuletzt mit rund 65500 um 7% über dem Stand von Anfang 2014.

EZB bleibt unberücksichtigt

Die Helaba zählt nur die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Frankfurter Bankensektors inklusive Börse. Damit ist dieses Aggregat kleiner als jenes der gesamten Finanzindustrie (zuletzt knapp 79000). Auch die Beschäftigten der Europäischen Zentralbank (Ende 2020: 3900 Mitarbeiter) sind darin nicht enthalten, da diese nicht national steuer- und sozialversicherungspflichtig sind. Bundesweit sank der Berechnung der Helaba zufolge die Beschäftigtenzahl von Ende 2008 bis Herbst 2020 um 11% auf knapp 632000 Bankmitarbeiter, weil immer mehr Zweigstellen geschlossen wurden. Ende 2020 gab es hierzulande 24100 Zweigstellen – beinahe 60% weniger als im Jahr 2000.

Trotz der Sondersituation durch die Pandemie kam es in der Main-Metropole 2020 unter dem Strich bis zum Herbst zu einem Anstieg um rund 800 Bankbeschäftigte, obwohl mehrere Institute Sparprogramme angekündigt hatten. Zur Begründung heißt es in der Studie, dass aufgrund von Corona einige Londoner Institute ihren Geschäftsverlagerungsprozess zeitlich etwas gestreckt hätten, während die Konsolidierung in den deutschen Banken im Lockdown 2020 temporär auf Eis gelegt wurde. Commerzbank und Deutsche Bank sowie viele andere Häuser bauen inzwischen aber in großem Stil Stellen ab.

Frankfurt macht nun weit mehr als 10 % an der deutschen Bankbeschäftigung aus, was vorwiegend auf den innerdeutschen Konzentrationsprozess im Bankwesen zurückzuführen ist, wie es in der Studie heißt. Durch den Brexit kommen den Prognose zufolge dieses und nächstes Jahr rund 1500 neue Jobs in Frankfurt hinzu. Seit dem Brexit sind bereits rund 2000 entstanden. Auch andere europäische Städte aber wie Paris, Amsterdam oder Dublin profitieren von der Umsiedlung von Finanzgeschäften von London in die EU. Finanzstaatssekretär Jörg Kukies sagte am Montag bei der Bankenkonferenz „Euro Finance Summit“ (siehe weitere Berichte auf dieser Seite), 54 Banken mit einem Bilanzvolumen von etwa 650 Mrd. Euro hätten sich für Frankfurt als Standort ent­schieden.

Der Verlagerungsprozess verläuft aber schleppend. Grund seien noch nicht geklärte Punkte bei der Regulierung von Finanzdienstleistungen, erklärte die Helaba, insbesondere bei Clearing und Settlement. Dies sei ein ähnlich zäher Prozess wie der Brexit an sich. Dementsprechend bliebe abzuwarten, wie sich die europäische Finanzplatz-Architektur mittel- bis langfristig ausgestalte. Die Helaba spricht sich mit Blick auf den Standort Frankfurt bei der Weiterentwicklung im internationalen Wettbewerb für eine „selbstbewusste, konzertierte Vermarktung und das Vorantreiben zentraler Trends in der Finanzbranche – allem voran Sustainable Finance“ aus.