Private Debt

Das Kind der Finanzkrise ist erwachsen geworden

Die Finanzierung von Unternehmen, Immobilien oder Infrastruktur ist eigentlich die Domäne der Banken. Seit der Finanzkrise tummeln sich aber beispielsweise auch Versicherer in dem Sektor.

Das Kind der Finanzkrise ist erwachsen geworden

mic München

Private Debt in Europa ist ein Kind der Finanzkrise. Zwar stellen beispielsweise Versicherer auch in Deutschland schon seit langem bilateral Kredite bereit, ohne den Kapitalmarkt einzuschalten. So vergibt die Allianz seit dem Jahr 1928 Baufinanzierungen. Aber Nichtbanken haben ihr Engagement mit nicht börsengehandelten Darlehen erst großflächig aufgezogen, als die Kreditinstitute sich aus einigen Segmenten zurückzogen – und als die Regulierung die Assekuranz zu laufzeitengerechten Anlagen zwang.

Die Finanzierung von Infrastruktur, Immobilien oder einzelnen Unternehmen ist mittlerweile zum Multi-Milliarden-Markt geworden. Ende vergangenen Jahres addierte sich das Private-Debt-Portfolio der Allianz bereits auf rund 120 Mrd. Euro.

Der Münchner Versicherer hat im Jahr 2007 mit ersten Private-Debt-Investments jenseits der Baufinanzierung begonnen. Nach der Finanzkrise folgte der breite Einstieg in das Segment. So wurde die Infrastrukturfinanzierung im Jahr 2012 gestartet, sie steht mittlerweile für mehr als 20 Mrd. Euro. „Wir sind sehr gut gefahren, weil wir in vielen Segmenten ein Vorreiter waren und so eine gute Marktposition erarbeiten konnten“, erinnert sich Private-Debt-Chef Sebastian Schroff.

Zwei strategische Überlegungen motivierten die Allianz zum Markteinstieg. Die stabile Verbindlichkeitsstruktur ermöglichte, mehr illiquide Anlagen als bisher zu tätigen. „Wir können also längere Laufzeiten abdecken“, sagt Schroff. Zweitens könne die Allianz als einer der größten globalen Kapitalanleger mit der Komplexität der privaten Märkte besser als kleinere Investoren umgehen, so der Global Head of Private Debt der Allianz: „Wir verdienen so Komplexitätsprämien.“

Überrenditen im Blick

Die zusätzliche Rendite kann sich sehen lassen. „Wir erzielen über alle Anlageklassen hinweg Überrenditen von 30 bis 250 Basispunkten“, erläutert Schroff. Im Schnitt des gesamten Portfolios liege die Rendite rund einen Prozentpunkt über vergleichbaren handelbaren Anlagen.

Noch wichtiger ist Schroff zufolge die bessere Verlustabsicherung als bei börsengehandelten Produkten – wenn man als Kreditgeber darauf achte, die Verträge bilateral zu strukturieren: „Wir bauen Kreditabsicherungsklauseln ein, so dass wir bei kritischen Schieflagen früher einschreiten können als ein Konsortium.“ Die Folge: Die Wertaufholung sei höher als bei börsengehandelten Kreditportfolien.

Schroff kann dies mit Zahlen belegen. In der Infrastrukturfinanzierung habe es zwar Restrukturierungen, aber keine Ausfälle gegeben. Bezogen auf die Private-Debt-Fonds im High-Yield-Bereich seien seit dem Start der Private-Debt-Aktivitäten 1,4 Promille der ausgereichten Mittel ausgefallen. Diese annualisierte Verlustquote von 14 Basispunkten liege viel niedriger als im börsengehandelten High-Yield-Markt (200 bis 250 Basispunkte) oder im Segment für Leveraged Loans (100 bis 150 Basispunkte). Ein Vergleich mit anderen Private-Debt-Adressen sei schwieriger, aber auch dort schneide die Allianz historisch sehr gut ab.

Ein Erfolgsfaktor aus Sicht von Schroff: Die Allianz sei konservativ unterwegs. „Der allergrößte Teil des Private-Debt-Portfolios ist im Investment-Grade-Bereich angesiedelt“, erklärt er. Außerdem investiere die Allianz seltener in zyklische Unternehmen. Stattdessen stünden der Gesundheitssektor, Software-Unternehmen oder Service-Spezialisten oben auf der Prioritäten-Liste: „Das hat uns geholfen, relativ stabil durch Krisen zu gehen.“ Die sehr positiven Marktphasen seit der Finanzkrise hätten der Allianz allerdings geholfen, die Verlustquoten niedrig zu halten. Dies werde voraussichtlich in der Zukunft schwieriger werden (siehe oben stehender Artikel auf dieser Seite).

Die Private-Debt-Märkte seien sicherlich nicht fundamental unterbewertet, sagt Schroff. Die Allianz habe daher darauf regiert, dass etwa die Renditen bei Infrastrukturfinanzierungen in Deutschland und Frankreich mittlerweile gesunken seien. Sie engagiere sich stattdessen beispielsweise stärker in Lateinamerika, teils auch gemeinsam mit Entwicklungsbanken: „Dieses Marktsegment können andere Anleger nicht so gut erschließen, weil die Komplexität sehr hoch ist.“

Langfristiger Horizont

Attraktiv sind aus Sicht von Schroff auch die Vereinigten Staaten. Zwar sei der Wettbewerb dort ähnlich ausgeprägt wie in Europa, doch biete der stark entwickelte Markt einen höheren Spezialisierungsgrad. So sei die Allianz Partnerschaften mit Fonds eingegangen, die sich auf die Kreditvergabe im Gesundheitssektor konzentrieren.

Komplexitätsprämien können Schroff zufolge nur erwirtschaftet werden, wenn der Investor einen langfristigen Zeithorizont hat. Die Kapitalanlage müsse daher so strukturiert sein, dass man nie die Liquidität benötige, auch wenn ein Investment einmal wegen eines Stressfaktors länger gehalten werden müsse als ursprünglich geplant.