Bruch mit Hauptgesellschafter Elgeti

Creditshelf schlüpft unter Schutzschirm

Seit vielen Monaten steckt der Mittelstandsfinanzierer Creditshelf in einer Hängepartie, weil Zahlungen des Hauptgesellschafters ausbleiben. Nun erklärt Creditshelf Verhandlungen für gescheitert und schlüpft unter einen Schutzschirm, den das Insolvenzrecht bietet.

Creditshelf schlüpft unter Schutzschirm

Creditshelf schlüpft unter Schutzschirm

Drei Monate Zeit, um Investoren zu finden – Verhandlungen mit Hauptgesellschafter Elgeti über Finanzierung gescheitert

fir Frankfurt

Seit vielen Monaten steckt der Mittelstandsfinanzierer Creditshelf in einer Hängepartie, weil Zahlungen des Hauptgesellschafters ausbleiben. Nun erklärt Creditshelf Verhandlungen für gescheitert und schlüpft unter einen Schutzschirm, den das Insolvenzrecht bietet. Drei Monate verbleiben, um neue Investoren zu finden.

Ausbleibende Zahlungen der Hauptgesellschafterin Obotritia Capital, hinter der Investor Rolf Elgeti steht, haben den digitalen Mittelstandsfinanzierer Creditshelf in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht. Das börsennotierte Frankfurter Fintech werde in Kürze ein Schutzschirmverfahren beantragen, wie es am späten Donnerstagabend ad hoc mitteilte.

Das Insolvenzrecht sieht solche Prozesse für Unternehmen vor, denen möglicherweise die Zahlungsunfähigkeit droht, diese aber noch nicht eingetreten ist. Ein sogenannter Sachverwalter steht dabei dem Vorstand, bestehend aus den Gründern Tim Thabe (CEO) und Daniel Bartsch (CFO), beratend zur Seite, die weiterhin die Geschäfte führen. Der operative Betrieb laufe unverändert weiter, heißt es vom Unternehmen.

Verhandlungen laufen

Creditshelf hat mit Beginn des Schutzschirmverfahrens drei Monate Zeit, um Schlimmeres zu verhindern und eine Lösung zu finden. Die Gesellschaft strebt eine strategische Neuaufstellung und "eine Zukunft mit neuer Gesellschafterstruktur" an, wie es heißt. Sie befinde sich in fortgeschrittenen Verhandlungen mit Investoren.

Das Fintech bringt über seine digitale Plattform institutionelle Kreditgeber und mittelständische Kreditnehmer zusammen, wählt geeignete Kreditprojekte aus, prüft die Kreditwürdigkeit und übernimmt das Pricing. Dafür entrichten beide Seiten Gebühren.

Ersatz für 46-Prozent-Beteiligung

Nun geht es darum, den Hauptinvestor Elgeti, der mit insgesamt 46,28% an Creditshelf beteiligt ist, zu ersetzen. Davon halten seine Beteiligungsgesellschaften Obotritia Capital 9,09% und Hevella Capital 37,19%. Elgeti war zunächst Aufsichtsratsvorsitzender von Creditshelf und dann einfaches Mitglied des Kontrollgremiums. Vor wenigen Wochen legte er schließlich sein Mandat mit sofortiger Wirkung nieder, "aus persönlichen Gründen", wie es hieß.

Vorstandschef Thabe ist mit 17,14%, Finanzvorstand Bartsch mit 15,66% an Creditshelf beteiligt, der Rest ist Streubesitz. Creditshelf ist seit seit 2018 im Prime Standard an der Frankfurter Börse notiert. Der Kurs rauschte am Freitag um mehr als 90% in den Keller bis auf 0,22 Euro, erholte sich aber im Tagesverlauf wieder etwas und kletterte über die Marke von 1 Euro.

Engpass beim Funding

An Nachfrage nach Krediten mangelt es dem Vernehmen nach jedenfalls nicht. Der Engpass war bislang beim Funding zu verorten. Nachdem der Refinanzierungspartner Amsterdam Trade Bank im April 2022 insolvent geworden war, suchte Creditshelf nach neuen Geldquellen. Die zur Alfa Bank des russischen Oligarchen Michail Fridman gehörende Amsterdam Trade Bank war an Sanktionen der USA und Großbritanniens als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gescheitert.

Fündig wurde Creditshelf im November 2022 bei Goldman Sachs, die 100 Mill. Euro in Aussicht stellte. Allerdings nur unter der Bedingung, dass Elgetis Obotritia Capital bereits zugesagte 40 Mill. Euro beisteuert. Seitdem zog sich die verfahrene Situation hin, denn die Elgeti-Finanzierung blieb aus.

Am Donnerstag schließlich gab der Creditshelf-Vorstand bekannt, "nach ergebnislosen Verhandlungen" mit der Hauptgesellschafterin Obotritia Capital zu der Feststellung gelangt zu sein, "dass diese ihre vertraglichen Verpflichtungen nach Ablauf einer Frist gegenüber Creditshelf und deren wesentlichen Finanzierungsvehikeln nicht nachkommen wird".

Zahlungen ausgeblieben

Dabei gehe es zum einen um ausgebliebene Zahlungen einer zugesagten Darlehenstranche aus dem Gesellschafterdarlehensrahmenvertrag und zum anderen um eine ebenfalls von Obotritia an das Finanzierungsvehikel Silver Bullet Funding zugesicherte Junior-Tranche.

Bei Letzterer handelt es sich um eine Zweckgesellschaft zur Refinanzierung der von Creditshelf ausgereichten Kredite, in die auch die ursprünglich von Obotritia avisierten 40 Mill. Euro hätten einfließen sollen. Von dem insgesamt 8 Mill. Euro umfassenden Gesellschafterdarlehen hatte Creditshelf per 30. September nach eigenen Angaben 4,3 Mill. Euro gezogen.

Leere Patronatserklärung

Angesichts der ausbleibenden Zahlungen erachtet Creditshelf die Werthaltigkeit der von Obotritia ihr gegenüber abgegebenen Patronatserklärung als gering und wesentliche Grundlagen von Creditshelfs Fortführungsprognose als nicht mehr erfüllt. Deshalb nimmt das Unternehmen Abschreibungen auf das Anlagevermögen vor, im Wesentlichen die IT-Plattform. Die Prognose des operativen Gewinns (Ebit) 2023 liege nicht mehr bei −2 Mill. bis −3 Mill. Euro, sondern zwischen −5,5 Mill. und −6,5 Mill. Euro. Vorläufigen Zahlen zufolge betrage der Umsatz etwa 4,3 Mill. Euro.

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