Elektronische Wertpapiere

Bundestag bereitet Kryptofonds den Weg

Der Bundestag hat das Gesetz über elektronische Wertpapiere verabschiedet. Dadurch sind nun Emissionen von Schuldverschreibungen über die Blockchain möglich – und Kryptofonds sollen bald folgen.

Bundestag bereitet Kryptofonds den Weg

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Der Bundestag hat am Donnerstag das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWPG) verabschiedet. Künftig dürfen In­haberschuldverschreibungen somit elektronisch und auf Blockchain-Basis, also ohne die bisher vorgeschriebene Beurkundung in Papierform, begeben werden. Die elektronischen Wertpapiere sollen in einem zentralen Register erfasst werden, über die Blockchain emittierte Anleihen in einem dezentralen Verzeichnis.

Wie dies funktionieren kann, zeigte die Europäische Investitionsbank Ende April, als sie den ersten digitalen Bond auf einer öffentlichen Blockchain begab. Sie gab die zweijährige Anleihe über 100 Mill. Euro in Form einer Reihe von Token auf die Ethereum-Blockchain aus, die Investoren mit Fiatgeld bezahlten.

Zudem ist auf der Zielgeraden noch ein Passus im deutschen Gesetz über elektronische Wertpapiere hinzugekommen: eine Verordnungsermächtigung für das Bundesfinanzministerium, durch die bald auch die Einführung von über die Blockchain emittierten Kryptofondsanteilen möglich werden soll. „Es herrscht ein klarer politischer Wille zu einer entsprechenden Verordnung. Diese dürfte innerhalb der kommenden sechs Monate auf den Weg gebracht werden“, sagt Frank Dornseifer, Geschäftsführer des Bundesverbands Alternative Investments (BAI). Der Bund habe mit dem eWPG eine wichtige Weiche für die Digitalisierung des Finanzplatzes Deutschland gestellt. Ein rechtlicher Rahmen sei notwendig, damit innovative Technologien wie die Blockchain in der Bundesrepublik Fuß fassen könnten.

„Andere Staaten, insbesondere Liechtenstein und die Schweiz, haben sich aufgrund der bisherigen regulatorischen Situation bereits einen Standortvorteil erarbeitet“, führt Dornseifer aus. Für den Bund stehe hingegen noch viel Arbeit bevor, da anstehende EU-Regulierungen wie die Kryptoasset-Verordnung Mica oder das DLT-Pilot-Regime künftig noch Anpassungen am eWPG und anderen Kapitalmarktgesetzen notwendig machen würden.

Barriere für Blockchain-Aktien

„Wenn die Technologie sich bewährt, sollte der Gesetzgeber in der nächsten Legislaturperiode mit einer grundlegenden Reform des Depotgesetzes die Modernisierung des Wertpapierrechts fortführen“, sagt Karl-Peter Schackmann-Fallis, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Zudem fordern der Bundesverband deutscher Banken (BdB) und die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) eine Ausweitung der Gesetzgebung auf zusätzliche Wertpapiergattungen. „Emissionen von Aktien und GmbH-Anteilen über die Blockchain würden eine wichtige Innovation bedeuten, rechtlich sind dafür aber noch viele Barrieren zu überwinden“, sagt BAI-Geschäftsführer Dornseifer. Schließlich sei das deutsche Aktien- und Gesellschaftsrecht formalistisch geprägt, beim Anlegerschutz seien in Bezug auf Blockchain-Aktien Bedenken des Gesetzgebers auszuräumen.

Allerdings kommt das Gesetz über elektronische Wertpapiere gemessen an der ambitionierten Blockchain-Strategie, die der Bund vor knapp zwei Jahren veröffentlicht hatte, ohnehin schon spät. Ursprünglich hatte die große Koalition damals angekündigt, noch 2019 einen Gesetzesentwurf für Anleihen auf Distributed-Ledger-Basis vorlegen und bis Ende 2020 auch elektronische Aktien und Fondsanteile prüfen zu wollen.

Ungeachtet der Verzögerung sind im Wertpapierhandel nun bedeutende Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen möglich. „Beim Erwerb von Fondsanteilen sind bislang sehr viele verschiedene Finanzintermediäre wie Depotbanken und Ab­wickler beteiligt, die durch den Einsatz von öffentlichen Blockchains künftig überflüssig werden könnten, wenn sie ihr Geschäftsmodell nicht radikal anpassen“, sagt Sven Hildebrandt, CEO der Beratung DLC Distributed Ledger Consulting. Durch die Begebung eines Kryptofondsanteils könnten seiner Rechnung nach 65% der Kosten wegfallen.

Im regulatorischen Kontext seien allerdings noch Fragen offen. „Die BaFin hat zum Beispiel noch keine Vorgaben darüber gemacht, was geschieht, wenn ein für Blockchain-Emissionen genutzter Smart Contract Fehler enthält und der abgebildete Fondsanteil dadurch verloren geht“, sagt Hildebrandt. Außerdem gebe es in Deutschland noch keinen funktionierenden und regulierten Sekundärmarkt für Blockchain-Wertpapiere. Die Börse Stuttgart habe schon seit längerer Zeit an einem solchen Marktplatz gearbeitet, der letzte Durchbruch sei aber noch nicht gelungen. Nun ruhe die Hoffnung auf der Deutschen Börse, die bereits die Entwicklung eines Sekundärmarkts angekündigt habe.